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semantisch zusammenzuführen, diese zu
analysieren und zielgruppengerecht für eine
Entscheidungsunterstützung aufzubereiten.
Obwohl die Aufgaben häufig mit Microsoft Of-
fice Tools wie Excel, Access und PowerPoint
oder speziellen Fachbereichslösungen erledigt
werden, trifft diese Arbeitsbeschreibung sehr
genau viele gebräuchliche Definitionen von
Business Intelligence.
Kontrollverlust der Fachbereiche?
Mit der IT-technischen Professionalisierung der
genannten Aufgaben, und einer neuen organi-
satorischen Zuordnung zumeist in der IT-Orga-
nisation, befürchten Fachbereiche einen deut-
lichen Kontrollverlust oder nehmen diesen nach
der Umsetzung bereits wahr. Die zunehmende
Bedeutung von Self-Service BI kann auch als
Symptom für zu stark zentralisierte BI-Systeme
gesehen werden, und in aller Regel auch für
Prozesse, die den Anforderungen einzelner
Fachbereiche nicht mehr gerecht werden. Der
Zielkonflikt zwischen Stabilität und Flexibilität
bzw. Agilität scheint allgegenwärtig.
Die Diskussion über Self-Service BI fokussiert
momentan stark die eingesetzten Tools. Der
Erfolg von Tools wie QlikView oder auch SAP
Lumira verdeutlicht die Sehnsucht der Fachbe-
reiche nach Handlungsfähigkeit. Dabei ist die
Entscheidung für solche Tools nur teilweise
durch die Technologie getrieben. Die Organisa-
tionsentscheidung zur Wiedererlangung der
Kontrolle ist von gleicher oder sogar noch grö-
ßerer Bedeutung.
Die Gefahr, dass durch die Einführung von
Self-Service BI Tools jedoch erneut Fach-
bereichslösungen losgelöst von einer über-
geordneten Governance entstehen, ist nicht
zu unterschätzen.
Dies würde die BI-Strategie
in weiten Teilen in Frage stellen, und eine Rea-
lisierung des Potenzials einer modernen BI-
Landschaft erschweren. Die häufig formulierte
Forderung im Controlling, mehr Zeit für Analyse
bzw. wertschöpfende Tätigkeiten zu haben, und
weniger Aufwand in der Datenverarbeitung zu
investieren, könnte nur schwer erreicht werden.
Verstärkt wird dieser Trend dadurch, dass klas-
sische BI-Themen in ihrer Priorität oft hinter
den Hype-Themen Big Data etc. zurücktreten
und entsprechende Ressourcenverschiebun-
gen zum Leidwesen der abhängigen Fachberei-
che entschieden werden.
Lösungsansatz:
Governance und Freiheitsgrade
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Business In-
telligence ist es, dieses Dilemma aufzulösen.
Dabei kommt dem Aspekt der Organisation in
der BI-Strategie eine entscheidende Bedeutung
zu. Diese muss den Fachbereichen die für ihre
Aufgaben nötigen Freiheitsgrade garantieren
und gleichzeitig eine geeignete Governance zur
Einhaltung definierter Standards und Methoden
durchsetzen.
Grundsätzlich gilt nach wie vor, dass Business
Intelligence gesamthaft entlang der bereits ge-
nannten Dimensionen betrachtet werden muss:
·
Fachlichkeit & Inhalt
(Informationsbereitstellung)
·
Technologie & Architektur
·
Organisation & Governance
Ziel der Betrachtung ist es, die drei Hand-
lungsfelder in ihren Abhängigkeiten zu behan-
deln, um das Potenzial von Business Intelli-
gence in allen Bereichen zu heben.
Der sys-
temimmanente Trade-off zwischen Stabi-
lität und Flexibilität/Agilität kann nicht
vollständig
aufgelöst werden.
Ein deutlich
höheres Niveau ist jedoch erreichbar und
kann so vermeintliche Zielkonflikte zwischen
den Organisationseinheiten abschwächen.
Eine zu starke Zentralisierung von Business-In-
telligence-Aufgaben führt häufig zur Überlas-
tung von liefernden Einheiten, hohem Abstim-
mungsaufwand und langen Warte- und Ent-
wicklungszeiten. Daher wird an dieser Stelle
eine Unterscheidung von Kernaufgaben und er-
weiterten BI-Aufgaben empfohlen. Da selbst
agile Methoden die genannten Probleme viel-
fach nur unzureichend adressieren, wird außer-
dem empfohlen, erweiterte BI-Aufgaben de-
zentral in Fachbereichen anzusiedeln.
Unterscheidung in Kern- und erweiterte
BI-Aufgaben
Hier findet das Konzept eines stabilen BI-
Kerns, der um dezentrale Freiheitsgrade er-
gänzt wird, in allen drei Handlungsfeldern An-
wendung. Im Bereich der Informationsbereit-
stellung kann es etwa unternehmensweit ein-
heitliche Grundsätze zum Corporate Design
geben, wobei in verschiedenen Fachbereichen
ergänzende Regeln wie etwa die
Anwendung
der International Business Communica-
tions Standards (IBCS)
vorgeschrieben wer-
den. Globale Architekturentscheidungen kön-
nen durch definierte Self-Service Lösungen er-
gänzt werden, die vollständig in der Verantwor-
tung der Fachbereiche liegen. Ein zentrales BI
Competence Center kann durch in den Fach-
bereichen bereitgestellte Key User ergänzt
werden, die einen First und Second Level Sup-
port für die ihnen zugeordneten User anbieten.
Die Ausgestaltung ist entsprechend der Rah-
menbedingungen nicht nur unternehmensindi-
viduell zu gestalten, sondern muss auch die
unterschiedlichen Bedarfe und Ansprüche ein-
zelner Fachbereiche berücksichtigen. So wird
ein Data Scientist deutlich mehr Freiheitsgrade
genießen als etwa ein reiner Berichtsempfän-
ger im Facility Management.
Für Controlling-Abteilungen ist es in aller Regel
essentiell, nicht nur hochgradig flexible Analyse-
möglichkeiten vorzufinden, sondern bei Bedarf
auch Standard Reports kurzfristig zur ergänzen
oder zu verändern. Neben der Möglichkeit, diese
Autor
Dipl.-Kfm. Rainer Schauer
ist Partner bei der Beratungsfirma Business Intelligence Kompe-
tenzteam und verantwortet als Geschäftsführer die Themen BI
Strategie und Enterprise Performance Management.
E-Mail:
0171-146 04 01
Business Intelligence & Enterprise Performance Management – Das Zusammenwachsen zweier Welten?