CONTROLLER Magazin 6/2017 - page 44

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Vieles ist schon darüber geschrieben worden,
was Digitalisierung für die Controller bedeuten
wird. Das Spektrum reicht von einer virulenten
Gefahr für den ganzen Berufsstand über neue
spannendende Analyseaufgaben bis hin zu
einer zentralen Funktion der Steuerung aller
damit verbundenen Umwälzungen. Bei letzte-
rer Rolle geht es darum, die unterschiedlichen
Digitalisierungsaktivitäten im Unternehmen
gemeinsam zu betrachten, sie aufeinander
abzustimmen und die daraus resultierenden
Veränderungen umzusetzen. Gefordert ist hier
eine Gesamtperspektive.
Gerade auf eine solche sind Controller traditio-
nell stolz, zählen sie doch aufgrund ihrer zent-
ralen Rolle in der Abstimmung aller Teilpläne zu
den (ganz) wenigen, die noch das gesamte Un-
ternehmen überschauen. Controller könnten
nun also in die Funktion eines „Chief Digital
Officers“ wachsen. Gehen wir im Folgenden
von dieser potenziellen Rolle aus, quasi dem
Best Case für Controller. Welche Kenntnisse
und Fähigkeiten sind erforderlich sie auszufül-
len? Fünf zentrale Felder möchte ich im Folgen-
den herausheben.
Denken in Geschäftsmodellen
Beginnen wir mit einem Bereich, der sich ein-
fach anhört. Wie sollten Controller ohne Kennt-
nis der Geschäftsmodelle vernünftig planen
und kontrollieren können? Denken Controller
aber wirklich grundlegend und konsequent ge-
nug? Betrachten wir dazu ein Beispiel, das mir
naheliegt: Hochschulen. Deren Geschäftsmo-
dell liegt schon seit Jahrhunderten fest: Beson-
ders qualifizierten (jungen?) Menschen wird ein
organisiertes Lernen „von Angesicht zu Ange-
sicht“ in Hörsälen und Seminarräumen angebo-
ten, verbunden mit der Möglichkeit des Lernens
aus Büchern. Wie sähe der digitale Gegenent-
wurf aus? Vielleicht ist das eine Institution, die
sich darauf beschränkt, einen erzielten Wis-
sensfortschritt auf Hochschulniveau mit einem
„Reputationsstempel“ zu versehen, die also
ausschließlich Prüfungen abnimmt und Titel
verleiht. Wie der einzelne Studierende den Wis-
sensfortschritt erreicht, bleibt ihm überlassen.
Das Angebot entsprechender Kurse im Internet
ist schon heute groß, häufig didaktisch top.
Warum soll man zum Lernen von Kostenrech-
nung zu einem eher lustlosen Professor in einen
Hörsaal gehen? Warum nicht zuhause lernen,
wenn gerade Zeit dafür ist, Lernbereitschaft
besteht, Ruhe herrscht?
In Geschäftsmodellen zu denken, heißt also
sehr grundsätzliche Fragen zu stellen. Wozu
dient eine Hochschule „eigentlich“? Der Wis-
sensvermittlung oder aber gleichzeitig auch der
Entwicklung von besonders qualifizierten Men-
schen durch enge persönliche Interaktion? Ist
Hochschulbildung eine individuelle Aktivität
oder ein soziales Erlebnis? Für letzteres bedeu-
tet Digitalisierung keine Gefahr, sondern eine
sehr hilfreiche Unterstützung. Für eine reine
Wissensvermittlung kann sie ein „game chan-
ger“ sein. Sind die Controller derzeit in der
Lage, Geschäftsmodelle radikal genug zu den-
ken? Haben sie genügend Übung darin?
Steuerung bei und von
hoher Unsicherheit
Controller sind bisher eher im Standardge-
schäft zuhause. Zwar war Unsicherheit schon
immer relevant: Wechselkursverhältnisse,
Was muss ein Controller alles wissen,
wenn er die Digitalisierung steuern will?
von Jürgen Weber
Was muss ein Controller alles wissen, wenn er die Digitalisierung steuern will?
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