Controller Magazin 3/2017 - page 27

nicht weiter. Ein entscheidungsorientiertes
Controlling muss geeignete Methoden haben
(und diese anwenden), die
·
systematisch Chancen und Gefahren (Risi-
ken) identifizieren und quantifizieren helfen,
·
quantifizierte Einzelrisiken zum Gesamtrisiko-
umfang aggregieren und
·
die Implikationen der Planung und der Risi-
ken, die Planabweichungen auslösen kön-
nen, für (a) Eigentümer (Performancemaß)
und (b) Gläubiger (Rating) beurteilen können.
Man sieht unmittelbar, dass hier genau die
Werkzeuge des Risikomanagements gefordert
sind. Es geht darum, systematisch unsichere
Planannahmen und exogene Risiken (z. B.
durch die unsicheren Auswirkungen technolo-
gischer Trends oder Veränderungen der Wett-
bewerbskräfte) zu erfassen. Diese müssen
durch geeignete Wahrscheinlichkeitsverteilun-
gen beschrieben werden (im einfachsten Fall
durch Angabe von Mindestwert, wahrschein-
lichstem Wert und Maximalwert einer Pla-
nungsposition). Und da die Risiken nicht addier-
bar sind, benötigt man eine Monte-Carlo-Simu-
lation zur Risikoaggregation, d. h., es ist erfor-
derlich, eine große repräsentative Anzahl von
Zukunftsszenarien zu bestimmen, um so die
Bandbreite der Zukunftsentwicklung von Cash-
flows und Erträgen zu berechnen. Anstelle ei-
ner einwertigen Planung, von der niemand
weiß, wie weit man abweichen kann, tritt eine
Bandbreitenplanung. Der Risikogehalt wird
ausgedrückt durch ein Risikomaß (wie z. B.
Standardabweichungen der Erträge oder den
Value-at-Risk), das wiederum ein einfaches
„Rechnen mit Risiken“ ermöglicht. So können
bei der Entscheidungsvorbereitung erwartete
Erträge und Risiken gegeneinander abgewogen
werden. Dies geschieht über die Methoden ei-
ner risikogerechten Bewertung (z. B. durch die
Ableitung von Kapitalkostensätzen bei der
Investitionsrechnung aus den aggregierten Er-
tragsrisiken; siehe Gleißner, 2017); und zur Er-
füllung der Anforderungen des Kontroll- und
Transparenzgesetzes wird untersucht, ob sich
durch Kombinationseffekte von Risiken be-
standsgefährdende Entwicklungen ergeben
könnten (z. B. wenn die Mindestanforderungen
an das Rating oder Covenants verletzt werden).
Controlling muss Methoden der Risikoanalyse
nutzen; eine stochastische Planung ist die ge-
meinsame Grundlage.
Aber wie sieht die Situation in der Praxis aus?
Eine Vielzahl empirischer Studien belegt leider,
dass die notwendige Zusammenarbeit zwi-
schen Risikomanagement und Controlling –
oder einfach die Nutzung von Risikomanage-
mentmethoden im Controlling – weiter unter-
entwickelt ist (siehe hierzu z. B. Angermüller/
Gleißner, 2011).
Controlling ist damit nicht in der Lage, seine
wichtigste Aufgabe adäquat zu erfüllen. Ent-
scheidungsvorbereitung ohne Beachtung von
Risiken ist schlicht unsinnig. Selbst die gesetz-
lichen Mindestanforderungen der Business
Judgement Rule (§ 93 AktG) werden dann nicht
erfüllt. Natürlich sind es bei einer nicht sicher
vorhersehbaren Zukunft gerade die Informatio-
nen über die Risiken, die den Kern der vom Ge-
setz geforderten „angemessenen Informationen“
darstellen.
Literatur
Angermüller, N. O./Gleißner, W.: Verbindung
von Controlling und Risikomanagement: Eine
empirische Studie der Gegebenheiten bei
H-DAX Unternehmen, in: Controlling, 6/2011,
S. 308-316.
Gleißner, W.: Grundlagen des Risikomanage-
ments im Unternehmen, 3. Auflage, Verlag
Franz Vahlen, München 2017.
Controlling and
Financial Leadership, MSc
Beginn: 13. Oktober 2017
Dauer: 4 Semester, berufsbegleitend
Business Controlling, MBA
Beginn: 13. Oktober 2017
Dauer: 6 Semester, berufsbegleitend
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+43 (0)2732 893-2826
CM Mai / Juni 2017
Autor
Prof. Dr. Werner Gleißner
ist Vorstand bei der FutureValue Group AG in Leinfelden-Ech-
terdingen und Honorarprofessor für Betriebswirtschaft, insb.
Risikomanagement, an der TU Dresden. Er ist Mitglied im Inter-
nationalen Controller Verein (ICV) und ist im Beirat der Risk
Management Association.
E-Mail:
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