Controller Magazin 3/2019 - page 66

64
Problem
Externe Entwicklungen, wie etwa In-
ternationalisierung, Globalisierung und Digitali-
sierung, verlangen nach einer adäquaten, sys-
tematischen Berücksichtigung im Rahmen des
strategischen Entscheidungsprozesses. Der
strategische Entscheidungsprozess in KMU ist
jedoch zumeist wenig systematisch und eher
intuitiv getrieben (vgl. Flacke 2006, S. 37ff. und
S. 173ff.).
Ziel
Die Umsetzung der langfristigen Unterneh-
mensvision von KMU soll durch ein Entschei-
dungsmodell unterstützt werden, mit dem sich
positive wie negative Auswirkungen strategi-
scher Unternehmensentscheidungen a priori
identifizieren lassen. Dies führt zu einer Verbes-
serung der Entscheidungsqualität.
Methode
Übertragung eines präskriptiven
Phasenmodells zur strategischen Entschei-
dungsfindung im deutschen Profifußball auf
KMU.
Beschreibung
Ein für den strategischen Ent-
scheidungsprozess von Fußballunternehmen
entwickeltes modifiziertes Phasenmodell basiert
auf grundlegenden Modellen von Entschei-
dungsprozessen. Während die ersten Prozess-
schritte – von der Zielbildung über die Alterna-
tivensuche bis hin zur ersten Phase der Alter-
nativenbewertung – analog zum klassischen
Phasenmodell von Entscheidungsprozessen er-
folgen, wird die klassische Alternativenbewer-
tung mit der „Kontrolle der Interdependenzen“
um eine zusätzliche Plausibilisierungsinstanz
ergänzt, die vor dem finalen Entschluss eine
ausführliche Überprüfung der priorisierten Ent-
scheidungsalternative vornimmt (vgl. Abbildung 1).
Hierbei wird die zu treffende Entscheidung ei-
nem der sechs wesentlichen strategischen Ent-
scheidungsfelder von Fußballunternehmen zu-
geordnet und danach eine Überprüfung beste-
hender Interdependenzen vorgenommen. Auf
diese Weise sollen – gegebenenfalls durch An-
passungen der bis dato priorisierten Alternative
– negative Auswirkungen erkannt und abge-
schwächt sowie positive Zusammenhänge ver-
stärkt werden. Sind etwaige Adaptionen hinge-
gen nicht realisierbar, so ist die betrachtete
Entscheidungsalternative zu verwerfen und der
gesamte Prozess mit den übrigen Alternativen
so lange zu durchlaufen, bis eine für den Ent-
scheidungsträger optimale gefunden ist (vgl.
ausführlich Lorson 2018, S. 84 ff).
Die Grundgedanken dieses Entscheidungsmo-
dells lassen sich u. E. insbesondere für KMU
nutzen, um deren häufig bauchgesteuerten
strategischen Entscheidungsprozesse auf eine
rationalere Grundlage zu stellen. Da jedoch im
Gegensatz zu Fußballunternehmen keine be-
lastbaren Aussagen zur Stärke und Wirkungs-
richtung der Beziehungen zwischen den stra-
tegischen Entscheidungsfeldern vorliegen, sei
im Folgenden lediglich von der Existenz sol-
cher Beziehungen ausgegangen. Im Sinne ei-
ner besseren Deutbarkeit dieser erweist sich
die Zuordnung der Entscheidungsfelder zu den
vier Perspektiven einer Balanced Scorecard
als hilfreich. Zusätzlich sollen Aussagen zur
Förderung bzw. Beeinträchtigung der Unter-
nehmensvision durch bestimmte strategische
Entscheidungen und deren Auswirkungen
ermöglicht werden. Abbildung 2 skizziert
wesentliche, häufig auftretende strategische
Entscheidungsfelder (vgl. Hungenberg 2014,
S. 6ff.; Welge u. a. 2017, S. 516 ff.) und deren
potenzielle Interdependenzen untereinander
sowie zur übergeordneten Unternehmens­
vision von KMU.
Die Anwendung des Entscheidungsmodells in
einem KMU sei an folgendem Beispiel illust-
riert: Aufgrund einer kontinuierlichen Verringe-
rung der Wettbewerbsfähigkeit soll eine Diver-
sifikation des Produktportfolios im Zusam-
menhang mit einer verstärkten Internationali-
sierung erfolgen.
Strategische Entscheidungs-
findung in KMU
von Manfred Schorb und Annalena Lorson
Abb. 1: Modifiziertes Phasenmodell für den strategischen Entscheidungsprozess von Fußballunternehmen
Arbeitskreis Controlling-Professuren an Hochschulen
Arbeitskreis Controlling-Professuren an Hochschulen
Strategische Entscheidungsfindung in KMU
1...,56,57,58,59,60,61,62,63,64,65 67,68,69,70,71,72,73,74,75,76,...116
Powered by FlippingBook