Controller Magazin 3/2019 - page 62

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Rauch:
Wir haben schon relativ früh angefan-
gen, bei Vetter die ersten BI-Lösungen zu nut-
zen. Vor über 20 Jahren, allerdings immer mit ei-
nem ganz starken Fokus auf Financial Reporting.
Das wurde dann um eine integrierte Unterneh-
mensplanung erweitert. Aber mit dem Wachs-
tum des Unternehmens erkannten wir einen
deutlich höheren Informationsbedarf, auch in
den operativen Bereichen. Wir haben uns dann
2015 entschieden, ein BICC (Business Intelli-
gence Competence Center) als virtuelle Organi-
sationseinheit aufzubauen, im Kernteam beste-
hend aus Mitarbeitern meines Bereichs und auch
aus der IT, um somit den Single Point of Truth für
die Informationsversorgung sicherzustellen.
Ganz wesentlich dafür, dass das funktioniert, ist
natürlich ein klares Rollenmodell, das wir dazu
erarbeitet haben. Und zwar für alle an der BI be-
teiligten Rollen aus dem Fachbereich, der IT und
dem Controlling heraus. Diese Klarheit ist ganz
wichtig. Wir haben dann vor drei Jahren unsere
BI-Strategie parallel aber auch verzahnt zur IT-
Strategie aufgebaut, um neben inhaltlichen The-
men und der Architektur auch weiter an Organi-
sationsentwicklungen zu arbeiten.
JR:
Das heißt, es sind auch neue Rollen ent-
standen?
Rauch:
Ja, und es sind auch bestehende Rol-
len anders ausgeprägt worden. Das zentrale
Thema ist auch hier die Zusammenarbeit. Ich
kann nicht alles zentralisieren, kann nicht alles
dezentralisieren. Neben der reinen Methode
und organisatorischen Vorbereitung ist auch die
Einstellung und das Verhalten der Menschen
von großer Bedeutung.
Je mehr wir in Zu-
kunft mit solchen Informations-Systemen
arbeiten, desto mehr werden sich auch die
Rollen verändern
. Auch hier liegt die Kontinu-
ität im Change.
JR:
Die Zusammenarbeit ist also nicht nur hin-
sichtlich der Kollegen im Business Partnering
zu gestalten, sondern auch in Bezug auf die IT.
Jetzt höre ich heraus, dass auch die Fachberei-
che, mit denen die Business Partner maßgeb-
lich zusammenarbeiten, eine Schnittstelle zu
Ihnen haben. Betrachten Sie die Kommunika­
tion als die größte Herausforderung?
Rauch:
Absolut! Ich glaube, dass – egal wel-
ches Rollenmodell zugrunde gelegt wird – die
ganze Idee zum Leben zu erwecken. Letztlich
ist es wichtig, dann natürlich immer wieder auf
die Chancen hinzuweisen, sich auf die Stärken
zu fokussieren, statt die Befindlichkeiten in den
Vordergrund zu stellen – und natürlich auch,
das selbst zu leben und dadurch auf die Teams
zu übertragen. Dieser Prozess dauert an. Dass
die Zusammenarbeit klappt, ist absolut ele-
mentar. Wenn ich das aus Sicht der Organisati-
on betrachte, ist es eher einfacher geworden.
Es ist klar geworden, wer der jeweilige An-
sprechpartner für welches Thema ist.
JR:
Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte prak-
tizieren Sie kein Silodenken, sondern gerade
das Gegenteil davon. Man könnte Ihre Bereiche
auch isoliert sehen, gegeneinander kämpfend.
Aber Sie haben
einen anderen Weg gefunden.
Die von Ihnen beschriebenen Erfolgsfaktoren
gelten aus meiner Sicht jedoch nicht nur für
zwei Controlling-Abteilungen. Herr Watz, die
Frage an Sie, den Business Partner und Change
Agent: Ist das ein Zusammenarbeitsmodell, das
Unternehmen, die in einer schnelllebigen Um-
welt erfolgreich sein wollen, auch auf andere
Bereiche und Abteilungen übertragen sollten?
