Controller Magazin 3/2017 - page 71

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Welche Prozesse eignen sich
nun besonders gut zur Automati-
sierung und in welchen Bereichen
rechnen wir damit, dass der Faktor
Mensch eine immer kleinere Rolle
spielen wird?
Grundsätzlich können Automatisierungen in al-
len Bereichen erfolgen. Allerdings bieten einige
Bereiche ein besonders hohes Potenzial für den
Automatisierungsgrad. Dazu gehören u. a.:
-
Intercompany Abstimmprozesse,
-
Debitorenbuchhaltung,
-
Forderungsverkäufe abwickeln,
-
Budgetierung,
-
Forecasting,
-
Ermitteln von Kennzahlen
und Nachverfolgung,
-
Eingangsrechnungen empfangen
und scannen,
-
Rechnungserstellung,
-
Einkaufscontrolling – Spend Management,
-
Erstellung von Management-Berichten.
Bei den genannten Prozessbereichen handelt es
sich nur um den Teil, der über RPA abgebildet
werden kann,
also regelbasiert mit einfachen
Algorithmen
. Eine Betrachtung von Prozessen,
bei denen AI zum Einsatz kommen kann (z. B.
Zahlungsprozesse), soll hier nicht erfolgen, da
für den Finanzbereich noch nicht sehr viele pra-
xistaugliche Beispiele vorliegen. Es ist aber da-
von auszugehen, dass sich dies in naher Zukunft
ändern wird und AI Bestandteil der Automatisie-
rungsstrategie der Finanzorganisation wird.
Gemäß unserer Beschreibung in Abbildung 1
der zukünftigen Finanzorganisation ist diese
dreigeteilt, und zwar in die Bereiche Analyse
Kompetenz Zentrum, Integrated Business Ser-
tiger Steigerung der Produktivität der Mitar-
beiter um den Faktor 2-3.
Es gilt grundsätzlich
zwischen zwei Arten
von RPA zu unterscheiden
; nämlich die re-
gelbasierte Automatisierung und die Automa-
tisierung unter Zuhilfenahme von Künstlicher
Intelligenz. Mit Hilfe der
regelbasierten Au-
tomatisierung
werden einfache, strukturierte
Geschäftsprozesse, die sich häufig wiederho-
len, anstelle vom Business Anwender durch
ein Programm ausgeführt, ohne dass dabei
menschliches Urteilsvermögen erforderlich
ist. Demgegenüber ermöglicht RPA unter
Ein-
beziehung von künstlicher Intelligenz
AI
(AI: Artificial Intelligence) die Automatisierung
von Prozessen, die menschliches Verhalten
und Denken erfordern.
Im Gegensatz zur regelbasierten Automatisie-
rung sind keine vorstrukturierten und wieder-
holbaren Geschäftsprozesse erforderlich.
Vielmehr
sind selbstlernende Algorithmen
inzwischen in der Lage, über Schnittstel-
len mit dem User zu interagieren
. Mit Hilfe
von Techniken wie Spracherkennung und vi-
sueller Wahrnehmung wird menschliche Ent-
scheidungsfindung adaptiert und zur Abarbei-
tung von Geschäftsprozessen eingesetzt. Ins-
gesamt bieten jedenfalls beide Varianten der
RPA hochgradig innovative Konzepte und
Werkzeuge, um nicht nur bereits bestehende
Prozesse der neuen Finanzorganisation zu au-
tomatisieren, sondern gänzlich neuartige Pro-
zesse zu entwickeln und einzusetzen.
und mit minimalem externen Eingriff abgear-
beitet werden.
Wird über Automatisierung von Geschäftspro-
zessen gesprochen, ist immer wieder vom Be-
griff der Robotik die Rede. Einem weiten Ver-
ständnis zufolge ist Robotik ein interdisziplinä-
res Teilgebiet der Ingenieurswissenschaften.
Es umfasst die Fachbereiche Informatik, Ma-
schinenbau und Elektrotechnik, um Design
und Entwicklung von automatischen, pro-
grammierbaren Maschinen zu erforschen. Un-
serem Artikel liegt jedoch ein engeres Ver-
ständnis zugrunde.
Danach wird Robotik als
Software-Technologie verstanden, die es
ermöglicht, sich häufig wiederholende,
strukturierte Geschäftsprozesse zu auto-
matisieren
(Barnett, 2017). Dabei simuliert
Software die Interaktion eines Business An-
wenders mit einer bestehenden Applikation,
um strukturierte Geschäftsprozesse automa-
tisch auszuführen.
Diese Art der Technologie wird als
Robotic
Process Automation (RPA)
bezeichnet und
ist bereits heute für die rasante Automatisie-
rung und Digitalisierung einer Vielzahl von Pro-
zessen in Rechnungswesen und Controlling
verantwortlich. Neueren Forschungen und ak-
tuellen Marktanalysen zufolge könnten bis
zum Jahr 2030 ca. 47% aller Berufe automa-
tisiert werden (Frey/Osborn, 2017). Dabei
kann der Einsatz von RPA-Werkzeugen spezi-
ell in der Finanzorganisation eine Kostener-
sparnis von bis zu 40% erzielen, bei gleichzei-
Abb. 3: Notwendige Eigenschaften des Controllers
Autoren
René Kuhr
ist Senior Principal bei Accenture Strategy (Office Hamburg) im
Bereich Finance & Enterprise Performance Management.
Seine Themenschwerpunkte liegen im Bereich Digitale
Transformation und Controlling.
E-Mail:
Karim Derbal
ist Technology Consultant bei Accenture (Office München) im
Bereich Finance und Controlling mit dem Schwerpunkt Prozes-
sautomatisierung.
E-Mail:
CM Mai / Juni 2017
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