CONTROLLER Magazin 2/2018 - page 64

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Ermittlung der Beschäftigungsbasis
Auch für die Ermittlung der Beschäftigungsba-
sis fehlen in den LSP und der Kommentierung
Anknüpfungspunkte zu deren Berechnung. Es
gibt keine verbindliche Regelung, wie die Jah-
resstundenkapazität exakt zu ermitteln ist. Eine
Befragung von Preisprüfern offenbarte unter-
schiedliche Berechnungsansätze (vgl. Hoffjan/
Georgi 2015, S. 148). Als Grundlage dienen
die maximal leistbaren Arbeitsstunden auf Ba-
sis der tariflich oder vertraglich vereinbarten
wöchentlichen Arbeitszeit. Unstrittig ist der Ab-
zug von Abwesenheitszeiten für Urlaub, Krank-
heit und im normalen betrieblichen Geschehen
anfallende Fortbildungen, da sie gewöhnlich
unmittelbar mit der Leistungserstellung in Ver-
bindung stehen (siehe Abbildung 3). Die als ab-
zugsfähig akzeptierten Fortbildungen oder
Krankheitstage werden je nach zuständigem
Preisprüfer als tatsächlich angefallene Zeiten
oder aber auf durchschnittlicher Basis berück-
sichtigt. Als sonstige nicht unmittelbar zur
Leistungserstellung beitragende Arbeitszeiten
gelten z. B. Besprechungen, Rüstzeiten oder
Wissensmanagement. Diese unproduktiven
Zeiten sollten Berücksichtigung finden, solange
der unter wirtschaftlicher Betriebsführung als
angemessen erachtete Auslastungsgrad nicht
unterschritten wird. Unklar ist dabei, ob tat-
sächlich geleistete – und ggf. gesondert ent-
lohnte – Überstunden in diese Beschäftigungs-
basis einzubeziehen sind. Nach aktueller Aus-
legung wird zumeist nur die Regelarbeitszeit
berücksichtigt.
·
Höhe des angemessenen Auslastungs-
grades bzw. unproduktive Zeiten sowie
·
Anzahl der Mitarbeiterkategorien.
Anrechenbare Personalkosten
Hinsichtlich des Umfangs der anrechenbaren
Personalkosten zeigen Studien, dass sich
Preisprüfer mit unterschiedlichen und intrans-
parenten Berechnungsgrundlagen konfron-
tiert sehen, die zum Teil über die mit der Leis-
tungserstellung in Verbindung stehenden Per-
sonalkosten hinausgehen (vgl. Hoffjan/Georgi
2015, S. 147). Aufgrund fehlender konkreter
Vorschriften oder Standards sind hier grund-
sätzlich
Interpretationen des Unterneh-
mens
erforderlich. Unstrittig ist der Ansatz
der originären Personalkosten, d. h. der Per-
sonalkosten je Mitarbeiterkategorie gemäß
Tarif- oder Arbeitsvertrag, sowie der Perso-
nalnebenkosten. Darüber hinaus sind in einer
zweiten Stufe die beanspruchungsgerecht zu
verteilenden Arbeitsplatzkosten zu berück-
sichtigen, insbesondere die Raumkosten und
die IT-Kosten. Eine im Sinne der LSP verursa-
chungsgerechte Kostenzuordnung würde
dazu interne Verrechnungspreise für die Büro-
IT pro Arbeitsplatz und für die Raumkosten
pro m² vorhalten. Die nicht verursachungsge-
recht verteilbaren Kosten, z. B. Zuschläge für
die allgemeine Verwaltung, sollten nicht mehr
auf die Personalkostensätze aufgeschlagen
werden. Diese Kosten sind dem klassischen
Overhead zuzuordnen.
tenpreisen steckt wie immer die Tücke im De-
tail.
Die besonderen Herausforderungen
beim preisrechtlichen Ansatz von Perso-
nalkosten
beziehen sich auf fünf Bereiche:
·
Berechnung von Mitarbeiterstundensätzen,
·
Kalkulatorischer Unternehmerlohn bei
Personengesellschaften,
·
Berücksichtigung variabler Gehalts-
bestandteile,
·
Behandlung von Abfindungen sowie
·
Pensionsrückstellungen.
Die Anwendungsprobleme bei Pensionsrück-
stellungen rühren daher, dass die Preisprüfer
diese Kostenposition abweichend vom Han-
delsrecht nur in ihrer steuerrechtlichen Höhe
anerkennen.
Seit dem BilMoG führen die er-
heblichen Bewertungsunterschiede zwi-
schen handels- und steuerrechtlichen An-
sätzen der Pensionsrückstellungen zu Ver-
lusten bei öffentlichen Auftragnehmern.
Diese preisrechtliche Problematik ist schon
ausführlich erörtert worden (vgl. Strickmann
2012). Daher widmen sich die nachfolgenden
Abschnitte den vier anderen Fragestellungen.
Ermittlung des Mitarbeiter-
stundensatzes
Insbesondere bei personalintensiven Dienst-
leistungen stellen Mitarbeiterstundensätze das
zentrale Instrument der Auftragskalkulation dar.
Die LSP sehen derweil keine konkreten Kalku-
lationsvorschriften hierzu vor. Dies führt in der
Anwender- und Prüfpraxis zu Unsicherheiten
und zu unterschiedlichen Herangehensweisen.
Im Ergebnis bestehen gravierende Unterschie-
de in der Berechnung der Mitarbeiterstunden-
sätze und somit letztlich auch der Selbstkos-
tenpreise. Dabei berechnen sich die Stunden-
sätze zunächst allgemein, wie in Abbildung 2
dargestellt.
Bei beiden relevanten Einflussgrößen führen
Auslegungsspielräume der LSP zu Divergenzen
bei Preisprüfungen. Dies betrifft die im Folgen-
den dargestellten Aspekte:
·
Umfang anrechenbarer Personalkosten,
·
Ermittlung der Beschäftigungsbasis,
Abb. 2: Berechnung des Mitarbeiterstundensatzes
Abb. 3: Ermittlung der Beschäftigungsbasis
Kalkulation von Personalkosten
1...,54,55,56,57,58,59,60,61,62,63 65,66,67,68,69,70,71,72,73,74,...116
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