Controller Magazin 3/2017 - page 53

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Controller an den Kopf geworfen werden,
wenn er selbstverständliche Gewohnheiten
angreift.
·
Und schließlich den
Mut zum Aufbrechen
bestehender „abteilender“ Hierarchien
zu-
gunsten von prozessbezogener Führung. Das
erscheint mir aus meinen vielfältigen prakti-
schen Erfahrungen als das massivste Hinder-
nis. Das Denken und Handeln „in Silos“ erweist
sich oft als wesentlich stärker gegenüber logi-
scher Rationalität. Da werden nicht nur Macht-
positionen berührt, sondern auch tief verwur-
zelte Menschen- und Strukturbilder.
Daran zeigt sich, wie stark die praktische
Transformation von Geld in Kaufkraft und
die damit verbundene Knüpfung und Nut-
zung von Wertschöpfungs-Netzwerken mit
der alltäglich gelebten Kultur im Unterneh-
men zusammenhängt.
Darauf wird der kom-
mende Beitrag eingehen.
Fußnoten
1
Vgl. ControllingWiki, Stichwort „Risikoma-
2
Schmidt, W. et.al. (2015): „Moderne Wertori-
entierung“ (aus der Schriftenreihe „Leitfaden“
des Internationalen Controller Vereins), Haufe,
S. 145.
3
Vgl. Dieter Zetsche – Bremst Erfolg den Er-
folg;
bremst-erfolg-den-erfolg-713; 10.05.2016.
4
Vgl. Feldmann, C. (2016): Interview zum The-
ma „Einkaufcontrolling“, in Klein, A. / Schentler,
P. (Hrsg.): Der Controlling-Berater, Bd. 46, Hau-
fe, S.15.
5
Vgl. Schmidt, W. (2016): PreisGeld – mehr als
eine Recheneinheit, in Controller Magazin
6/2016, S. 69.
6
Abb.4 ist angelehnt an den ICV-Leitfaden zu
Controlling und Qualität; vgl. Vieregge, R. et.al.
(2014).
7
Vgl. Kamiske, G.F. (2010): Effizienz und Qualität:
Systematisch zum Erfolg, Symposion, S. 47 ff.
8
S. FN 5.;
9
Vgl. Little, A.D. (1997): Management von In-
novation und Wachstum, Gabler, S. 303 ff.
lem bei der Entwicklung neuer Produkte und
Leistungen angewandt. Die Idee der Zielkosten-
planung kann aber auch – über den Entwick-
lungsbereich hinaus – als Instrument der lang-
und mittelfristigen Orientierung des gesamten
Unternehmens genutzt werden. Ausgangspunk-
te sind dann zum einen Kundengruppen-spezifi-
sche Preis- und Absatz-Einschätzungen und
zum anderen das zu erwirtschaftende Gewinn-
volumen, das zur Finanzierung der Strategie
mindestens erforderlich ist. Aus den Preis- und
Absatz-Einschätzungen ergeben sich Anforde-
rungen an die Finanzierung adäquater Aktivitä-
ten für F&E, Marketing & Kommunikation und
die Qualitätspolitik.
Im Ergebnis entsteht eine
Orientierung für die erlaubten Kosten in den
Fertigungs-, Vertriebs- und Verwaltungsbe-
reichen.
Daraus wiederum lassen sich Anfor-
derungen an die Knüpfung der Wertschöp-
fungs-Netzwerke und deren Verbindung mit den
Prozessen des Unternehmens ableiten. Auf die-
se Weise ermöglich die Zielkostenplanung eine
durchgängige strategische Orientierung aller
Bereiche im Unternehmen.
Nun kann man auch hier einwenden, dass im
Grunde alles bekannt ist. Doch das ist die The-
orie.
In der Praxis bedarf es wiederum des
Mutes von Controllern, die genannten Inst-
rumente zu testen und auf die eigenen Ge-
gebenheiten anzupassen.
·
Zunächst den
Mut zur Transparenz
. Die
verdeckten Wirkungen unzureichender Pro-
zesse lassen sich meist ohne übermäßige
Aufwendungen erfassen. Aber diese Trans-
parenz ist nicht immer gewollt und ohne Kon-
flikte nicht durchzusetzen. Wollen wir die
Konflikte?
·
Dann den
Mut und die Geduld zum Verän-
dern eingefahrener Rituale
. „Das haben
wir schon immer so gemacht“ oder „Führ
Dich hier nicht als Besserwisser auf“ sind
noch freundliche Kommentare, die einem
sätze für Maßnahmen abgeleitet mit einem Ein-
sparpotenzial von mehr als 7 Mio €. In einem
Workshop wurden die Maßnahmen priorisiert
und sofort umsetzbare „Quick Wins“ mit einem
Potenzial von 1,5 Mio € entschieden. Das zeigt
die enorme Leistungsfähigkeit dieses Control-
ling-Instruments.
Für die wirtschaftliche Wir-
kung ist es allerdings wesentlich, inwieweit die
eingesparte Arbeitszeit durch Umsatzwachstum
ökonomisch genutzt werden kann. Gelingt das
nicht, kommt es entweder zu keiner oder nur
geringen abrechenbaren Leistungssteigerung
oder es entsteht Druck auf den Abbau von Ar-
beitsplätzen. Letzteres wirkt bereits demotivie-
rend, sofern es nur als „Gefahr“ befürchtet wird.
Dann treffen die Effizienzmaßnahmen auf er-
hebliche Widerstände. In dem Beispiel-Unter-
nehmen konnten aus genau diesen Gründen die
aufgedeckten Einsparungspotenziale nur zu ei-
nem Teil umgesetzt werden. Den Führungskräf-
ten war es nicht gelungen, ein Wachstumsklima
zu erzeugen.
Deshalb ist es aus Motivations-Sicht güns-
tig, Effizienzmaßnahmen in einer Wachs-
tumsphase einzuleiten. Dann ist der Druck
auf die Arbeitszeit hoch und die Einsparung
wird als Entlastung erlebt.
Leider werden
diese Chancen zu oft versäumt. In einer Stag-
nations- oder Abschwungsphase hingegen
lähmt die Angst um den Verlust des eigenen Ar-
beitsplatzes jeden Elan.
Die Zielkostenplanung
Dieses Instrument wurde bereits in den 30er
Jahren des 20. Jahrhundert bei der Entwick-
lung des ersten VW-Käfer eingesetzt. Im 2.
Weltkrieg wurde die Zielkostenplanung „verges-
sen“, 1965 von Toyota „wiederentdeckt“ und
kam in den 70er Jahren als „Target Costing“
nach Deutschland zurück. Sie wird heute vor al-
Autor
Dr. Walter Schmidt
Executive Advisor des Vorstands und Fachdelegierter im
Internationalen Controller Verein (ICV) e. V.
E-Mail:
CM Mai / Juni 2017
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