CONTROLLER Magazin 2/2017 - page 72

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tig kündigen oder herabsetzen. Zudem könnte
die spätere Refinanzierung erschwert werden.
Es empfiehlt sich rechtzeitig eine offene Kom-
munikation mit den betroffenen Stakeholdern,
insbesondere mit Analysten und Ratingagentu-
ren. Zu prüfen wäre auch, ob man Leasingver-
träge vermehrt als Short-term-leases oder
Small-ticket-leases gestaltet, damit sie nicht in
der Bilanz auftauchen. Zudem könnten Unter-
nehmen statt Leasingverträgen vermehrt
Dienstleistungsverträge abschließen, die nicht
in der Bilanz abgebildet werden.
Da Leasinggeschäfte für die Leasingnehmer
durch die Standardänderung grundsätzlich an
Attraktivität verlieren, könnten Leasinggeber
verstärkt unter Druck kommen. Es ist zu erwar-
ten, dass die Leasinggeber versuchen, durch
Gestaltungsspielräume, alternative Angebote
und Innovationen das Marktpotential zu si-
chern. Die Marktmacht der Unternehmen, die
weiterhin Objekte leasen möchten, könnte sich
somit steigern. Es wird nicht ausbleiben, dass
der Markt der Leasinggeber sich einer Konsoli-
dierung unterzieht und insbesondere kleinere
Wettbewerber aus dem Markt ausscheiden
werden.
Im Extremfall ist das Geschäftsmo-
dell der gesamten Leasingbranche gefähr-
det.
Ein kontinuierliches Monitoring des Mark-
tes und der Anbieter ist somit erforderlich. Ge-
genläufig könnten klassische Bankkredite als
Leasingersatz verstärkt nachgefragt werden.
Die Finanzierungsbranche könnte darüber hin-
aus diese Entwicklung zum Anlass nehmen,
neue Finanzierungsprodukte als Leasingsubsti-
tut zu entwickeln. Bislang bilanzneutrale Sale-
and-lease-back-Geschäfte
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dürften durch die
Änderungen an Attraktivität verlieren.
Der Einsatz und die bilanzielle Behandlung von
Leasinggeschäften werden sich in den nächs-
ten Jahren verändern und sowohl Risiken als
auch Chancen mit sich bringen. Es liegt an den
die intern Leasingverhältnisse betreiben und
gleichzeitig als Leasinggeber und Leasingneh-
mer auftreten. Vermögensgegenstände könn-
ten somit unter gewissen Umständen doppelt
oder überhaupt nicht bilanziert werden.
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Gege-
benenfalls muss die Konzernbilanz deswegen
zusätzlich konsolidiert bzw. angepasst wer-
den. Der Verwaltungsaufwand wird auch aus
diesen Gründen steigen. Ebenfalls zu prüfen
ist, ob der Leasingstandard im Unternehmen
erst ab 2019 angewendet wird oder ob bereits
das Jahr 2018 aus Gründen der Vergleichbar-
keit der Jahresabschlüsse betroffen ist.
Branchenunterschiede
Zu beachten ist zudem, dass die Auswirkun-
gen einerseits von der Branche, andererseits
von der Häufigkeit des Leasingeinsatzes durch
das Unternehmen selbst abhängen. Eine
Musterlösung für alle Unternehmen kann es
deswegen nicht geben. Leasingaffine Bran-
chen, die von der Neuregelung eher betroffen
sein werden, sind beispielsweise Fluglinien,
Telekommunikationsunternehmen und Logisti-
ker sowie Unternehmen, die Immobilien mie-
ten bzw. leasen (u. a. Handel).
Das Controlling ist gefordert
Das Controlling von den betroffenen Unter-
nehmen ist frühzeitig gefordert, die Chan-
cen aus der Umstellung zu nutzen und die
Risiken zu minimieren.
Die Änderungen
könnten beispielsweise zum Anlass genommen
werden, die Kapitalstruktur zu optimieren.
Mögliche Auswirkungen auf Covenants
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bei
Fremdkapitalgebern sollten genau geprüft wer-
den. Im Extremfall könnten Kapitalgeber bei
Verfehlen der vereinbarten KPIs aufgrund der
neuen Leasingbilanzierung Kreditlinien kurzfris-
elle Berichterstattung.
Durch den IFRS 16
werden zukünftig mehr Leasingverhältnisse in
der Bilanz des Leasingnehmers gezeigt als
beim bisherigen Standard IAS 17. Dadurch er-
höhen sich das Fremdkapital und die Bilanz-
summe. In Folge dessen verändern sich wichti-
ge ratingrelevante Kennzahlen: Der Verschul-
dungsgrad
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steigt beispielsweise und die aus-
zuweisende Eigenkapitalquote sinkt, auch
wenn keine wirtschaftlichen Veränderungen
eintreten. Das Kreditrating könnte sich deswe-
gen verschlechtern mit der Folge, dass die Fi-
nanzierungskonditionen steigen. Die Kapital-
kosten würden sich bei angenommen unverän-
dertem Kapitalkostensatz (weighted average
cost of capital / WACC) aufgrund der gestiege-
nen Kapitalkostenbasis erhöhen.
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Wegen der erhöhten Bilanzsumme könnte sich
auch die Gesamtkapitalrentabilität
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verringern.
Einige Gewinnkennzahlen wie z. B. das EBIT
und das EBITDA würden sich hingegen durch
den IFRS 16 verbessern, da die Leasingraten
nicht mehr wie bislang in der Gewinn- und
Verlustrechnung (GuV) in voller Höhe vor dem
EBIT abgebildet werden, sondern nur noch der
Abschreibungsanteil (als amortization). Der
Zinsaufwandsanteil ist in der Regel Teil des Fi-
nanzergebnisses nach dem EBIT und schlägt
erst auf den Gewinn vor Steuern (EBT) und
den Jahresüberschuss durch. Welcher der
beiden gegenläufigen Effekte sich stärker auf
die Gesamtkapitalrentabilität auswirkt, ist im
Einzelfall zu prüfen.
Auswirkungen frühzeitig bedenken
Den Unternehmen wird angeraten, frühzei-
tig die potentiellen Auswirkungen zu quan-
tifizieren
und die aktuellen Leasingverhältnis-
se zu erfassen, zu prüfen und zu analysieren.
Nach IAS 17 als Operate-Leasing klassifizierte
Leasingverhältnisse mussten bislang bei der
Rechnungslegung nicht erfasst werden.
Es ist
zu erwarten, dass auf die Unternehmen in-
terne Umsetzungskosten zukommen.
Durch
den konzeptionellen Bruch bei der Bilanzierung
beim Leasinggeber (weiter nach IAS 17) kann
es sein, dass ein Leasingobjekt im selben Zeit-
raum sowohl beim Leasinggeber als auch beim
Leasingnehmer in der Bilanz steht. Eine beson-
dere Herausforderung ist dies bei Konzernen,
Autor
Dipl.-Betriebswirt (FH) Dominik Heberling
ist seit 2006 im Controlling tätig. Seine Schwerpunkte sind
u. a. Management Reporting, Forecasting und Budgeting.
E-Mail:
IFRS-Leasingbilanzierung ab 2019
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