55
          
        
        
          Auch am ERP-System-Markt werden die Sys-
        
        
          teme in externe Rechenzentren ausgelagert,
        
        
          dort von den
        
        
          Cloud-Service-Providern
        
        
          (CSP)
        
        
          betrieben, gewartet und über das Inter-
        
        
          net als SaaS bereitgestellt. Die
        
        
          Migration von
        
        
          ERP-System-Anwendungen in die Cloud
        
        
          bietet neue Chancen
        
        
          , birgt aber naturgemäß
        
        
          auch neue Risiken. Angesichts der steigenden
        
        
          Relevanz der SaaS und der seit den 1990er
        
        
          Jahren ungebrochenen Bedeutsamkeit der
        
        
          ERP-Systeme kann angenommen werden,
        
        
          dass sich ERP-Systeme aus der Cloud wohl zu
        
        
          einer der bedeutendsten SaaS-Applikationen
        
        
          für Unternehmen und im Speziellen für KMU
        
        
          entwickeln könnten
        
        
          („ERP-as-a-Service“
        
        
          (ERPaaS))
        
        
          , wodurch auch Chancen und Risi-
        
        
          ken für das Controlling entstehen (vgl. Peng/
        
        
          Gala (2014), S. 23). Vorliegender Beitrag be-
        
        
          schäftigt sich deshalb mit den Chancen und
        
        
          Risiken von ERPaaS gegenüber on-premise
        
        
          ERP-System-Lösungen.
        
        
          
            Chancen von ERPaaS gegenüber
          
        
        
          
            on-premise Lösungen
          
        
        
          Bei der
        
        
          Implementierung klassischer on-
        
        
          premise ERP-Systeme
        
        
          müssen erhebliche
        
        
          finanzielle, personelle und zeitliche Ressour-
        
        
          cen sowohl für die Implementierung, als auch
        
        
          für den Betrieb und die Wartung von ERP-Sys-
        
        
          temen sowie die notwendige Betriebsausstat-
        
        
          tung (z. B. Hardware, Räumlichkeiten für Re-
        
        
          chenzentren) aufgebracht werden (vgl. Elragal/
        
        
          Kommos (2012), S. 2; Makkar/Meenakshi
        
        
          (2012), S. 141). Vor allem für KMU sind die ho-
        
        
          hen
        
        
          Total Cost of Ownership
        
        
          (TCO) und der
        
        
          zeitaufwändige Implementierungsprozess oft-
        
        
          mals ausschlaggebend für die Nichteinführung
        
        
          von on-premise ERP-Systemen. Demgegen-
        
        
          über bietet
        
        
          ERPaaS als on-demand-Benut-
        
        
          zungsservice von Soft- und Hardware Un-
        
        
          ternehmen zumeist kurzfristige Kosten-
        
        
          einsparungspotenziale und eine verein-
        
        
          fachte Implementierung
        
        
          (vgl. Arnesen
        
        
          (2013), S. 48; Benlian et al. (2009), S. 14). Bei
        
        
          ERPaaS entfällt die Entrichtung der einmaligen
        
        
          Lizenzgebühr für die Anschaffung der Soft-
        
        
          ware, da die ERP-Systeme ausschließlich on-
        
        
          demand über das Internet benutzt werden und
        
        
          die CSP im Besitz der Software bleiben. Die
        
        
          Vergütung der Services erfolgt in Abhän-
        
        
          gigkeit von Nutzungsumfang
        
        
          , -intensität,
        
        
          und -dauer (z. B. genutzte Module) (vgl. Jose-
        
        
          fiok/Göring/Rohde (2014), S. 28; Kleinert/
        
        
          Sontow (2010), S. 24). Die Gebühren für die
        
        
          Nutzung werden dabei
        
        
          üblicherweise mo-
        
        
          natlich abgerechnet, wodurch sie für das
        
        
          Controlling besser planbar und die TCO
        
        
          meist geringer
        
        
          als die von intern gehosteten
        
        
          ERP-Systemen sind (vgl. Arnesen (2013), S.
        
        
          48; Elragal/Kommos (2012), S. 7; Johansson/
        
        
          Ruivo (2013), S. 95). Die geringeren TCO kön-
        
        
          nen damit begründet werden, dass durch das
        
        
          Outsourcing und die gemeinsame Nutzung vir-
        
        
          tueller IT-Ressourcen eine
        
        
          Aufteilung der
        
        
          Kosten auf eine Vielzahl an Nutzern erfolgt
        
        
          ,
        
        
          wodurch die finanziellen Aufwendungen für die
        
        
          Hardware wesentlich reduziert werden können
        
        
          (vgl. Gill (2011), S. 45; Kleinert/Sontow (2010),
        
        
          S. 25). Zunächst sind weniger oder gar keine
        
        
          zusätzlichen Server nötig, da die CSP die ge-
        
        
          samte IT-Infrastruktur als SaaS über das Inter-
        
        
          net zur Verfügung stellen und darauf die ent-
        
        
          sprechenden ERP-Systeme betreiben. Infolge
        
        
          der geringeren notwendigen Hardwareausstat-
        
        
          tung fallen für die Unternehmen weniger Tätig-
        
        
          keiten hinsichtlich Implementierung, Administ-
        
        
          ration und Wartung der IT-Systeme an, wo-
        
        
          durch Personalressourcen (auch im Control-
        
        
          ling) geschont werden können.
        
