CONTROLLER Magazin 2/2018 - page 65

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sind auch die zusätzlichen Sozialversicherungs-
beiträge zu berücksichtigen. Dabei sollten die
Jahresarbeitsstunden des Unternehmers bei
der Bemessung des kalkulatorischen Unterneh-
merlohns berücksichtigt werden. Der Begriff
der „gleichwertigen Tätigkeit“ der LSP Nr. 24
(3) schließt nicht nur die Aufgaben, sondern
auch den konkreten Umfang der Unternehmer-
tätigkeit ein. Andernfalls wäre es für die Be-
messung des kalkulatorischen Unternehmer-
lohns beispielhaft unerheblich, ob der Unter-
nehmer halbtags oder ganztags im eigenen
Unternehmen arbeitet.
Die Spannbreite der wöchentlichen Arbeitszeit
von Geschäftsführern in Deutschland liegt bei
mehr als 90% zwischen 30 und 60 Stunden.
Auf Basis der Daten von Statista ergibt sich
dabei für 2017 ein Durchschnittswert von
9,2 Stunden pro Tag (vgl. Statista 2017). Unter
Berücksichtigung von Feiertagen, Urlaub,
Krankheit und Weiterbildung bleiben ca. 210
verfügbare Arbeitstage Demnach könnte die
Jahresarbeitsleistung eines Geschäftsführers
1.932 Stunden betragen.
Die Überlegungen zur durchschnittlichen Ar-
beitszeit eines Geschäftsführers wirken sich di-
rekt auf die anzusetzenden Kosten für einen
Einzelunternehmer oder Führungskräfte einer
Personengesellschaft aus. Unter Berücksichti-
gung des Opportunitätsgedankens sollte sich
die Anzahl der Jahresarbeitsstunden als Ein-
flussfaktor des kalkulatorischen Stundenlohnes
nicht an den tatsächlich geleisteten, sondern
an
den eben hergeleiteten üblichen Jahres-
handen sind, desto höher fällt die Anzahl der
Stundensätze aus. Darüber hinaus sollte der
Pool für eine Mitarbeiterkategorie so groß ge-
wählt werden, dass Zufälligkeiten in den Kos-
tensätzen, z. B. durch Langzeiterkrankungen,
vermieden werden. Letztlich bleibt die Anzahl
der Mitarbeiterkategorien und der Stundensät-
ze eine unter Abwägung von Erhebungswirt-
schaftlichkeit und Verursachungsgerechtigkeit
zu treffende unternehmensindividuelle Ent-
scheidung. Hierbei sollte der
Grundsatz „So
viele Stundensätze wie nötig, so wenig wie
möglich
.“ beherzigt werden.
Kalkulatorischer
Unternehmerlohn
Der kalkulatorische Unternehmerlohn ist allge-
mein gemäß LSP Nr. 24 (3) „in der Höhe des
durchschnittlichen Gehaltes eines Angestellten
mit gleichwertiger Tätigkeit in einem Unterneh-
men gleichen Standorts, gleichen Geschäfts-
zweigs und gleicher Bedeutung oder mit Hilfe
eines anderen objektiven Leistungsmaßstabes
zu bemessen. Die Größe des Betriebes, der
Umsatz und die Zahl der in ihm tätigen Unter-
nehmer sind zu berücksichtigen.“ Nach dem
Opportunitätskostenprinzip ist hier das Gehalt
echter Fremdgeschäftsführer zu berücksichti-
gen.
So orientiert sich auch ein Preisprüfer
bei der Bemessung des Unternehmerlohns
an Gehältern leitender Kräfte in der betref-
fenden Branche.
Dabei sind unter Würdigung
der Unternehmensgröße und Personalverant-
wortung Anpassungen erforderlich. Ergänzend
Auslastungsgrad
Damit stellt sich unmittelbar die Frage nach den
im Sinne der wirtschaftlichen Betriebsführung
gemäß § 5 (2) PreisVO i. V. m. LSP Nr. 4 als an-
gemessen erachteten Auslastungsgrad. Des-
sen Berechnung erfolgt, indem die tatsächliche
Beschäftigung in Relation zu der Basisbeschäf-
tigung der Mitarbeiter gesetzt wird (vgl. Ebisch
et al. 2010, LSP Nr. 4, Rdn. 24). Auch in die-
sem Zusammenhang konnte die Empirie diver-
gierende Ansätze der Preisprüfer beobachten
(vgl. Hoffjan/Georgi 2015, S. 147). Die in der
Prüfungspraxis akzeptierten produktiven Stun-
den liegen zwischen 90 und 100%. Bei um-
fangreicher werdenden Zeiten für interne Doku-
mentationspflichten und Wissensmanagement
erscheint grundsätzlich die pauschale An-
erkennung von unproduktiven Zeiten im
Umfang von 10% vertretbar.
Ein höherer An-
teil unproduktiver Stunden kann in Einzelfällen
denkbar sein, muss aber vorab vom Auftrag-
nehmer explizit nachgewiesen werden. Darüber
hinaus steht die pauschale Anerkennung einer
unproduktiven Zeit von 10% immer unter dem
Vorbehalt des Grundsatzes der angemessenen
Kosten unter wirtschaftlicher Betriebsführung.
Möglicherweise lassen sich über ein Mengen-
gerüst eindeutige Produktivitätsgrößen erhe-
ben, die eine gute branchenweite Vergleichbar-
keit erlauben.
Mitarbeiterkategorien
Die letzte Ausgestaltungsfrage betrifft die An-
zahl der zu berücksichtigenden Mitarbeiterka-
tegorien. Hier ist die zu beobachtende Spann-
breite zwischen ein bis zwei Stundensätzen, die
nach Kategorien aufgeteilt sind, bis hin zu mehr
als 50 Stundensätzen ausgesprochen weit. Die
Anzahl der unterschiedlichen Mitarbeiterkate-
gorien bzw. Stundensätze ist abhängig von der
Branche des Unternehmens sowie dem Routi-
nisierungsgrad der Leistungserstellung (vgl.
Georgi 2015, S. 178). In kompetitiven Bran-
chen, z. B. Beratung, scheinen tendenziell we-
niger starke Differenzierungen vorgenommen
zu werden als in Branchen mit wenig Konkur-
renz. Darüber hinaus scheint die Anzahl unter-
schiedlicher Stundensätze mit zunehmender
Routinisierung abzunehmen. Je mehr verschie-
dene Kompetenzen in den Unternehmen vor-
Autoren
Prof. Dr. Andreas Hoffjan
Lehrstuhl Unternehmensrechnung und Controlling,
TU Dortmund.
E-Mail:
Dr. Mathias Hennemann
hat am Lehrstuhl von Prof. Hoffjan promoviert und zu den Themen
F&E-Förderung sowie öffentliches Preisrecht geforscht.
E-Mail:
CM März / April 2018
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