CONTROLLER Magazin 2/2016 - page 69

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richterstattung erfolgreich praktizieren.
Diese haben aber international einen zu ge-
ringen Einfluss.
Wenn die „Big Four“ der WP-
Gesellschaften diesbezüglich einen Markt se-
hen würden, dann würde aus dem Empfeh-
lungscharakter zeitnah eine Verbindlichkeit
werden. Aber hier sind aus WP-Sicht Chancen
und Risiken eher ungünstig verteilt. Deshalb ist
ja auch der „Management Commentary“, wenn
er denn erstellt wird, international keine zu tes-
tierende Rechnungslegungskomponente. Inso-
fern gibt es auf internationaler Ebene hierfür
auch keine Prüfungsstandards.
Biel:
Macht die Konstellation der Freiwilligkeit
empfindlich für
interessengeleitete Informa-
tionen?
Welche Gefahren sehen Sie?
Brösel:
Zunächst, die Entwicklung zeigt, dass
sich die internationale Berichterstattung am
deutschen Lagebericht orientiert. So finden
sich im „Management Commentary“ durch-
aus weite Parallelen zur handelsrechtlichen
Berichterstattung. Allein die Freiwilligkeit ei-
ner entsprechenden Publikation – nach dem
Motto „Tue Gutes und rede darüber“ – macht
den „Management Commentary“
aber noch
anfälliger für PR-Zwecke als den Lagebe-
richt
. Auf keinen Fall darf der Fehler gemacht
werden, eine Anpassung der deutschen An-
forderungen an die der IFRS zu vollziehen,
weil sich die Zwecke der Rechnungslegung
unterscheiden.
Biel:
Der „deutsche Lagebericht“ hat demnach
keine Chancen, internationaler Standard zu
werden?
Freichel:
Auch ich bin der Meinung, dass in-
ternational die deutsche Lageberichterstat-
tungspraxis nicht aufgegriffen werden wird.
Weltweit existieren unterschiedliche
Rechtssysteme.
Aus diesen folgen bspw. für
die Unternehmensorgane bzw. die Prüfer un-
terschiedliche Haftungs- bzw. Sanktionsvor-
schriften. Interessant wäre sicherlich zu erfah-
ren, wie sich eine im Nachhinein als nicht an-
gemessen herausstellende Lageberichterstat-
tung der Unternehmensleitung auf die Haftung
derselben bzw. auf den Abschlussprüfer in
den USA auswirkt, wenn zahlreiche Anleger
angeblich aufgrund einer solchen Bericht-
erstattung ihr Geld verloren haben.
durch die einzelnen Unternehmen mit enor-
men Schwierigkeiten und individuellen Frage-
stellungen verbunden.
Freichel:
Während der Gesetzgeber in § 286
HGB für die Berichterstattung im Anhang eine
Schutzklausel vorgesehen hat, welche die Per-
sönlichkeitsrechte schützt,
fehlt ein gesetzli-
cher Schutz von „Betriebsgeheimnissen“
bzgl. der Lageberichterstattung.
Eine voll-
ständige und richtige Risiko- und Chancenbe-
richterstattung kann allerdings nicht bedeuten,
dass der Berichterstatter den Wettbewerbern
über den elektronischen Bundesanzeiger Ge-
schäftsgeheimnisse preisgibt, die letztlich zu
Wettbewerbsnachteilen führen können. Glei-
ches betrifft sicherlich auch die Berichterstat-
tung über aktuelle Forschungsvorhaben. Einige
Kommentatoren erkennen eine analoge An-
wendung der Schutzklausel in § 286 HGB für
die Lageberichterstattung an und weisen auf
diesen
systemischen Fehler der Gesetzes-
vorschriften hin.
Biel: Die IAS/IFRS enthalten keine Bestim-
mungen über einen Lagebericht.
Allerdings
wird dem Management empfohlen, außerhalb
des Jahresabschlusses einen „Bericht über die
Unternehmenslage“ (financial review) zu erstel-
len. Darüber hinaus wird eine Umweltberichter-
stattung und Wertschöpfungsrechnung (value
added) angeregt. Zudem gibt es den „Manage-
ment-Commentary (MC)“. Sind dies Schritte zu
einer „internationalen Lageberichterstattung“?
Brösel:
Allein der von Ihnen skizzierte derzeiti-
ge Stand zeigt ein
eher verstreutes und zu-
sammenhangloses Bild einer nicht verbind-
lichen und somit freiwilligen Berichterstat-
tung.
Wie Sie bereits sagen, handelt es sich
dabei um Empfehlungen. Eine Verbindlichkeit
der Informationen wird – wenn überhaupt –
auch sehr lange auf sich warten lassen. Gründe
sind die Probleme in der länderübergreifenden
Einigung auf zweckadäquate Berichtspflichten
und ein dafür erforderlicher Verzicht auf natio-
nale Egoismen.
Biel:
Wie bewerten Sie die Chancen einer Ver-
änderung?
Brösel:
Triebkräfte wären bestenfalls die
Vertreter jener Länder, welche die Lagebe-
wirtschaftswissenschaftlichen Studium ein
Anglistikstudium absolviert haben sollte:
Die Gesamtzahl englischer Wörter lag bei der
Siemens AG und der Deutschen Bank AG weit
über 8.000. Die Anzahl unterschiedlicher
englischer Wörter lag bei 12 der 30 Unterneh-
men über 300, wobei man bei der Commerz-
bank 465 unterschiedliche englische Wörter
kennen musste. Der „deutscheste“ Bericht
kam mit „nur“ 111 unterschiedlichen engli-
schen Wörtern aus.
Biel:
Von besonderem Interesse sind die gefor-
derten Angaben zur voraussichtlichen Entwick-
lung der Gesellschaft, auch
„Prognosebe-
richt“
genannt, sowie der
„Chancenbericht“
und auch der „Forschungs- und Entwicklungs-
bericht“. Wie weit reicht diese Berichterstat-
tung? Wird die
„DNA des Unternehmens“
dargelegt? Entscheidende Erfolgstreiber sind
Vision und Strategie. Wieweit fließen sie ein?
Wie lassen sich die berechtigten Informations-
ansprüche der Öffentlichkeit einerseits und die
Schutzinteressen des Unternehmens anderer-
seits, bspw. gegenüber Wettbewerbern, aus-
balancieren?
Brösel:
In der Tat muss hier eine Balance ge-
funden werden. Unternehmen haben ein
legiti-
mes Geheimhaltungsinteresse
, weil sie die
Einblicke bzw. Blicke von Konkurrenten fürch-
ten. Im Hinblick auf den Anhang werden die
Berichtspflichten durch § 286 HGB mit mehre-
ren Ausnahmeregelungen gesetzlich einge-
schränkt. Da der Gesetzgeber beim Anhang
eine Notwendigkeit zum Schutz sieht, gilt dies
meines Erachtens im übertragenen Sinne –
wenn auch nicht konkret geregelt – auch für
den Lagebericht. Denn ist dieser zu erstellen,
ist er auch zu publizieren.
Biel:
Gibt es also ein Spannungsverhältnis zwi-
schen Informations- und Schutzinteressen?
Brösel:
Die
Informationsansprüche
der ver-
schiedenen Adressaten einerseits und die
Schutzinteressen
des Unternehmens ande-
rerseits
müssen ausbalanciert werden
.
Grundsätzlich sollte gelten: Das Wohl des Un-
ternehmens geht vor, weil dies auch im Inter-
esse der Eigner ist, welche schließlich das un-
ternehmerische Risiko tragen! Dies hört sich
zwar sehr trivial an, ist aber bei der Umsetzung
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