CONTROLLER Magazin 2/2016 - page 71

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schlussprüferaufsichtstelle beim Bundesamt
für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, nicht ver-
gessen werden.
Biel:
Herr Prof. Dr. Brösel, Herr Freichel, Sie
haben sich außerordentlich engagiert einge-
bracht. Besonders freut mich, dass Sie sowohl
theoretische als auch praktische Aspekte an-
gesprochen haben. Zudem haben Sie nicht nur
Fakten, sondern auch Ihre Meinung vermittelt –
und damit vermutlich weitere Diskussionen an-
gestoßen und ggf. auch Interviews. Dafür Dank
und Respekt – auch im Namen unseres Her-
ausgebers, der Redaktion und ganz besonders
unserer Leserinnen und Leser. Als Interviewer
bin ich sehr dankbar für die angenehme Zu-
sammenarbeit, für den guten Austausch so-
wohl dem Inhalt als auch dem Stil nach.
Biel:
Last, but not least:
Stimmt die Rich-
tung?
Sollten wir mehr die Konzentration auf
besonders relevante Aussagen oder eher die
Erweiterung und Verfeinerung der Unterneh-
mensberichterstattung in die Aufmerksamkeit
stellen? Stehen Aufwand, Aussagefähigkeit
und Informationsinteresse in einem vernünfti-
gen Verhältnis, wenn wir die externe Bericht-
erstattung – über den Jahresabschluss hin-
aus – betrachten? Sind wir bezüglich der
externen Überwachung der Unternehmen auf
einem guten Weg?
Brösel:
Die Grenzen sind längst über-
schritten – was den Umfang der Berichts-
pflichten, die Dynamik der Regeländerun-
gen und deren Komplexität betrifft.
Es
sollte eine Konzentration auf wirtschaftlich re-
levante Informationen erfolgen. Es kann nicht
das Ziel sein, Berichte über hunderte Seiten
zu produzieren, die es dem Leser erschweren,
die wirklich relevanten Informationen heraus-
zufiltern und zu verarbeiten. Hier sollte dem
Schutz der Bilanzadressaten, insbesondere
der Kleinanleger, vor Informationsüberflutung
zukünftig eine höhere Bedeutung beigemes-
sen werden.
Biel:
Und mit dem Stand der Überwachung sind
Sie zufrieden?
Brösel:
Im Hinblick auf die Überwachung sind
wir auf einem guten Weg. Im letzten Jahr-
zehnt haben wir diesbezüglich in Deutschland
große Fortschritte erzielt. Noch nie existierte
eine solch umfangreiche und detaillierte Un-
ternehmensüberwachung wie derzeit. Denken
Sie dabei an die BaFin, die DPR usw. Insbe-
sondere die DPR leistet hier eine gute Arbeit.
Auch die Rechte und Pflichten des Aufsichts-
rates wurden in den vergangenen Jahren er-
heblich gestärkt.
Biel:
Herr Freichel, sehen Sie es auch so?
Freichel:
Ja, ich kann mich anschließen, und
möchte auch aus meiner Sicht betonen, dass
bei der Berichterstattung die
Konzentration
Vorrang vor der Verfeinerung haben sollte
.
Bezüglich der Überwachung sollte
die Aufsicht
über die Wirtschaftsprüfer
, also vor allem die
Wirtschaftsprüferkammer und die Abschluss-
prüferaufsichtskommission, zukünftig Ab-
die aktuellen Berichtspflichten nicht ohne öko-
nomisch sinnvollen Grund erweitert werden
dürfen. Der Lagebericht ist heute schon sehr
umfangreich und mit sehr vielen Detailinforma-
tionen überfrachtet. Schauen Sie sich den La-
gebericht der Deutschen Bank AG des Jahres
2014 an: Dieser umfasst weit mehr als 100
Seiten. Dann müssen Sie noch die knapp 70
Seiten des Jahresabschlusses lesen und ver-
stehen. Aufgrund der Einbindung in den Kon-
zernverbund kommt die Lektüre des Konzern-
abschlusses – ca. 190 Seiten – und des Kon-
zernlageberichts – weitere 375 Seiten – hinzu.
Über 700 Seiten lese ich als Kleinanleger
mal nicht so bei einer Flasche Wein – ich
denke, hier wird über das Ziel hinausge-
schossen.
Biel:
Haben Sie eine Idee, wie ggf. eine Weiter-
entwicklung aussehen könnte?
Brösel:
Eine Weiterentwicklung wäre zum ei-
nen z. B. eine
Vorgabe einer sinnvollen ver-
bindlichen Gliederung
, wie es der deutsche
Gesetzgeber ja auch für Bilanz und Gewinn-
und Verlustrechnung in den §§ 266 und 275
HGB sowie mittlerweile gemäß § 284 HGB teil-
weise für den Anhang möglich macht. Zum an-
deren sind die Pflichtangaben auf ein sinnvolles
Maß zu reduzieren.
Weniger ist manchmal
wie auch hier –
mehr!
Zudem muss für den
Bilanzleser klar erkennbar sein, welche Infor-
mationen gesetzlich gefordert sind und was als
„Bonus“ durch die Unternehmen bereitgestellt
wird. Die Vermischung von gesetzlichen und
freiwilligen Informationen ist kritisch.
Biel:
Bitte werfen Sie noch einmal einen Blick auf
die Praxis.
Freichel:
Die Praxis hat eine mehr oder weni-
ger einheitliche bzw. sinnvolle Gliederung aus
den gesetzlichen Vorschriften bzw. den Richt-
linien des DRS 20 abgeleitet. Es ist allerdings
richtig, dass für die einzelnen Unternehmen
ein erheblicher Gliederungsspielraum besteht.
Im Zeitablauf soll die gewählte Gliederung
i. S. d. Stetigkeit beibehalten werden. Jedoch
werden sich gewöhnlich Gründe für ein Ab-
weichen von der ursprünglichen Gliederung in
der Praxis, z. B. eine transparentere Darstel-
lung der Lage für den Adressaten, recht ein-
fach finden lassen.
CM März / April 2016
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