Controller Magazin 3/2017 - page 79

77
Die Gliederung erfolgt nach der Logik der Bi-
lanzanalyse. Auf der Aktivseite steht das inves-
tierte Kapital, auf der Passivseite die Finanzie-
rung. Das Eigenkapital (Gezeichnetes Kapital +
Rücklagen) ist 330, die Eigenkapitalquote
33%. Das ist ein guter Wert. Das Working Ca-
pital der finanziellen Stabilität (WC) = Umlauf-
vermögen (UV) – Kurzfristiges Fremdkapital
(KFK). Aus den Zahlen der Planbilanz errechnet
sich ein WC von -40. Das bedeutet, dass ein
Teil des Anlagevermögens kurzfristig finanziert
ist. Ein vorsichtiges, langfristig orientiertes Ma-
nagement wird auf Fristenkongruenz setzen
und die Finanzstruktur aus eigener Kraft än-
dern. Es will aus dem Ergebnis des Planjahres
40 in die Gewinnrücklagen einstellen. Dieses
Geld steht zur Tilgung kurzfristiger Kredite zur
Verfügung. Bilanziell handelt es sich um einen
Passivtausch von kurzfristigem Fremdkapital
zu Eigenkapital.
Der Gewinnbedarf ergibt sich aus folgenden
Ansprüchen:
a. Eigentümer: 15% Dividende des
gezeichneten Kapitals
30
b. Kreditgeber: Fremdkapitalzinsen
50
c. Unternehmen selber: Rücklagen-
zuführung
40
d. Staat: Ertragsteuern 30%
30
--------
Plan-Betriebsergebnis vor
FK-Zinsen und Steuern
150
Dividende (30) und Rücklagenzuführung (40)
stammen aus dem versteuerten Ergebnis; sie
sind nach Steuern zu rechnen. Die FK-Zinsen
(50) sind abzugsfähiger Aufwand, also vor
Steuern zu rechnen. Bei einer durchschnittli-
chen Ertragsteuer (Körperschaftsteuer, Solida-
ritätszuschlag, Gewerbesteuer) von 30% blei-
ben nach Steuern 70% des ursprünglichen Er-
gebnisses übrig.
Die Rechnung:
(30 + 40) : 70% = x : 100%
70x = 70 · 100
x = 100 Ergebnis vor Steuern
+ 50 nicht zu versteuernde FK - Zinsen
150 Gewinnbedarf
Somit ergibt sich folgende Plan-Schlussbilanz,
wie in Abbildung 6 dargestellt.
ander, es ist ein Geben und Nehmen. Adam
Smith hat sein bekanntestes Werk „Wohlstand
der Nationen“ genannt. Ludwig Erhards „Wohl-
stand für alle“ war ein Leitmotiv für die Soziale
Marktwirtschaft in Deutschland. Diese beiden
Buchtitel drücken aus, dass es allen gut gehen
soll. Mein wichtigster Lehrer an der Hochschu-
le für Welthandel in Wien in der ersten Hälfte
der 1960er Jahre war Erich Loitlsberger. Er
sagte in einer Vorlesung: „Die Wirtschaftswis-
senschaft ist die Wissenschaft von der Beseiti-
gung der Armut.“ Dieser Satz hat mich nicht
mehr losgelassen (ich war auch 3 Jahre Assis-
tent bei ihm). Ganzheitliches Denken habe ich
gelernt und praktizieren können in einem
schwäbischen Familienunternehmen. In den
Führungsgrundsätzen des Unternehmens, an
denen ich mitarbeiten durfte, war ein Punkt
„die Tätigkeit des Unternehmens zum Nutzen
der Gesellschaft ausrichten.“ 1974 kam ich zur
Controller Akademie, die Albrecht Deyhle 1972
gegründet hatte. In der Pionierphase mitge-
stalten zu dürfen, ist Herausforderung und
Glück. In dieser Zeit ist ein Leitsatz für das Be-
richtswesen aus der praktischen Arbeit in ei-
nem Unternehmen entstanden: „
Inform
ation
bringt
in Form
und schafft Vertrauen“ (1981).
Information ist Voraussetzung für gute fachli-
che Arbeit, sie bringt fachlich in Form; aber
nicht nur, denn wer informiert wird, fühlt sich
wichtig genommen, miteinbezogen, weiß Be-
scheid – das schafft Vertrauen. Dieser Leitsatz
passt auch zum Thema Zielvereinbarung. Und
er passt zum besseren Verständnis und Mitei-
nander von Gemeinwohl, Unternehmenswohl
und Wohl des Einzelnen.
Die Ertragsteuern
im Gewinnbedarfsbudget sind die rechne-
rische Verknüpfung von Gemeinwohl und
Einzelwohl.
Ein Beispiel zum Prinzip des Gewinnbedarfs-
budgets sieht man in Abbildung 5. Es wird aus
einer vorläufigen Planbilanz abgeleitet.
Dr. Pühringer, Sie sprachen vom Steuern Ihrer
verschiedenen Projekte. Für die Finanzierung der
Projekte können Sie auch das Wort Steuern ge-
brauchen, allerdings im Sinne von Einnahmen.
Was halten Sie von der Idee, dass Controller im
Unternehmen sich um eine korrekte Berechnung
der Ertragsteuern kümmern? Der nächste Red-
ner im Programm hat als Funktionsbezeichnung
‚Leiter Finanzen und Compliance’. Mit Compli-
ance ist gemeint, nach den für das Unterneh-
men aufgestellten Regeln und nach den gelten-
den Gesetzen zu arbeiten, also auch nach den
Steuergesetzen. Würde es Ihnen als Kümmerer
um das Gemeinwohl gefallen, wenn Controller
im Unternehmen für korrekte Steuererklärungen
sorgten? Und noch eine Bemerkung: Die Steuer-
flüchtlinge sind die teuersten Flüchtlinge.“
Ich war erstaunt, ja ein wenig erschrocken,
dass 360 Zuhörer so still sein können. Nach ei-
nigen Schrecksekunden sprang Landeshaupt-
mann Pühringer auf und rief in den Saal: „Dann
könnte ich ja meine Steuerfahnder sparen!“ Mit
diesem Satz war klar, dass Dr. Pühringer auch
wie ein Controller denken kann. Das Können
und das Gehalt der Steuerfahnder oder eines
Teils von ihnen könnte er sicher nutzbringend
an anderer Stelle einsetzen.
„Wirkung & Effizienz des Controllings in Zeiten
des Wandels“ war der Titel der 15. CIS Control-
ling Insights Steyr. 5 Vortragende kamen aus ge-
winnorientierten Unternehmen, einer ist Chef ei-
ner Landesregierung, die sich mit ihren Behör-
den um das Gemeinwohl kümmert. Unterneh-
men und jeder Einzelne als Steuerbürger haben
Nutzen von der zur Verfügung gestellten Infra-
struktur wie Verkehrswege, Bildungseinrichtun-
gen, Rechtssysteme, Sicherheit.
Die Steuern
dienen der Finanzierung des Gemeinwohls.
Das Wohl der Unternehmen, das Wohl jedes
Einzelnen und das Gemeinwohl bedingen ein-
Abb. 6: Plan-Schlussbilanz; eigene Darstellung
CM Mai / Juni 2017
1...,69,70,71,72,73,74,75,76,77,78 80,81,82,83,84,85,86,87,88,89,...116
Powered by FlippingBook