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wird die Leistungserstellung im Rahmen von
Wertschöpfungsnetzwerken immer unabhängi-
ger von bestehenden Unternehmensgrenzen in
flexibler Weise und unter Einbeziehung von Part-
nern bzw. ganzer Eco-Systeme organisiert. Da-
bei gilt es, die Wechselwirkungen zwischen Digi-
talisierung der Produkte/Services und Digitalisie-
rung der Wertketten zu beachten.
Die Substitu-
tion ehemals physischer Güter durch digitale
Güter kann dramatische Auswirkungen auf
die Wertketten nach sich ziehen.
Wenn ein
physisches Produkt (z. B. Schlüssel, Geld) erst
einmal in ein digitales Produkt (z. B. ein Stück
Software oder eine App auf dem Smartphone)
umgewandelt wurde, bedeutet das nicht nur,
dass das physische Produkt nicht mehr benötigt
wird, sondern auch die ganze dahinterliegende
Wertkette (Maschinen, Rohstoffe, etc.).
Veränderung des Wettbewerbsumfeldes
Im Kontext der steigenden Informationsintensi-
tät in Produkten/Services und Wertketten ist
eine massive Veränderung des Wettbewerbs-
umfelds beobachtbar. Während Unternehmen
aus traditionellen Branchen versuchen, ihre di-
gitale Kompetenz entlang der Wertkette und
der Produkte/Service aufzubauen, weiten sog.
Digitale Champions, wie z. B. Alphabet oder
Amazon, ihr Betätigungsfeld auf neue Bran-
chen und Wertketten/-teile aus. Deutlich er-
kennbar ist auch die Etablierung von Plattform-
und Eco-System-Ansätzen (vgl. Abbildung 3).
Die Erschließung und Nutzung von Information
ist damit zu einem zentralen Wettbewerbsfaktor
geworden. Ziel ist es, nicht mehr nur Informati-
onen als Grundlage für aktuelle Entscheidun-
gen im angestammten Geschäftsumfeld zu
nutzen. Informationen sind vielmehr selbst Be-
standteil von Innovationen, welche Geschäfts-
modelle grundlegend verändern können.
Nutzung von Daten und Analytik
im Rahmen der Digitalen Trans-
formation
Der richtige Umgang und Einsatz dieser Res-
source entscheidet daher mehr darüber, ob es
gelingt, sich im Wettbewerb zu behaupten. Viele
Unternehmen beginnen zwar erst damit, das
Digitalisierung der Wertkette
Darüber hinaus ist eine immer stärkere Digitali-
sierung der Wertketten bzw. einzelner Wert-
schöpfungsstufen zu beobachten. Dies führt zu
einer immer stärkeren Verlagerung von Kun-
denkontakten, Distribution und Vertrieb in die
Informationssphäre. Cyberphysische Systeme
(CPS) ermöglichen im Rahmen von Smart-Fac-
tory-Ansätzen eine völlig neue Produktionslo-
gik. Werkstoffe sind eindeutig identifizierbar, je-
derzeit lokalisierbar und kennen ihre Historie
sowie ihren aktuellen Zustand. Neue Ferti-
gungsverfahren wie additive Manufacturing
(„3-D Druck“) beeinflussen die industrielle Fer-
tigung in Richtung einer dezentralen und selbst-
steuernden Produktion bis hin zur Losgröße 1,
die vollständig automatisiert erfolgen kann. Zu-
dem werden die Arbeitsteilung und Vernetzung
massiv vorangetrieben, z. B. in Form von CPS-
Plattformen. Dies führt zu einer Neuorganisati-
on von Wertschöpfungsstufen. Teilweise fallen
einzelne Stufen der Wertschöpfung komplett
weg, z. B. da Hersteller den direkten Kontakt zu
den Endkunden suchen, andererseits kommen
neue Marktteilnehmer hinzu, die sich mit digita-
len Services/Produkten gezielt in bestimmte
Bereiche von Wertketten drängen. Insgesamt
·
Digitale Produkte erlauben ein Tracking der
tatsächlichen Nutzung des Produktes eben-
so wie ein Monitoring der direkten Reaktion
auf Veränderungen des Produkts.
·
Digitale Produkte ermöglichen umfassen-
des Dynamic Pricing. D. h. Preise können
sehr viel schneller z. B. realtime und flexibler
auf Gruppen oder Einzelkunden angepasst
werden. Die Preisgestaltung kann dabei an
kundenindividuelle Merkmale wie z. B. Kauf-
historie, Kaufvolumen, Umgebungsbedin-
gungen (wie z. B. Device (Smartphone, PC),
Standort (GPS-Daten)) und Uhrzeit ange-
passt werden.
·
Digitale Produkte ermöglichen eine sehr fle-
xible Gestaltung von Produktvarianten, bei
der der Kunde auch nach dem eigentlichen
Kauf beliebig Zusatzfunktionen upgraden
kann.
·
Der Nutzungszweck digitaler Produkte ist
nicht begrenzt. Informationen, die an einer
Stelle anfallen (z. B. über die Nutzung eines
digitalen Produktes) können beliebig mit an-
deren Informationen (z. B. sozio-demografi-
schen Daten) kombiniert und weiterverwen-
det werden, um daraus neue Informationen
beispielsweise für neue Produkte oder
Dienstleistungen abzuleiten.
Autoren
Prof. Dr. Andreas Seufert
lehrt Betriebswirtschaftslehre und Informationsmanagement an der
HS Ludwigshafen. Er ist Direktor des Institus für Business Intelligence
an der Steinbeis Hochschule Berlin, Direktor des Business Innovation
Labs der HS Ludwigshafen und Leiter des Fachkreises „BI/BigData-
Controlling“ im Internationalen Controller Verein (ICV).
E-Mail:
Matthias von Daacke
hat über 20 Jahre Controlling- und Managementerfahrung in
produzierenden mittelständischen Unternehmen verschiede-
ner Branchen, davon 3 Jahre in den USA. Er ist Director Cont-
rolling der BLANCO Gruppe und Mitglied der Geschäftsleitung
sowie Board Member mehrer ausländischer Tochtergesell-
schaften. Seit 2015 gehört er dem Vorstand des Internationa-
len Controller Vereins e.V. (ICV) an.
Ralph Treitz
ist Gründer und Board Member der Trufa Inc., San Mateo CA, USA
und Geschäftsführer der deutschen Trufa GmbH, Heidelberg. Trufa
betreibt angewandte Forschung und Produktentwicklung im Be-
reich Statistical Analytics. Produkte sind Entscheidungsfindungs-
systeme zur Steuerung und Optimierung von Unternehmen.
Information als strategische Ressource