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2 etwas besser aussieht als die für die Aktionä-
re optimierte. In Phase 3 sei der Turnaround
geschafft und es startet die Ergebniskosmetik
in der Management-zentrierten Vorgehenswei-
se. Dies hat seine Vorteile für das Management,
weil dann auch in der Folgeperiode 4 eine Er-
gebnissteigerung ausgewiesen werden kann,
während die ehrliche Vorgehensweise bereits
einen leichten Ergebnisrückgang verkraften
muss. Es ist offensichtlich, welche Strategie für
das Management angenehmer ist. Auch in den
weiteren Phase 5 und 6 werden extern steigen-
de Ergebnisse gezeigt, wobei die Maßnahmen
– wie oben beschrieben – immer härter wer-
den. Dies führt dann in Phase 7 zum erneuten
Zusammenbruch und dem Austausch des Ma-
nagements. Und der für die Aktionäre teuflische
Zyklus startet von vorne.
Aktionärzentriertes Management
Im Aktionär-zentrierten Management hingegen
wird auf die Tricks verzichtet, wodurch die Er-
gebnisse in den Phasen 4-6 (Spalte 4) zu-
nächst hinterherhinken. Aber die ehrliche Vor-
gehensweise zahlt sich in Phase 7 aus, weil
kein Zusammenbruch erfolgt. Allerdings kann
sich der so agierende Manager nicht sicher
sein, ob er bei der Ergebnisstagnation überle-
ben wird oder ob er durch Schaumschläger er-
setzt wird. Welche Vorgehensweise ist nun aus
Sicht der Aktionäre die bessere? Zur Beant-
wortung dieser Frage wurden die Ergebnisse
der verschiedenen Perioden abgezinst (Spalten
4 und 6 in Abb. 3) und dann aufaddiert. Die
Barwertsummen in der letzten Zeile zeigen
deutlich die Überlegenheit der ehrlichen Aktio-
när-zentrierten Strategie (Barwert 377,4) ge-
Tricks (siehe die späteren Phasen) zustande ge-
kommen, so dass anfangs der ersten betrach-
teten Phase 1 der Zusammenbruch erfolgt und
das Management ausgetauscht wird. Wie be-
schrieben ist dann eine Überreaktion nicht sel-
ten, weil die Verluste auf das alte Management
geschoben werden können und damit die
Messlatte für die eigenen zukünftigen Leistun-
gen sehr tief gelegt wird. Es sei angenommen,
dass das Management durch Wertberichtigun-
gen, Abfindungen, Produkteinstellungen usw.
in Phase 1 ein Eat von -100 GE (Spalte 1 in Ab-
bildung 3) erzeugt habe, während ein für die
Aktionäre optimiertes Verhalten nur einen Ver-
lust von -50 GE erfordert hätte (Spalte 4). Um
Gesamtaussagen machen zu können, müssen
die Ergebnisse zeitlich vergleichbar gemacht
werden. Dafür erfolgt eine Abzinsung auf den
Zeitpunkt t=0, da angenommen wird, dass die
Ergebnisse jeweils am Jahresende zufließen.
Phase 2: Durch die stärkere Korrektur in Phase
1 (Spalte 1 vs. Spalte 4) können in der zweiten
Phase mehr Rückstellungen aufgelöst werden,
so dass die tatsächliche Entwicklung in Phase
kaum noch möglich, weil die vorgezogenen Ge-
winne der Vorperioden eine große Hypothek für
die laufende Periode bedeuten. Erschwerend
und negativ für die Aktionäre kommt hinzu,
dass dringend nötige Korrekturmaßnahmen
verzögert werden, weil sie zunächst Ergebnis
kosten. So werden die Probleme immer größer.
Aber die Boni fließen ... bis zum großen Knall.
Das Management wird entlassen und mit dem
neuen Management geht es mit einer neuen
Phase 1 wieder von vorne los.
Langfristiger Schaden
für die Aktionäre
In jeder der beispielhaft beschriebenen 6 Pha-
sen agiert das Unternehmen suboptimal, so
dass der Aktionär insgesamt an Unterneh-
menswert verliert, auch wenn zwischenzeitlich
höhere Gewinne ausgewiesen werden können.
Sie sind dann auf Kosten der Zukunft erreicht
worden.
Verdeutlichung an einem fiktiven Beispiel
Ausgangspunkt sei die Phase 0, in welcher das
Unternehmen einen Gewinn nach Steuern (Eat:
Earnings after taxes) von 100 Geldeinheiten
(GE) ausgewiesen habe (Spalte 1 in Abb. 3).
Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass
das Eat eigentlich nicht die adäquate Größe ist,
weil sie die Verzinsung des Eigenkapitals nicht
enthält. Dies kann in anderen Zusammenhän-
gen zu massiven Problemen führen (vgl. Hoberg
(2016), S. 1 ff.). Aber im Rahmen dieses Bei-
trags ist dieser Aspekt nicht so wichtig. Das Eat
von 100 GE in Phase 0 sei nur noch mit allen
Abb. 3: Geschäftsentwicklung: Tatsächliche vs. optimale Vorgehensweise
Abb. 4: Geschäftsentwicklung: Tatsächliche vs. frühzeitig eingreifende Vorgehensweise
CM Mai / Juni 2017