Controller Magazin 3/2019 - page 72

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HRV-Biofeedbacks ist, dass die Pulsfrequenz
unkompliziert gemessen werden kann, z. B.
durch einen unauffälligen Sensor am Ohrläpp-
chen (Ohrclip), und – wie dargestellt – die
atemabhängige HRV physiologisch eine große
Rolle spielt. Durch das Biofeedback lernt der
Anwender sich so zu entspannen, dass seine
HRV steigt und damit die Aktivität seines Para-
sympathikus. Mittlerweile belegen immer mehr
Studien, dass HRV-Biofeedback einen positiven
Einfluss auf vielfältige körperliche Funktionen
hat. So konnten z. B. Atemwegsprobleme ver-
bessert, der Blutdruck gesenkt, depressive
Verstimmungen reduziert, Konzentration (Tref-
ferquote von Basketballspielern) optimiert wer-
den. Biofeedback-Training darf und kann keine
Dauerlösung sein, wenn nicht auch die hier er-
wähnten „Noxen“ eine Korrektur erfahren. Es
kann aber helfen, bei Entgleisungen überhaupt
ein Bewusstsein für die „Schieflage“ zu bekom-
men, um dann aus eigener Kraft wieder auf die
richtige Spur zu kommen. Atmung ist ein Pro-
zess, der im gesunden Zustand unbewusst ab-
läuft. Bei Entgleisungen und einer reduzierten
HRV kann es hilfreich sein, auch auf moderne
Techniken und Geräte zurückzugreifen, die hel-
fen, die eigene Gesundheit wieder besser zu
managen. Die Abläufe sind verstehbar, sie sind
vor dem Hintergrund des Dargestellten sinnvoll
und sie sind vor allem problemlos machbar.
Es gibt mittlerweile viele technische Varianten
von HRV-Biofeedback-Systemen. Die Herzrate
kann z. B. über Pulsuhren, Clips am Ohrläpp-
chen, Brustgurte, Fingerclips oder natürlich
über EKG-Elektroden am Brustkorb erfasst
werden. Die Übertragung der gemessenen
Herz- bzw. Pulsfrequenz an das Biofeedback-
gerät erfolgt über Kabel oder drahtlos (z. B. über
bluetooth). Das Gerät selbst kann ein PC sein,
ein Smartphone oder ein sonstiges, tragbares
Gerät. Durch die entsprechend installierte Soft-
ware werden die Variabilität der Herzrate und
daraus abgeleitete Frequenz- oder Zeit-basier-
te HRV-Parameter berechnet. Das Feedback an
den Anwender erfolgt visuell oder akustisch,
manchmal auch taktil. Manche Systeme arbei-
ten z. B. mit Sensoren, die in eng anliegende T-
Shirts eingewoben sind und theoretisch eine
Vielzahl von Körpersignalen messen und an
beliebige Biofeedback-Geräte weitergeben kön-
nen. So eröffnen sich für die Zukunft weitere
und aussichtsreiche Optionen.
ben wir alle im gesunden Zustand pro Atemzug
genau vier Herzschläge (Puls-Atem-Quotient
von 4). Musikalisch ausgedrückt entspricht das
einer doppelten Oktave. Studien zeigen, dass
bei ganzzahligen Koppelungen die Sauerstoff-
aufnahme und Kohlendioxidabgabe optimal und
die Regenerationskraft damit am höchsten ist.
Resilienztraining mit mobilen
Biofeedback-Systemen
Somit schließt sich der Bogen und wir kommen
wieder auf das Zusammenspiel von Atmung
und Herzschlag zu sprechen, auf die Wechsel-
wirkung von Sympathikus und Parasympathi-
kus sowie auf die Respiratorische Sinusarrhyth-
mie (RSA) und die Herzratenvariabilität. Die mil-
lisekundenschnelle Adaptation der Herzfre-
quenz an den Atemrhythmus wird wie oben
dargestellt durch die Aktivität des Parasympa-
thikus ermöglicht. Moderne Biofeedback-Sys-
teme ermöglichen nun, die RSA sichtbar zu ma-
chen und erlauben damit dem Anwender, Ein-
fluss auf seine Biorhythmen zu nehmen und
den Einfluss des Parasympathikus zu stärken.
So wie Controller mit ihrem „Werkzeugkasten“
ständig den „Puls des Unternehmens“ ertasten
und den im Management Verantwortlichen
Feedback geben, wird im HRV-Biofeedback
jede Pulsfrequenzänderung registriert und dem
Anwender („Manager“) rückgekoppelt. Es gibt
eine Vielzahl von Biofeedback-Systemen. Als
Bio-Signal muss nicht die Herzfrequenz ge-
nommen werden, es können auch andere Kör-
persignale verwendet werden (Hautleitwider-
stand, Muskelspannung etc.). Der Vorteil des
bei Körpertherapien bis hin zu Tages- und Wo-
chengestaltungen. Als Dr. Rudolf Hauschka,
Mitbegründer der Firma WALA Heilmittel GmbH
und der (selbst bei Hollywood-Stars beliebten)
Hauschka-Kosmetik, Rudolf Steiner fragte, was
er tun könne, um Heilpflanzen für den pharma-
zeutischen Prozess besser haltbar zu machen,
ohne Konservierung in Lebensprozesse abtö-
tendem Alkohol, erwiderte Steiner: „Studieren
Sie Rhythmen, Rhythmus trägt Leben.“
In der Tat verlaufen viele lebenserhaltende Pro-
zesse in unserem Organismus rhythmisch: Auf
eine Kontraktion der Herzkammermuskulatur
(Systole) folgt eine Entspannung und Dilatation
(Diastole), auf die Einatmung folgt Ausatmung,
auf eine Wach- eine Schlafphase. Auch die Ak-
tivität verschiedener Hirnnervenkerne verläuft
rhythmisch, ebenso die Verdauungstätigkeit –
die Leber verkleinert und vergrößert ihr Volu-
men in einem Rhythmus von 24 Stunden. Die
Rhythmen von Herz und Lunge spielen dabei
eine besonders große Rolle, schon allein für un-
sere bewusste Wahrnehmung, da die Frequen-
zen, also die Anzahl von Herzschlägen und
Atemzügen in zeitlichen Dimensionen erschei-
nen (sie werden als Frequenz pro Minute ge-
messen), die bewusst erlebbar sind im Gegen-
satz zu den sehr schnellen Rhythmen im Ner-
ven-Sinnes-System oder den eher langsamen
Rhythmen vieler Stoffwechselorgane. Dazu
kommen interessante Koppelungen von Rhyth-
men. Während wir tagsüber ein sehr individuel-
les Verhältnis von Herz- zu Atemfrequenz ha-
ben (Puls-Atem-Quotient), kommt es nachts im
Schlaf zu einer überindividuellen (universellen)
Koppelung beider Organrhythmen. Nachts ha-
Gesundheit will controlled sein
Abb. 2: HRV-Biofeedback mit einem mobilen Endgerät
1...,62,63,64,65,66,67,68,69,70,71 73,74,75,76,77,78,79,80,81,82,...116
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