DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 6/2019 - page 47

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38. Zwischenahner Gespräch des vdw Niedersachsen Bremen
Spannende Debatten über den Zustand von Wohnungspolitik,
Sozialstaat und Wirtschaft
OB - Zum 38. Mal lud der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirt-
schaft in Niedersachsen und Bremen e.V. (vdw) zum Zwischenahner
Gespräch. Leitfrage der traditionsreichen Veranstaltung war, ob der Woh-
nungsmarkt die Gesellschaft spaltet – eine etwas überspitzt formulierte
Frage, wie Heiner Pott, scheidender vdw-Verbandsdirektor formulierte.
Allerdings weise sie auf ein zunehmendes Problem hin, denn der Woh-
nungsmarkt bzw. die Frage nach der Bezahlbarkeit von Wohnraum sei
längst zu einer Frage der sozialen Gerechtigkeit geworden.
Der erste Teil der Veranstaltung widmete sich dem Thema in zwei Ge-
sprächsrunden: Der Bundestagsabgeordnete Eckhard Pols, der Präsident
des Niedersächsischen Städtetages Ulrich Mädge, GdW-Präsident Axel
Gedaschko und Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbun-
des, analysierten die Gründe für die aktuelle Misere amWohnungsmarkt.
Diskutiert wurden u. a. Grundsteuer, Mietpreisbremse und die Rolle ord-
nungspolitischer Eingriffe beimWohnungsbau. Während Ropertz mit dem
Argument, die Neuvermietungsmieten von heute seien die Bestandsmieten
von morgen, die Mietpreisbremse als zivilgesellschaftliches Intrument ver-
teidigte und mehr öffentliches Geld für den Wohnungsbau forderte, betonte
Gedaschko, dass das Bauen trotz aller Bekenntnisse keineswegs erleichtert,
sondern vielmehr erschwert werde. Die Bezahlbarkeit des Wohnens sei ein
sehr wichtiges Thema. Es gelte jedoch, den Marktakteuren, die sich asozial
verhielten, Einhalt zu gebieten, statt überall Bremsbacken anzulegen. Auch
Mägde verwies auf die Komplexität der Maßnahmen. Es ginge darum, ein
ganzes System an Maßnahmen und Werkzeugen zu betrachten – nur ein Ele-
ment aus demWerkzeugkasten zu nehmen, helfe nicht. Der Neugründung
einer Landeswohnungsbaugesellschaft erteilte er zudem eine klare Absage:
Man können die Ziele mit den bestehenden Strukturen der Wohnungswirt-
schaft besser und schneller erreichen.
Eine zweite Gesprächsrunde ging dem Begriff der „drohenden Spaltung“
auf den Grund. Welt-Redakteur Michael Fabricius beschrieb an Beispielen
die Probleme, die Menschen mit kleineren Einkommen amWohnungsmarkt
haben. GEWOBA-Vorstand Manfred Sydow warnte dagegen davor, die
Situation zu dramatisieren. Er bezweifele zudem die kursierenden Zahlen
über Mietsteigerungen. Bei den GdW-Wohnungsunternehmen gebe es
die jedenfalls nicht. Carolin Wandzik vom Rat der Immobilienweisen hielt
dagegen und betonte, dass Mietsteigerungen mittlerweile flächendeckend
festzustellen und somit kein Problem nur der Ballungsgebiete seien. Die
Runde war sich jedoch einig, dass es derzeit viele Klagen, aber keine Patent-
lösungen gibt. Beklagt wurde der fehlende Kenntnisstand von Politik und
Gesellschaft über die Rolle der Wohnungswirtschaft.
Weitere Gäste waren der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Christian Hacke,
der ehemalige Wirtschaftsweise Prof. Dr. Peter Bofinger, der ehemalige
Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert und die Zukunftsfor-
scherin Christiane Varga. Während Hacke und Bofinger die Welt- bzw.
Wirtschaftspolitik analysierten, widmeten sich Lammert und Varga der
Entwicklung der Gesellschaft. Die Soziologin warnte davor, Zukunft als
lineare Fortentwicklung der Gegenwart zu betrachten. Die Wohnungswirt-
schaft solle lieber die günstige Marktlage nutzen und ihr Geschäftsmodell
zukunftsfähig zu machen.
Weitere Informationen:
ng
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
MdB Eckhard Pols, Ulrich Mädge, Ulrich Ropertz,
Heiner Pott, Axel Gedaschko und Andreas Otto (v.l.)
Graphic Recording: Der vdw ließ das Zwischenahner Gespräch durch einen Zeichner dokumentieren
Quelle der Abbildungen: vdw Niedersachsen Bremen
Michael Fabricius, Katharina Burkardt, Manfred Sydow und Carolin Wandzik (v.l.)
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