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stabilen Gewinnerhöhungstrend zeigen zu
können. Die erwähnte Erhöhung der Eigenzu-
lassungen in der Autobranche kann als Bei-
spiel gelten. So lag bei Opel die Quote in 2016
fast bei 50% (vgl. T-Online vom 6.12.2016, S.
1). Damit werden bereits Gewinne realisiert,
obwohl die Fahrzeuge noch nicht beim End-
kunden angelangt sind. Dies ist meistens nicht
mehr im Interesse der Aktionäre, denn die ei-
gen zugelassenen Fahrzeuge müssen im
nächsten Jahr mit hohen Rabatten verkauft
werden und verstopfen die Pipeline für neue
Fahrzeuge.
Ähnlich problematisch ist die Unterlassung von
Entscheidungen, die kurzfristig das Ergebnis
belasten, langfristig aber notwendig und für die
nachhaltige Gewinnentwicklung wichtig sind.
Dies gilt für die meisten Investitionsentschei-
dungen. Bei ihnen entsteht im Startjahr meis-
tens zunächst ein negativer Ergebniseffekt, weil
z. B. Investitionen in Personal oder in Marken
nicht aktiviert werden dürfen. Man lebt in die-
sen Fällen also auf Kosten der Zukunft, wobei
die Grenzen der Gesetze noch nicht überschrit-
ten werden, auch wenn man sich manchmal
fragen muss, ob ggf. Untreue gegenüber dem
Arbeitgeber vorliegt. Aber die Boni fließen ...
In dieser Phase kann es sein, dass die Manager
den Boden der Tatsachen verlieren und sich
einbilden – wohl auch aus Selbstschutz –, dass
alles mit rechten Dingen zugeht.
Die postfak-
tische Phase ist damit erreicht.
Leider trifft
man nicht selten Manager, die Probleme vehe-
ment verleugnen und Kritiker entsprechend
brutal angehen.
Phase 6: Ergebnismanipulation
außerhalb der Gesetze
Wenn die noch halbwegs legalen Tricks ausge-
schöpft sind, so müssen die Manager entweder
den Offenbarungseid leisten oder zu illegalen
Manipulationen greifen. Da die Manager schon
in den vorgelagerten Stufen nicht mehr im Sin-
ne der Eigenkapitalgeber gehandelt haben, ist
das Eingestehen der Fehltaten außerordentlich
schwierig. Denn die Wahrscheinlichkeit ist
hoch, dass sie dann sofort ihren Posten verlie-
ren würden. Insofern werden dann einige Ma-
nager kriminell, um die Enttarnung noch etwas
aufzuschieben. Denn eine saubere Lösung ist
me ein deutlich besseres Ergebnis gezeigt wer-
den. Die Maßnahmen scheinen also zu greifen
und die Aktionäre sind zunächst einmal zufrie-
den mit der Aufwärtsbewegung. Dass das Un-
ternehmen in einer noch besseren Ausgangs-
position sein könnte, wird nicht untersucht. Und
die Boni fließen ...
Phase 3: Ergebnisdämpfung
Die Verbesserungen haben gegriffen und die
externen Analysten können wieder zuverlässi-
gere Prognosen liefern, welche dann von den
Managern erreicht werden müssen. Im Rahmen
des Ergebnismanagements versuchen sie, sich
in der Aufwärtsbewegung Reserven zu schaf-
fen, solange die Resultate weiterhin gut sind.
Ziel ist es, die Analystenvorhersagen nur knapp
zu übertreffen. Die Differenz zum möglichen
höheren Ergebnis wird mit den oben beschrie-
benen Maßnahmen „gebunkert“ für schlechte
Zeiten. Und die Boni fließen ...
Phase 4: Ergebniskosmetik
Die Analysten fordern unerbittlich bessere Er-
gebnisse, auch um ihre eigenen Aktienempfeh-
lungen zu stützen. Aber kein Geschäft entwi-
ckelt sich ununterbrochen positiv. Sobald es
Probleme mit der Zielerreichung gibt, werden
viele Manager gegensteuern. Zunächst können
sie noch Ergebnisreserven, die in Phase 3 ge-
bildet wurden, mobilisieren. Auch können bis-
her vorsichtige Bilanzierungspraktiken in neut-
rale verwandelt werden. Wenn vorher aus Vor-
sichtsgründen eher zu kurz abgeschrieben
wurde, könnte nun die tatsächlich erwartete
Nutzungsdauer oder eine leicht höhere ange-
setzt werden. Wenn das nicht mehr reicht, wer-
den teilweise Maßnahmen ergriffen, welche
schon als Manipulation bezeichnet werden
müssen. Aber die Boni fließen ...
Phase 5: Ergebnismanipulation
im Rahmen der Gesetze
Da die Maßnahmen der Ergebniskosmetik
häufig zulasten der Folgeperioden erreicht
wurden, müssen immer härtere Maßnahmen
durchgeführt werden, um nach außen einen
selten geprüft. Zu Recht beginnt das neue Ma-
nagement seine Aufgabe mit einer Bestands-
aufnahme, um auf deren Basis neu starten zu
können. Darin enthalten ist das Aufräumen von
Altlasten.
Es kommt allerdings nicht selten vor, dass das
neue Management überreagiert, weil es im
Übergangsjahr nicht verantwortlich ist. Je mehr
Probleme noch auf das alte Management ge-
schoben werden können, umso strahlender ist
dann der Ergebnisanstieg im Folgejahr. Was aus
Sicht der Manager noch halbwegs verständlich
ist, muss aus Shareholdersicht hart kritisiert
werden. Denn im Übergangsjahr entstehen dann
zusätzliche Verluste, welche nur die Aktionäre zu
tragen haben. Häufig trösten diese sich mit dem
Gedanken, dass die harten Maßnahmen unver-
meidlich waren. Aber dies ist nicht immer der
Fall. Nicht selten werden Mitarbeiter mit hohen
Abfindungen entlassen, die man kurze Zeit spä-
ter eigentlich wieder brauchen würde. Es entste-
hen also mehrfache Schäden:
a) Zu hohe Kosten z. B. für Abfindungen
im Übergangsjahr
b) Glaubwürdigkeitsprobleme bei dem
verbleibenden Teil der Mitarbeiter mit der
Gefahr der Abwanderung der Leistungs-
träger
c) Operative Friktionen, weil Mitarbeiter
fehlen bzw. eingeschüchtert sind
d) Verlust von Knowhow, das später teuer
wieder aufgebaut werden muss
e) Schwächung der Marktposition mit nega-
tiven Folgen in den kommenden Perioden.
Durch diese Folgen kann der Ergebniseffekt viel
tiefer und langwieriger sein als er sein müsste.
Aber dies tritt nicht zutage, weil es kein verläss-
liches Reporting in Krisenzeiten gibt.
Denn es
gibt im Rechnungswesen keine Zahlen für
nicht getätigte Investitionen und Umsätze
oder eine Unterscheidung in notwendige
und nicht notwendige Kosten.
Und die ent-
täuschten Aktionäre sind kaum in der Lage zu
beurteilen, ob die harten Einschnitte vollum-
fänglich notwendig waren.
Phase 2: Große Ergebnissteigerung
Aufgrund der sehr viel niedrigeren Basis im
Übergangsjahr kann im Folgejahr ohne Proble-
Teuflischer Zyklus gegen Aktionäre