MARKT UND MANAGEMENT
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6|2019
Bilanz- und Steuerwissen –
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des GdW
Kooperatives Bauen – steuerliche Einordnung gemeinschaft-
licher Planungs-, Erschließungs- oder Bauherrentätigkeit
Im Rahmen des derzeitigen Wohnungsneubaus werden größere Projektentwicklungsflächen häufig
von mehreren Käufern erworben, geplant, entwickelt und neu bebaut. Dazu erwerben zwei oder mehr
Unternehmen (Kapitalgesellschaften, Genossenschaften) ein oder mehrere Grundstücke. Jedes
Unternehmen erwirbt dabei i. d. R. zivilrechtlich unmittelbar einzelne Flurstücke oder Bruchteils-
eigentum an größeren Flurstücken. Sehr selten werden Grundstücke von vornherein im Alleineigentum
einer Gesellschaft erworben. Welche Faktoren eine Rolle spielen, schildert dieser Beitrag.
Auf den Erwerb folgt die gemeinschaftliche Pla-
nung, Erschließung und ggf. sogar die gemein-
schaftliche Bebauung. Häufig endet die Gemein-
schaft schon mit der gemeinsamen Erschließung,
da die Grundstücke (ggf. nach einer Flurbereini-
gung) anschließend durch jeden Partner für sich
vermarktet werden. Auch wenn die Vermarktung
der Flächen amEnde jeder Grundstückseigentümer
selber unternimmt, werden die vorgeschalteten
Maßnahmen (z. B. Planung, Abrissarbeiten, Altlas-
tensanierungen, Errichtung von Leitungsnetzen,
Wegeflächen und Verkehrsanbindungen) gemein-
schaftlich vorgenommen, d. h., die Beauftragung
KOOPERATIONEN
Varianten
Informell (gemeinsame Absprachen) bis zu
vertraglich (gemeinsame Beteiligungen)
Zeitlich befristet
bis
dauerhaft
Zwischen zwei Partnern
oder
mehreren Partnern bis hin zu größeren
Kooperationsnetzwerken
Eher gleichberechtigt
oder
mit einem „Leitunternehmen“
von Planern, Sachverständigen, Handwerkern,
Bauunternehmern etc. erfolgt gemeinsam. Ggf.
leisten die Investoren Zahlungen auf ein gemein-
sames Konto, von demdie Rechnungen der beauf-
tragten Unternehmer beglichen werden. Struktu-
rell sind verschiedene Varianten einer Kooperation
denkbar, wie sie die Tabelle unten zeigt.
ImFolgenden soll die typische Konstellation einer
vertraglichen, bis zur Erschließung befristeten Ko-
operationmehrerer gleichberechtigter Unterneh-
men in der steuerlichen Grundstruktur dargestellt
werden. Derartige Erschließungskooperationen
stellen in den meisten Fällen sog. Kostengemein-
schaften dar: Sämtliche Aufgaben zur Erschlie-
ßung werden zusammengefasst und abgestimmt
durchgeführt und die Beteiligten leisten ihre je-
weiligen Beiträge zur Kostentragung. Gleichwohl
können sich bereits in dieser Konstellation sowohl
auf ertragsteuerlicher als auch auf umsatzsteuer-
licher Ebene Fragestellungen ergeben.
Ertragsteuerliche Abgrenzung
Kooperationsvereinbarungen sind ertragsteu-
erlich danach zu beurteilen, ob es sich um reine
Kostenzuweisungen handelt, die ertragsteuerlich
keine Relevanz haben, oder um ertragsteuerlich
relevante Mitunternehmerschaften, bei denen
die „Gesellschafter“ gewerbliche Beteiligungen
halten.
Die Folgen einer gewerblichen Mitunterneh-
merschaft bestehen zunächst formal in der
Verpflichtung, Steuererklärungen (insbesonde-
re einheitliche und gesonderte Gewinnfeststel-
lung) zu erstellen. Materiell kann es zu einer
selbstständigen Gewerbesteuerpflicht kommen;
je nach gewählter Rechtsform ist auch eine Be-
grenzung der Kostenzuweisung über die steuer-
lichen Regelungen zur Verlustzuweisung die Fol-
ge. Bei Unternehmen, die die gewerbesteuerliche
erweiterte Kürzung in Anspruch nehmen, wäre
einemitunternehmerische Beteiligung sogar kür-
zungsschädlich. Bei partiell steuerpflichtigen Ver-
mietungsgenossenschaften stellt sich die Frage,
ob die gemeinschaftliche Entwicklung vonWohn-
grundstücken noch dembegünstigten Bereich zu-
geordnet werden kann. Es sollte regelmäßig Ziel
sein, eine steuerliche Mitunternehmerschaft zu
vermeiden.
Zivilrechtlich ist zu unterscheiden, ob die Koope-
ration nach außen im Rechtsverkehr in Erschei-
nung tritt (dann sog. Außengesellschaft) oder
ob die Kooperation nicht nach außen als Träger
Prof. Dr. Michael Pannen
VdW Rheinland Westfalen,
Düsseldorf
Professur für Rechnungswesen,
Steuern und Wirtschaftsprüfung
EBZ Business School, Bochum
Quelle der Abbildungen: Autor