DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 6/2019 - page 80

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RECHT
WEG §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3, 22 Abs. 1; BGB § 1004
Verdoppelung der Terrassenfläche
im Sondernutzungsrecht
Die erhebliche Vergrößerung der Terrasse überschreitet die übliche
Nutzung einer Gartenfläche und ist von dem Sondernutzungsrecht
ohne eine ausdrückliche Regelung nicht umfasst. Die Vergrößerung
einer Terrasse ermöglicht eine intensivere Nutzung des gemein-
schaftlichen Eigentums und kann zu weiteren Lärmemissionen
führen.
AG München, Urteil vom 29.8.2018, 485 C 5290/18
Bedeutung für die Praxis
Beim bloßen Sondernutzungsrecht ist immer ein Eingriff in das gemein-
schaftliche Eigentum gegeben (vgl. OLG Frankfurt, NZM 2008, 322
ebenfalls zur Terrassenvergrößerung). Insoweit ist die BGH-Entscheidung
(ZMR 2017, 409), die sich auf bauliche Maßnahmen am Sondereigentum
bezieht, nicht einschlägig.
Es geht hier auch nicht um die rein optische Veränderung im Terrassen-
bereich, sondern um die Möglichkeit einer intensiveren Nutzung, wie
sie sowohl bei einer Verdoppelung der Fläche gegeben ist als auch wenn
etwa die ursprünglichen Kiesflächen nunmehr mit Basaltplatten belegt
sind.
Das AG Weimar (ZMR 2013, 582) spricht von „erhöhtem Störpotenzial“:
Eine angelegte Terrasse kann z. B. durch Aufstellen von Gartenmöbeln,
Holzkohlegrills etc. wesentlich intensiver genutzt werden als eine unbe-
festigte Rasenfläche.
RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG § 15 Abs. 1 und Abs. 3
Heimähnliche Unterbringung von Woh-
nungslosen im Teileigentum („Laden“)
1. Die tageweise Unterbringung von wohnungslosen Personen in
einer Gemeinschaftsunterkunft zur Vermeidung von Obdachlosig-
keit ist i. d. R. nicht als eine zu Wohnzwecken dienende Nutzung,
sondern als heimähnliche Unterbringung anzusehen, die grund-
sätzlich in Teileigentumseinheiten erfolgen kann.
2. Hält sich eine Nutzung von Wohn- und Teileigentum im Rahmen
der Zweckbestimmung, kann sich ihre Unzulässigkeit nicht aus
dem Charakter der Anlage und den diesen prägenden örtlichen
Verhältnissen ergeben.
BGH, Urteil vom 8.3.2019, V ZR 330/17
Bedeutung für die Praxis
Mit der Einordnung als Wohnungs- oder Teileigentum ist bloß eine sehr
weite Zweckbestimmung verbunden.
Die Bezeichnung „Laden“ kann – insbesondere bei Neubauten – sowohl
eine (weitere/engere) Zweckbestimmung, d.h. eine zusätzliche Nutzungs-
beschränkung, beinhalten oder aber nur als Nutzungsvorschlag bzw. – bei
aufgeteilten Bestandsbauten – zur Beschreibung der Räume gemeint
sein (Auslegungsfrage). Ersteres gilt nur, wenn dies aus der Teilungser-
klärung hinreichend klar und eindeutig hervorgeht. Anderenfalls darf
das Teileigentum zwar nicht zum Wohnen, aber im Grundsatz zu jedem
anderen (gewerblichen) Zweck genutzt werden, d.h. auch zur tageweisen
Unterbringung von Obdachlosen.
RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG-RECHT
zu zweifeln, sind weder vorgebracht, noch ersichtlich. Die im genannten
Mietspiegel veröffentlichte Orientierungshilfe ist Grundlage für eine
sachgerechte Differenzierung innerhalb der Mietpreisspanne. Auch wenn
insoweit eine Vermutungswirkung nach § 558 d Abs. 3 BGB nicht besteht,
ist sie dennoch eine taugliche Schätzgrundlage, da sie auf dem Wissen und
den Erfahrungen von Experten des Dresdner Wohnungsmarktes beruht.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 307, 535, 538
Schönheitsreparaturen und gewerbliches Mietverhältnis
Zur Übertragbarkeit der zu Wohnraummietverträgen ergangenen Rechtsprechung bei Schönheitsreparaturen
auch auf gewerbliche Mietverhältnisse.
OLG Dresden, Hinweisbeschluss vom 6.3.2019, 5 U 1613/18
Bedeutung für die Praxis
Nach Auffassung des OLG Dresden ist die höchstrichterliche Rechtspre-
chung zu Wohnraummietverträgen, wonach die formularvertragliche
Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung den Vermieter treffen-
den Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen im Fall
einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen
Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 nicht standhält, so-
fern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt
hat, auch auf gewerbliche Mietverhältnisse übertragbar. Die Übertrag-
barkeit dieser Rechtsprechung begründet das OLG damit, dass in beiden
Arten von Mietverhältnissen von derselben gesetzlichen Regelung abge-
wichen wird und sich in beiden Fällen dasselbe Problem der fehlenden
Kompensation für die Verpflichtung zur Beseitigung von Gebrauchsspuren
stellt, welche dem Mieter nicht zuzurechnen sind.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
1...,70,71,72,73,74,75,76,77,78,79 81,82,83,84
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