CONTROLLER Magazin 2/2018 - page 74

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rere Größen von außen getriggert abhängig
schwanken.
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Zusammenfassung
Der Autor hat auf Basis langjähriger Erfahrun-
gen im Risikomanagement häufige gedankliche
Stolpersteine in diesem Themenfeld aufgenom-
men und einen Lösungsansatz aufgezeigt, der
sowohl den Grundsätzen der Statistik als auch
überarbeiteten oder neu erstellten Standards
(DRS 20, IDW PS 981) genügt. Es entsteht eine
realitätsnahe und gleichzeitig gut handhabbare
Methodik. Neben fundierten Betrachtungswei-
sen, die den Wert des Risikomanagements
deutlich werden lassen, ist ein solcher Blick auf
das Themenfeld auch aus Sicht einer Unterneh-
mensleitung dringend geboten. Die Nichtein-
haltung dieser Grundsätze kann für Mitglieder
von Unternehmensleitungen zur persönlichen
Haftungsfalle werden, weil im Schadensfall
dann der üblicherweise vorhandene Versiche-
rungsschutz der D&O-Versicherung zu versa-
gen droht. Die erläuterte Risikoquantifizierung
ist – neben dem Aufdecken möglicher be-
standsgefährdender Entwicklungen – insbe-
sondere wichtig für die Entscheidungsvorberei-
tung. Quantifizierte Informationen über die
Chancen und Gefahren (Risiken), die mit einer
Entscheidung verbunden sind, müssen der Un-
ternehmensführung gemäß §93 Aktiengesetz
als wichtigster Teil der geforderten „angemes-
senen Informationen“ belegbar vorliegen.
12, 13
Das Recht auf Irrtum (business judgement
rule) – und damit der Versicherungsschutz –
bleibt dann gewahrt, wenn ein Mitglied der
Unternehmensleitung als „ordentlicher Kauf-
mann“ handelt. Realitätsferne, die Wirklich-
keit nicht abbildende Ansätze sind damit ge-
nau so wenig vereinbar, wie die fehlende un-
abhängige Begutachtung durch das Risiko-
management bei wesentlichen Sachverhalten
(Funktionstrennung).
Reine gefühlsbetonte Entscheidungen sind
auch deswegen nicht zu empfehlen, weil das
häufig beschworene Bauchgefühl die Eigenheit
besitzt, auch dann eine Empfehlung zu geben,
wenn keine nutzbaren Erfahrungen vorliegen.
Auch ist durch die Zunahme von Komplexität
und sich schnell ändernden Randbedingungen
die alle Informationen über die möglichen
Schwankungen enthalten. Die Erstellung der je-
weiligen Funktion wird wie bereits erwähnt
nicht nur durch diese Werkzeuge erheblich un-
terstützt, sondern wie im Abbildung 9 zu sehen
auch grafisch angezeigt.
Der grau hinterlegte und mit „Modell“ gekenn-
zeichnete Bereich enthält die üblichen Verknüp-
fungen, die den problemspezifischen Zusam-
menhang der Eingangsgrößen im Sachverhalt
widerspiegeln. In der Abbildung 9 werden bei-
spielhaft die Eingangsgrößen jeweils mit einem
Faktor multipliziert und addiert und in der Er-
gebniszelle abgelegt.
Diese neben A liegende Zelle beinhaltet alle Er-
gebnisinformationen. Die Grafik daneben stellt
einige ausgesuchte dar. Hier können bereits der
Erwartungswert und Angaben zur Streuung des
Ergebnisses (Risiken und Chancen) entnom-
men werden. Die Auswertung verfügt also über
alle Informationen, die bereits im Ergebnis un-
seres Beispiels im ersten Teil besprochen wur-
den. Alle Simulationsläufe sind zusätzlich ab-
rufbar vorhanden. Es ist im Nachhinein exakt
überprüfbar, wie die Ergebnisse zustande ge-
kommen sind und welche Kombinationen von
Eingangsgrößen zum jeweiligen Ergebnis ge-
führt haben.
Ein unbestreitbarer Vorteil dieser Abbildungs-
methodik besteht darin, dass die ohnehin
meist in der Tabellenkalkulation vorhandenen
Modellansätze genutzt werden können. Für
Diskussionen im Unternehmen steht somit
eine allen Beteiligten vertraute Umgebung zur
Verfügung.
Die Wirklichkeitsnähe der Abbildung – es
schwanken sichtbar die Eingangsgrößen im
definierten Bereich, in denen sie tatsächlich
Schwankungen unterworfen sind – drückt sich
auch dadurch aus, dass bestehende Abhängig-
keiten (Korrelationen) zwischen Einflussgrößen
berücksichtigt werden. Dieses Vorgehen si-
chert damit eine Objektivierung von häufig ge-
fühlsbelasteten und somit subjektiv geprägten
Sichtweisen.
Ein solches Vorgehen ist auch nicht durch eine
klassische Sensitivitätsanalyse (variieren einer
Größe) ersetzbar, da in der Praxis häufig meh-
welchem Vorgehen der Vorrang zu geben ist.
Bei gleichen Chancen wird die Aussage, dass in
der ersten Variante in 80% der Fälle Schäden
bis 5 Mio. € möglich sind und in der zweiten
Variante bereits in 80% der Fälle Schäden bis
beispielsweise 10Mio. € inkludiert sind, deut-
lich für Variante 1 sprechen.
Praktische Umsetzung
der Quantifizierung
Zunächst wurde anhand des Beispiels be-
schrieben, wie derartige Probleme darstellbar
sind und was aus der Betrachtung eines Ein-
zelproblems herauszulesen ist. Da diese Auf-
gabenstellungen nicht neu sind, gibt es eine
Reihe von professionellen Lösungen, mit denen
die dargestellten Schritte mit geringem Auf-
wand abgebildet werden können. Einige dieser
Werkzeuge sind direkt in Tabellenkalkulations-
programme einbindbar. Die Software unter-
stützt den Anwender bei der Erstellung von
Funktionen für die schwankenden Eingangs-
größen beispielsweise aus historischen Daten-
reihen und übernimmt auch die Simulation. Als
Softwarebeispiele seien @risk, crystal ball oder
das Statistikpaket R mit Schnittstelle zum Ta-
bellenkalkulationsprogramm angeführt.
In der praktischen Umsetzung kann dann die im
Beispiel hergeleitete Vorgehensweise mit Hilfe
der genannten Werkzeuge in einer einzigen Zel-
le des Tabellenkalkulationsprogramms abgebil-
det werden. In der Abbildung 9 ist unser Bei-
spiel nicht isoliert, sondern als eine Eingangs-
größe in der Eingabezelle E1 gut zu erkennen.
Für die grundsätzliche Erläuterung des Werk-
zeuges soll der weit häufiger vorkommende
Sachverhalt betrachtet werden, dass mehrere
Einflussgrößen – in der Abbildung 9 sind es E1
und E2 – auf einen Sachverhalt wirken. Prob-
lemunabhängig ergibt sich immer ein ähnli-
ches Schema, wie es in dieser Graphik bei-
spielhaft demonstriert wird.
Praktisch werden mit diesen Werkzeugen Zel-
len, in denen sich zunächst statische aber in
der Praxis veränderliche Größen befinden, dy-
namisiert. Hier sind es die neben E1 bzw. E2
liegenden Zellen. In diesen Zellen liegen dann
keine Einzelwerte mehr sondern Funktionen,
Quantifizierung von schwankungsbehafteten Sachverhalten im RM
1...,64,65,66,67,68,69,70,71,72,73 75,76,77,78,79,80,81,82,83,84,...116
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