20
Die Interview-Reihe des Controller Magazins ist
eine dialogische Gesprächsform zur Herausar-
beitung und Vermittlung fachlicher Erkenntnisse
und praktischer Erfahrungen, aber auch von
Meinungen und Einschätzungen zu control-
lingrelevanten Themen und Fragen. Dabei wer-
den neben klassischen Themen auch innovative
Überlegungen und alternative Ansätze aufge-
griffen. Die vorliegende Ausgabe befasst sich
mit verschiedenen Aspekten der Marken-The-
matik und hinterfragt diese kritisch.
Gängiges Marken-Verständnis
Biel:
Vielen Dank, dass Sie sich für dieses
Interview zur Verfügung stellen. Welche Mög-
lichkeiten schaffen sich Unternehmen mit
einer „starken Marke“? Wo liegen die Vorteile?
Welche Rolle spielen z. B. das höhere Preisni-
veau, die stärkere Kundenbindung oder die
deutlichere Differenzierung gegenüber dem
Wettbewerb? Tragen nach Ihren Beobachtun-
gen Marken zur langfristigen Gewinnmaximie-
rung durch Stärkung der eigenen Wettbe-
werbsposition bei?
Harder:
Ob B-to-B oder B-to-C – stets ist es
für Unternehmen ein fundamental anderes Ar-
beiten als Marke. Als Marke ist man bekannt.
Beim Gegenüber ist eine konkrete Vorstellung
gespeichert.
Sie verschafft Aufmerksam-
keit, öffnet Türen wie von alleine
, schenkt
Verständnis und Vertrauen fürs eigene Wirken.
Biel:
Kann man sagen, Markenunternehmen
haben beim Kunden einen anderen Status?
Was folgt daraus?
Harder:
Hinter diesem ganz anderen Status
stehen auf Kunden ausgerichtete Konsequenz,
Differenzierung und Klarheit bei Leistung und
Verhalten während Jahren oder meist gar Jahr-
zehnten. Wer sich dies erarbeitet hat, profitiert
zum einen von einer umfassend höheren Effizi-
enz. Er hat seine
Erfolgslogik gefunden
, kann
sich entsprechend fokussieren und kann in sei-
nem Wirken nach außen immer schon von einer
ganz anderen Vorbefassung ausgehen. Und da-
mit verbunden verfügt er zudem über eine ganz
andere Verankerung und Wettbewerbsposition.
Biel:
Heißt diese „Verankerung und Wettbe-
werbsposition“, immer höhere Preise und damit
höhere Gewinne zu erzielen?
Harder:
Nicht unbedingt. Aber richtig ge-
macht führt es zu mehr
Berechenbarkeit und
Stabilität
der Einnahmen – ob beim Discoun-
ter, der Luxusmarke oder dem Spitzentechno-
logieunternehmen.
Biel:
Wechseln wir die Perspektive und fragen
uns: Was bietet eine Marke den Konsumenten?
Stehen bei den Konsumenten eher rationale
Aspekte, etwa Orientierungs- und Unterschei-
dungshilfen, im Vordergrund oder doch stärker
emotionale Momente, etwa des Vertrauens und
Zutrauens?
Wüthrich:
Im Kern einer Marke stehen Leistun-
gen, die
die Bedürfnisse ihrer Kundschaft
treffen
und erfüllen wie keine andere. Reali-
siert ein Anbieter diese Differenz über längere
Zeit und kann sie im Markt zur Geltung bringen,
entsteht spezifisches und konkretes Vertrauen
– für Leistungen, dahinterstehende Kompetenz,
Verhalten im umfassenden Sinne (z. B. Pricing,
Service, Nachhaltigkeit etc.). Dann greifen Kon-
sumenten am Gestell oder im Internet quasi
blind zu, ordern Hersteller beim Lieferanten un-
kompliziert und ohne Hintergedanken. Die oben
angesprochene Effizienz findet sich deshalb
auch auf dieser Seite – statt suchen wissen,
was man erwarten, worauf man aufbauen, wo-
rauf man sich auch freuen kann.
Biel:
Damit greift eine deutliche Emotionalisie-
rung?
Wüthrich:
Gerne wird
Marke mit Emotionen
gleichgesetzt.
In unserem Buch „Marken für
Marken – was steckt dahinter?
Interview mit Thomas Harder und Nicolas
Wüthrich, Swiss Brand Experts
von Alfred Biel
Marken – was steckt dahinter?