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Seelischen und Leiblichen erfasst: Mental
durchdringen und erkennen können, emotiona-
le Erfüllung durch das Erleben von Sinnhaftig-
keit und Machbarkeit, Umsetzbarkeit im Han-
deln bis in konkret physische Dimensionen.
Die gesundheitsfördernde Kraft
von Rhythmus – „Rhythmus trägt
Leben“
Eine weitere Möglichkeit, unsere Regenerati-
onskraft zu stärken, ist Rhythmus. Die Rhyth-
misierung von Tages- und Wochenabläufen, ja
sogar von Abläufen innerhalb eines Jahres er-
leichtert Arbeitsprozesse und generiert Kraft.
Benedikt von Nursia, Gründer des Benedikti-
nerordens, wusste um die Kraft rhythmischer
Abläufe. Der salutogene Tagesentwurf „Ora et
labora“ („bete und arbeite“) ermöglicht den
Mönchen und Nonnen seit über tausend Jahren
einen wiederkehrenden Wechsel von Tätigsein
in der alltäglichen Außenwelt (körperliche Be-
wegung draußen) und Kontemplation (seelisch-
geistige Bewegung und Eigenaktivität drinnen).
Studien belegen, dass dieser Lebensrhythmus
bis in Kreislaufparameter (Blutdruckwerte) hin-
ein gesundheitsfördernd ist. Auch in der Anth-
roposophischen Medizin, die von Dr. Rudolf
Steiner vor ca. 100 Jahren zusammen mit der
Ärztin Dr. Ita Wegman entwickelt wurde, haben
Rhythmen eine große Bedeutung sowohl im
Bereich pharmazeutischer Prozesse als auch
Sport) die Durchblutung der Muskulatur und
der inneren Organe auf leiblicher Ebene. Bewe-
gung und beweglich bleiben im Seelischen und
Sozialen wirkt sich ebenso positiv auf unsere
Gesundheit aus. Wenn wir in einem guten Aus-
tausch sind mit unseren Mitmenschen, wird die
Seele ernährt. Das geht nicht ohne innere Be-
weglichkeit. Dazu gehört auch die Frage nach
der Vergebungsfähigkeit anderen und sich
selbst gegenüber. Unversöhnlichkeit ist für die
Seele wie mehrfach gesättigte Fettsäuren für
den Darm und führt auf emotionaler Ebene zu
„Verdauungsproblemen“. Schließlich ist auch
die Eigenaktivität im Geistigen gesundheitsför-
dernd. Echtes Interesse (Inter-Esse, lateinisch
Dazwischen- bzw. Mittendrinsein) an der Welt
und damit auch am Menschen belebt und rege-
neriert. So lernen wir (auf) die Umwelt, unsere
Mitmenschen und uns selbst mehr zu achten
(Mindfulness). Es darf und soll dabei auch
„quer gedacht“ werden oder „off-road“. Bewe-
gung und Beweglichkeit im Denken generiert
und regeneriert Geistiges. Der berühmte Ge-
sundheitsforscher Aaron Antonovsky, der sich
nicht nur dafür interessierte, wie es zu Entglei-
sungen und Erkrankungen, sondern zu Entste-
hung und Erhaltung von Gesundheit kommt,
sprach von Salutogenese (salus = lateinisch
Wohlbefinden, Gesundheit). Dabei definierte er
Gesundheit als einen Zustand der Kohärenz,
des Erlebnisses, dass die Welt verstehbar, sinn-
erfüllt und „machbar“ ist. Unausgesprochen
werden damit die drei Ebenen des Geistigen,
gut controlled ist, sich gut regulieren kann, so
hat der gestresste, hyper-sympathikotone
Mensch eine niedrige Variabilität (niedrige HRV)
bei einer tendenziell eher hohen Herzfrequenz
und der entspannte, sich gut regulierende
Mensch eine hohe Variabilität (gute HRV) und
eine tendenziell niedrigere Herzfrequenz. Ist ein
noch ungeborenes Kind intrauterin (Uterus =
Gebärmutter) aus unterschiedlichen Gründen