Watz:
Da stimme ich 100%ig zu. Wenn man
von einem systemischen Ansatz kommt und
sagt, es gibt nicht schwarz oder weiß, es gibt
nicht richtig und falsch, es ist eigentlich immer
„in between“, dann ist das auch Teil eines
Change-Prozesses, dass man diese neuen
Wege geht und sich Gedanken macht, was Sinn
hat, und nicht stur an Hierarchie oder an einem
jetzt akzeptierten Instrument oder einem jetzt
bestehenden Status festhält. Dieser Prozess
findet natürlich auch bereits in anderen Vetter-
Abteilungen statt.
Es geht darum, Change-
Akzeptanz zu schaffen,
Ängste abzubauen
und möglichst viele Leute zu involvieren.
JR:
Wir haben die Zusammenarbeit Ihrer
Teams beleuchtet und auch den Grund, war-
um sich diese Entwicklung vollzogen hat.
Wenn wir jetzt etwas intensiver hineinschau-
en, Herr Rauch, dann sehe ich zunächst ein-
mal in Ihre Richtung. Bei Ihnen ist das Infor-
mation Management angesiedelt. Da braucht
es ja, um zukunftsorientiert aufgestellt zu
sein, auch bestimmte Rollen und Kompeten-
zen. Wie haben Sie denn jetzt Ihren Bereich
konkret aufgestellt?
nente, nämlich einfach viel mehr Kompromisse
eingehen zu müssen. Eine verstärkte Abstim-
mung, die wir brauchen und auch die Bereit-
schaft, mal eigene Ideen zurückzustellen und
schlicht die Kompetenz des anderen anzuer-
kennen (grinst).
Immer wieder Verständnis
aufzubringen, wo kommt der andere her,
und sich immer wieder auch mal ein Stück
weit zurücknehmen zu können, ohne dass
man seine eigenen Ziele verliert.
Das ist so
etwas wie die Quadratur des Kreises. Und es
ist ein Prozess, der nie endet. Wir haben immer
Themen und müssen uns permanent abstim-
men. Dabei haben wir fast immer einen unter-
schiedlichen Fokus. Das klassische Beispiel
ist, wenn Armin Rauch eine langfristige BI-
Strategie entwickelt. Dann sollte diese natür-
lich möglichst rund sein, am besten passt sie
zu 100%. Vielleicht haben wir diese aber erst
in 3-5 Jahren umgesetzt. Ich betreue den
Fachbereich. Der will gedanklich morgen Er-
gebnisse haben, sodass ich oftmals mit dem
Ansatz komme, wir machen 80 % und legen
gleich los. Das führt aber dazu, dass wir viel-
leicht kurzfristige Lösungen aufbauen, die sich
möglicherweise langfristig nicht gut ins System
überführen lassen. Dann müssen wir halt dar-
um ringen. Wenn wir einen 10-Jahresplan er-
stellen, erledigen wir momentan noch viel ma-
nuell. Das soll dauerhaft nicht so bleiben. Das
wäre ein Beispiel dafür, dass wir uns halt
zwangsläufig reiben müssen, weil wir unter-
schiedliche Rollen und ein unterschiedliches
Verständnis haben. Wichtig ist dabei, die Dinge
nicht persönlich zu nehmen. Dies gelingt, weil
ich weiß, wo kommt der andere her, was treibt
ihn um und was sind seine Erfordernisse.
Rauch:
Das ist ein schöner Punkt und, wie Du
gesagt hast, ist es eine Entwicklung. Wenn
man sich das anschaut, wir haben die Trennung
2008 gemacht und wir haben genau das, was
Du gerade beschreibst, dann auch 2013/14
noch einmal erarbeitet. Da liegt ein langer Ent-
wicklungsweg dazwischen, der uns dahin ge-
bracht hat, wo wir heute sind.
Watz:
Absolut. Wenn man dies dann als weite-
re Dimension unsere Teams sieht – wir muss-
ten ja auch die Mitarbeiter mitnehmen und ganz
klar kommunizieren, was ist dieses neue Cont-
rolling-Verständnis, wo grenzen wir uns ab, wo
sind wir zusammen. Das war wichtig, um die
Differenzierte Rollen im Controlling
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