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„Big Data“, „Industrie 4.0“ und „Digitalisierung“
sind in aller Munde und das nicht nur als Heils-
bringer. Der „Jobkiller Digitalisierung“ führt in
vielen Branchen und auch im Controlling zu ei-
nem potenziellen Ersatz des Menschen. Glaubt
man diesen düsteren Szenarien, so übernehmen
Algorithmen zukünftig weitgehend die Steue-
rung der Geschäftsprozesse.
Der Manager
entscheidet allein auf Basis der Informatio-
nen, die in Echtzeit automatisch auf sein
Handy übermittelt werden. Den Controller
sucht man in diesen Prognosen vergeblich.
Nüchterner betrachtet ist Controlling seit jeher
eine Funktion, bei der Tätigkeiten wie etwa Da-
tenanalyse, Datenbeurteilung, Informationsbe-
schaffung und Informationsverarbeitung den
Kern bilden. Reichmann hat dies in das Zentrum
seiner Controlling-Konzeption gestellt, indem er
Controlling als die „zielbezogene Unterstützung
von Führungsaufgaben, die der systemgestütz-
ten Informationsbeschaffung und Informations-
verarbeitung … dient“, (Reichmann 2016, S.
310) definiert.
Bei näherem Hinsehen geht es
also lediglich um neue Technikentwicklun-
gen, die – wie in der Vergangenheit auch –
Auswirkungen auf die Tätigkeiten des Cont-
rollers haben werden.
Vor diesem Hintergrund
versucht der Beitrag auf Basis einer zeitlichen
Einordnung der Entwicklung der Informationsver-
arbeitung im Controlling ausgewählte Beispiele
für die neuen Anwendungsfelder der Technik
darzustellen und deren Auswirkungen auf die
Kompetenzen der Controller zu skizzieren.
Vom Controlling zum
Smart Controlling
Noch vor wenigen Jahren wurde Big Data als rei-
ner Trend der Informationstechnik propagiert.
Zunächst stand die Schnelligkeit, die Möglich-
keit extrem große Datenmengen zu verarbeiten
und deren neue Vielfalt (z. B. Analyse von Bil-
dern, Videos, Positionsdaten, Logdaten aus Ma-
schinen, Beziehungsdaten) im Zentrum der Dis-
kussion. Grundsätzlich kann Big Data als Weiter-
entwicklung der Analyse und Nutzung von Daten
betrachtet werden. Mit Big Data verwandte Be-
griffe wie „Decision Support“, „Executive Sup-
port“, „Online Analytical Processing“, „Business
Intelligence und Analytics“ sind seit langem im
Controlling bekannt. Zu Beginn der Entwicklung
war vielen Controllern allerdings nicht klar, wel-
che Möglichkeiten im eigenen Arbeitsbereich
durch die Technik existieren, obwohl viele Unter-
suchungen schon früh zeigten, dass insbeson-
dere in den Funktionen Controlling, Vertrieb und
Marketing besonders große Einsatzpotenziale
schlummern (vgl. Seufert 2014). Ein Grund hier-
für ist sicher, dass die Digitalisierung des Cont-
rollings schon mit dem Einsatz von Tabellenkal-
kulationen in den 1980er Jahren eine sehr lange
Tradition hat. Selbst die Basisdaten für das Con-
trolling wurden schon seit den 1970er Jahren
auf Großrechnern erzeugt und für das Control-
ling bereitgestellt. Zudem werden seit langem
aufwändige und leistungsstarke BI-Systeme und
Analysewerkzeuge im Controlling eingesetzt.
Controlling war also immer mit IT verbunden
und damit quasi „digitalisiert“.
Von Big Data zu Smart Data
Mittlerweile sind in den Unternehmen erste
Big-Data-Anwendungen umgesetzt, so dass
nicht mehr die große Datenmenge von Bedeu-
tung ist, sondern der innovative Verwendungs-
zweck im Vordergrund steht. Hieraus hat sich in
letzter Zeit „Smart Data“ als Begriff heraus
kristallisiert, der den Innovationscharakter der
Datennutzung betont. Demgemäß definiert
Jähnichen
Smart Data wie folgt:
„Smart Data = Big Data + Nutzen + Semantik
+ Datenqualität + Sicherheit + Datenschutz =
nutzbringende, hochwertige und abgesicherte
Daten“ (Jähnichen 2015, S. 1).
Intelligente Algorithmen
Intelligente Algorithmen werden eingesetzt, um
die großen Datenmengen sinnvoll zu nutzen so-
wie Datensicherheit und -schutz zu gewährleis-
ten.
Die Daten sind demnach nur die Aus-
gangsbasis, gewissermaßen der Rohstoff,
für die nachgelagerte „Veredelung“ in Form
von wertstiftenden Informationen.
Hierbei
kommt der Entwicklung neuer Geschäftsmo-
delle mit neuen, bislang nicht erhobenen Daten
eine besondere Bedeutung zu. Als historisches
Beispiel sei die weltweite Erhebung und Ver-
wendung von Geodaten (z. B. Straßen, Auto-
bahnen), Fotos (z. B. Straßen, Häuser, Denkmä-
ler) und Metadaten (z. B. Point of Interests)
durch die Anwendung „Google Streetview“ zu
nennen, die heute in unterschiedlichen Facet-
ten eingesetzt wird und neue Geschäftsmodel-
le ermöglicht. Dabei werden betriebswirt-
schaftliche Aspekte der Datennutzung intensi-
ver diskutiert (vgl. Bange et al. 2015). Das Bun-
deswirtschaftsministerium fördert durch
zahlreiche Maßnahmen die Weiterentwicklung
und Umsetzung von „Smart Data“ in der deut-
schen Wirtschaft (vgl. BMWI 2016).
Überträgt man den Gedanken „Smart“ auf das
Controlling, kommt man zum „Smart Control-
ling“. Hierunter werden alle IT-getriebenen,
innovativen Methoden und Instrumente zur
Führungsunterstützung durch Koordination und
Informationsversorgung, die weit über das
Smart Controlling – Führungsunterstützung
im digitalen Wandel
von Andreas Gadatsch, Alfred Krupp und Andreas Wiesehahn
Smart Controlling