gesundheitlich bedroht und dadurch gestresst,
verschlechtert sich die HRV, die von den Gynä-
kologInnen und Hebammen im CTG (Cardio-To-
ko-Gramm = Herzschlag- und Wehen-Schrei-
ber) gemessen wird. Ein schlechtes CTG (nied-
rige HRV) kann einen Kaiserschnitt nötig wer-
den lassen. Auch gestresste Menschen haben
aufgrund schlecht regulierter Belastungssitua-
tionen eine niedrige HRV. Wenn auf körperliche
Warnsymptome wie eine niedrige HRV nicht ad-
äquat reagiert wird, kann es im übertragenen
Sinne nötig werden, einen „biographischen Kai-
serschnitt“ durchzuführen. Zurück zu unserer
Frage „wie reagiert ein Controller, wenn er Risi-
ken erkennt?“ Das ICV-Leitbild formuliert:
„Controller sind als betriebswirtschaftliches
Gewissen dem Wohl der Organisation als Gan-
zes verpflichtet.“ Ich meine: Controller sind
auch vor ihrem eigenen Gewissen sich selbst
gegenüber als Ganzes verpflichtet!
Was fördert die Gesundheit?
Die Frage nach Salutogenese
Ein gutes und nachhaltiges Stressmanagement
gelingt nur durch einen multimodalen Ansatz.
Dazu gehören auf der einen Seite eine Reduk
tion möglichst vieler „Noxen“ (primum non no-
cere = erstens nicht schaden) und auf der an-
deren Seite eine Stärkung von Regenerations-
prozessen und Resilienz-Potenzialen. Zu den
zunehmend beforschten „Noxen“ gehören in-
adäquater Konsum von mehrfach gesättigten
Fettsäuren, industriellem Zucker, Nikotin, Alko-
hol, Stimulantien, aber auch exzessiver Medi-
enkonsum und Bewegungsmangel. Dagegen
fördern wir unsere Regenerationskraft u. a.
dann, wenn wir in die Eigenaktivität kommen,
uns selber bewegen, und zwar auf leiblicher,
seelischer wie auch geistiger Ebene. Eine gute
Ernährung fordert und fördert die Eigenaktivität
unserer Enzyme und Stoffwechselorgane,
ebenso verbessert körperliche Bewegung (z. B.
Gesundheit will controlled sein ...
Das ARCIM Institute (Academic Research in Complementary and Integrative Medicine) ist ein
Forschungsinstitut an der Filderklinik bei Stuttgart, das mit verschiedenen Universitäten im In-
und Ausland kooperiert und einen Schwerpunkt im Bereich psychophysiologischer Prozesse
hat. Mehrere Studien zum Wirksamkeitsnachweis von HRV-Biofeedback wurden bereits durch-
geführt, vor allem im Bereich des Betrieblichen Gesundheits-Managements, zuletzt wiederholt
in Zusammenarbeit mit MIKA Stressmanagement, aber auch in Kooperation mit Frau Dr. Inna
Khazan, Psychologin und Dozentin an der Harvard Medical School (Boston, Massachusetts), die
sich auf eine Kombination von HRV-Biofeedback und Achtsamkeits-Übungen (Mindfulness)
spezialisiert hat. Mitarbeiter verschiedener Firmen (dabei auch internationale Branchenführer)
trainierten ihre HRV mithilfe von HRV-Biofeedback-Systemen über mehrere Wochen (4-6 Wo-
chen) mit positiven Ergebnissen. In diesem Zusammenhang konnte auch eine erste Pilotstudie
mit Controllern durchgeführt werden (n = 7), deren Anonymität durch das gewählte Studien-Design (wie auch bei allen anderen Studien) gewahrt blieb. Die Rückmeldung der Controller auf
das Biofeedback war positiv und regte Überlegungen an, ob nicht in Zukunft eine größere
Studie durchgeführt werden sollte, ganz in dem Sinne: Gesundheit will controlled sein.
CM Mai / Juni 2019