DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 6/2019 - page 51

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se ihren Talenten und Fähigkeiten entsprechend
einzusetzen, sie zu vernetzen und ein schlag-
kräftiges Team zu formieren. Die Führungskraft
ist quasi als „Coach“ oder „Mannschaftsführer“
Teil dieses Teams, motiviert und befähigt es, die
Ziele gemeinsam bestmöglich zu erreichen. Dar-
über hinaus müssen Führungskräfte sich darum
kümmern, dass die Mitarbeiter mit dem Mehr an
Eigenverantwortung gut zurechtkommen. Es zählt
zu ihren Aufgaben, die individuelle Weiterent-
wicklung zu fördern – auch im Hinblick auf neue
Technologien. Bedingt durch die immer kürzeren
Innovationszyklenmuss das Prinzip des lebenslan-
gen Lernens fester Bestandteil einer Personalent-
wicklung sein. Schließlich gilt es, in allen Phasen
des Berufslebens „up to date“ zu bleiben.
Der Wandel der Führungskultur steht auch in en-
ger Beziehungmit der Organisationsstruktur eines
Unternehmens. Start-up-Unternehmen z. B. sind
agil, wendig und vor allem schnell. Das ist auf ihre
Größe, gerade in den Anfängen, zurückzuführen.
Damit haben sie komplett andere Voraussetzun-
gen als gewachsene Unternehmen. Hinsichtlich
Nutzerorientierung und Schnelligkeit können
etablierte Unternehmen von der Start-up-Szene
wertvolle Impulse mitnehmen und in ihre Struk-
turen und Prozesse integrieren.
Es empfiehlt sich, das Prinzip der sog. organi-
sationalen Beidhändigkeit anzuwenden: Auf der
einen Seite – sozusagen der „linken“ Hand – die
bewährten, auf Effizienz und Qualität ausgerich-
tetenManagementansätze. Sie sindmit ihrer eher
mäßigen Geschwindigkeit innerhalb hierarchisch
strukturierter Organisationenweiterhin sinnvoll.
Und auf der anderen Seite – der „rechten“ Hand
– auf Geschwindigkeit, Agilität und Innovation
ausgerichtete Methoden und Werkzeuge, die vor
allem gut in Netzwerkstrukturen funktionieren.
Letztere bieten sich an, wenn es darumgeht, neue
Produkte und Services zu entwickeln, oder wenn
Veränderungen in der eigenen Branche schnel-
les Handeln erfordern. Im Zuge der notwendigen
kollaborativen Zusammenarbeit innerhalb dieses
Prinzips und der gesamten Organisationsstruk-
tur ist das Management auch hier mit Blick auf
die notwendige Vernetzung und Abstimmung
gefordert: Es geht um das Miteinander im Sinne
von Wir-Intelligenz (WeQ), um das gemeinsame
Unternehmensziel zu erreichen.
Digital Leadership in der
wohnungswirtschaftlichen Praxis
Die digitale Transformation bietet den Woh-
nungsunternehmen viele Chancen. Gleichzeitig
wandeln sich auch die Erwartungen von Mit-
arbeitern, Mietern und Geschäftspartnern. Als
Unternehmen flexibel und proaktiv reagieren zu
können, spielt hier eine wesentliche Rolle. Daher
empfiehlt es sich für Wohnungsunternehmen,
zeitnah ihre Mitarbeiter im Wandel zu begleiten
und die eigenen Geschäftsprozesse hinsichtlich
der Digitalisierung zu optimieren bzw. neu aus-
zurichten – und im Sinne von Führungsexzellenz
Maßnahmen und innovative Methoden zu ergrei-
fen, die den Unternehmenserfolg, die Kundenzu-
friedenheit und die Effizienz von Prozessen am
meisten fördern.
Zeigt sich dann beispielsweise bei einer Mieter-
befragung – im Gegensatz zu den Vorjahren – ein
großes Interesse an einer App, die den Mietern
neben der Kommunikationmit demWohnungsun-
ternehmen auch ein breites Angebot an Services
bietet, kann hier rasch reagiert werden.
Die Anwendung sog. agiler Methoden wie Design
Thinking ermöglicht dem Wohnungsunterneh-
men gemeinsam mit dem IT-Dienstleister die
nutzer- und anwenderzentrierte Entwicklung
der App – unter Einbezug von Mietern sowie ei-
genenMitarbeitern. Die frühzeitige Erstellung und
Erprobung von Prototypen zeigt schnell, ob die
Entwicklung der Lösung in die richtige Richtung
weist, und vermeidet, dass sie am Ende nicht zu
den individuellen Anforderungen der Nutzer passt.
In diesemProzess geben die Führungskräfte idea-
lerweise nur die Zielstellung vor und verschaffen
den mit der Umsetzung betrauten Mitarbeitern
und Abteilungen die nötigen Freiräume – gemäß
demPrinzip: „Kontrolle aufgeben, Führung behal-
ten“. Das agile Arbeiten erhält so Rückendeckung
durch das Management – gemäß der zuvor erläu-
terten Beidhändigkeit. Führungskräfte werden
im Sinne eines Digital Leadership zu „Enablern“,
also zu Wegbereitern. Der Fokus liegt hier auf der
Interaktion zwischen allen Beteiligten und nicht
auf Kontrollprozessen. Letztendlich führt das –
hier am Beispiel der App – zu hoher Akzeptanz
bei den Mietern und auch bei den Mitarbeitern
im Wohnungsunternehmen und bietet allen ei-
nen Mehrwert.
Mit neuen Denkansätzen die
digitale Zukunft gestalten
Innovationen kommen in einer immer schnelleren
Taktung. Hier kann es für Entscheider von Vorteil
sein, sich bewusst zu machen, dass eine höhe-
re Geschwindigkeit der Veränderungsprozesse
nicht automatisch auch ein schnelleres Denken
bedingt. Es geht vielmehr darum, nicht „nur“ zu
reagieren, sondern innezuhalten, sich mehr Zeit
zum Nachdenken zu nehmen und offen für neue
Sichtweisen zu sein.
Um flexibel in einer volatilen Zukunft agie-
ren zu können und sie aktiv mitzugestalten, ist
es notwendig, Dinge infrage zu stellen und zu
überlegen, welche Denkansätze – auch unter
Berücksichtigung ethischer Werte – sowohl die
Innovationsfähigkeit als auch die wirtschaftliche
und gesellschaftliche Entwicklung unterstützen
können. Diese neuen Denkansätze gilt es in das
Führungsverständnis mitaufzunehmen, um die
bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
Design Thinking folgt der Devise „Design first, develop later“ und ermöglicht allen Beteiligten,
in Teamarbeit neue digitale und vor allem nutzerorientierte Lösungen zu entwickeln
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