        
          Da die Kernkompetenz der CSP in der Bereit-
        
        
          stellung zuverlässiger, möglichst fehlerfreier
        
        
          Services besteht und die Implementierungen
        
        
          zahlreich erprobt sind, ist von einer geringeren
        
        
          Ausfallswahrscheinlichkeit auszugehen. Soll-
        
        
          ten dennoch Probleme auftreten, ist eine
        
        
          schnellere Behebung derartiger Ausfälle im
        
        
          Vergleich zur Wiederherstellung durch die ei-
        
        
          gene IT-Abteilung anzunehmen (vgl. Bitkom
        
        
          (2009), Internet, S. 71). Dadurch können Un-
        
        
          terbrechungen des operativen Geschäfts, die
        
        
          erhebliche Kosten nach sich ziehen können,
        
        
          verkürzt bzw. minimiert werden. Des Weiteren
        
        
          entfällt für die Unternehmen das Erstellen re-
        
        
          gelmäßiger Backups. Deren Daten sind auf
        
        
          den Servern der CSP abgespeichert und da-
        
        
          her
        
        
          übernehmen diese auch die Sicherung
        
        
          der Daten
        
        
          (vgl. Arnesen (2013), S. 49; Benli-
        
        
          an et al. (2009), S. 15; Makkar/Meenakshi
        
        
          (2012), S. 143). Das Betriebsrisiko wird durch
        
        
          hohe Wartungsfrequenzen, regelmäßige Da-
        
        
          tensicherungen und umfangreiche Recovery-
        
        
          Services zusätzlich vermindert (vgl. Kleintert/
        
        
          Sontow (2010), S. 26).
        
        
          Eine weitere Chance von ERPaaS bietet die
        
        
          Verkürzung der Implementierungsdauer
        
        
          , da
        
        
          der Implementierungsprozess weitgehend von
        
        
          den CSP durchgeführt wird. Neben der Zeitein-
        
        
          sparung bei der Implementierung kann der
        
        
          Zeitaufwand auch bei der Suche nach externen
        
        
          Partnern, Schulungen sowie Minimierung pro-
        
        
          visorischer Schnittstellen reduziert werden, wo-
        
        
          durch KMU profitieren können. Darüber hinaus
        
        
          erlaubt die zeitliche Reduktion bzw. der Wegfall
        
        
          der Mitarbeit bei einer ERP-System-Implemen-
        
        
          tierung dem Personal (z. B. Controllern), sich
        
        
          stärker auf die operativen Aufgaben zu konzen-
        
        
          trieren (vgl. Elragal/Kommos (2012), S. 9; Gill
        
        
          (2011), S. 45).
        
        
          Bei ERPaaS (as a service) werden von den Soft-
        
        
          wareanbietern standardisierte, branchenspezi-
        
        
          fische best-practice Geschäftsprozesse vorge-
        
        
          geben, die
        
        
          in einem deutlich geringeren
        
        
          Umfang als bei on-premise ERP-Systemen
        
        
          individualisierbar sind
        
        
          und an interne Ablauf-
        
        
          strukturen angepasst werden können (vgl. Ar-
        
        
          nesen (2013), S. 49; Johansson/Ruivo (2013),
        
        
          S. 98). Die Vorgabe dieser standardisierten Ge-
        
        
          schäftsprozesse wird in der Literatur kontrovers
        
        
          diskutiert. Einerseits entfällt die Entwicklung
        
        
          kundenindividueller Geschäftsprozesse und die
        
        
          geringere Individualisierbarkeit sowie der höhe-
        
        
          re Grad an Standardisierung können zu einer
        
        
          beträchtlichen Verkürzung der Implementie-
        
        
          rungszeit und zu einer Verringerung der Kosten
        
        
          beitragen (vgl. Johansson/Ruivo (2013), S. 98).
        
        
          Andererseits wird dies als Nachteil angesehen,
        
        
          da
        
        
          kundenspezifische Geschäftsprozesse
        
        
          nur sehr eingeschränkt im ERPaaS abgebil-
        
        
          det
        
        
          werden können und
        
        
          daher die Geschäfts-
        
        
          prozesse der Unternehmen oftmals an das
        
        
          EPRaaS anzupassen sind
        
        
          . KMU benötigen
        
        
          verglichen mit Großunternehmen tendenziell
        
        
          kein hohes Maß an Individualisierung, da deren
        
        
          Geschäftsprozesse sich zumeist (noch) nicht so
        
        
          komplex darstellen (vgl. Josefiok/Göring/Rohde
        
        
          (2014), S. 28). Demnach können sie bei einer
        
        
          gezielten Auswahl des richtigen ERPaaS-Anbie-
        
        
          ters durchaus von den vorgegebenen Standard-
        
        
          prozessen profitieren.
        
        
          Neben den Kosten- und Zeiteinsparungspoten-
        
        
          zialen ist eine weitere Chance von ERPaaS in
        
        
          der
        
        
          Vereinfachung von Upgrades
        
        
          zu sehen.
        
        
          On-premise ERP-Systeme erfordern nicht nur
        
        
          eine Installation der Software auf jedem einzel-
        
        
          
            CM Mai / Juni 2017