CONTROLLER Magazin 2/2016 - page 64

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Großprojekte gar nicht von einem Controller
begleitet werden. Dabei könnten Projektleiter
und Controller gemeinsam dafür sorgen, dass
das Projekt erfolgreich gesteuert wird und den
optimalen Beitrag zum betriebswirtschaftlichen
Erfolg des Unternehmens leistet. Mit einem
Controller an ihrer Seite haben Projektleiter je-
derzeit die Übersicht über den wirtschaftlichen
Status ihres Projekts. Sie können die Kosten
leichter im Griff behalten und mögliche Fehl-
entwicklungen rechtzeitig aufdecken, bevor es
zu spät ist.
Oft fehlt das betriebswirtschaftliche
Know-how
Den Projektleitern, die von den Unternehmen
mit der Leitung derartiger Großprojekte betraut
werden, fehlt es oft an dem betriebswirtschaft-
lichen Know-how. Sie sind in der Regel Fach-
spezialisten und wurden aufgrund ihrer fachli-
chen Expertise mit der Projektleitung betraut.
Sie sind oft nicht in der Lage, die Kostensituati-
on im Projekt exakt zu ermitteln. Dabei könnten
Earned-Value-Analysen und Plan-Ist-Verglei-
che wertvolle Indikatoren für das Großvorhaben
sein. Hinkt beispielsweise der Projektfortschritt
zunehmend hinter dem Kostenfortschritt her,
kann die Situation schnell sehr kritisch werden
– und das sollte ein Projektleiter als erster er-
kennen.
Besonders Änderungsanträge haben sofort
Auswirkungen auf die Projektkosten, und die
gibt es in IT-Projekten besonders häufig. Sol-
che Änderungen bremsen schnell den Projekt-
fortschritt, während die Kosten ungebremst
weiter steigen – so wird aus einem Projekt
schnell ein Fass ohne Boden. Ein Projektcont-
rolling muss dafür sorgen, dass kritische Anzei-
chen und negative Entwicklungen rechtzeitig
erkannt und mit der Projektleitung besprochen
werden.
Standardisierte Verfahren schaffen Abhilfe
Das Projektcontrolling sollte primär die kos-
tentechnische Planung, die laufende Projekt-
kostenrechnung und Fortschrittsverfolgung
umfassen. Das erfordert eine enge Abstim-
mung zwischen dem Controller und der Pro-
jektleitung. Aktuelle und vor allem unge-
schönte Zahlen sind dabei besonders wichtig,
denn ohne die kann keine Prognose wirklich
aussagekräftig sein.
Erfahrungsgemäß begegnen Projektbeteiligte
dem Projektcontrolling mit einer gewissen
Skepsis. Deshalb ist es wichtig, dass das Pro-
jektcontrolling standardisierte Verfahren ein-
setzt, die im Projektmanagement bekannt sind.
Außerdem sollte das Projektcontrolling diese
Werkzeuge verständlich erklären und gemein-
sam mit dem Projektleiter diskutieren und inter-
pretieren, um daraus die richtigen Maßnahmen
abzuleiten. Das funktioniert nur, wenn es ein
gemeinsames Verständnis der ermittelten
Kennzahlen gibt.
Ein Projektcontroller sollte aber seinen „Elfen-
beinturm“ verlassen, denn kein Projekt kann
man allein anhand von Kennzahlen verstehen.
Das Projektcontrolling sollte sich frühzeitig mit
dem Projekt vertraut machen (Ziele, Inhalte,
Pläne, etc.). Nur so kann man die Entwicklung
eines Projekts gut beurteilen.
Fazit – Worauf es wirklich
ankommt
Für die meisten Beteiligten haben IT-Projekte
leider oft einen sehr abstrakten Charakter. Um
ein solches Großprojekt erfolgreich zu meis-
tern, sollten Firmen daher die folgenden fünf
Punkte beachten:
·
Wenn Sie im Projekt neue Technologien ein-
setzen, dann bewerten und planen Sie diese
sehr sorgfältig. Ist der Einsatz neuer Techno-
logien nicht unbedingt notwendig, greifen Sie
lieber auf bewährte Standards zurück.
·
Entwickeln Sie eine Projektstrategie für Ihr
Vorhaben und schnüren Sie nach Möglichkeit
kleinere Projektpakete: Je übersichtlicher das
Projekt, desto leichter ist es zu realisieren.
·
Sorgen Sie mit gezielten Unterstützungs-
maßnahmen für den notwendigen Rücken-
wind im Projekt. Denn: Was hilft die beste
Strategie, wenn das Projekt nicht von Anfang
an auf Touren kommt?
·
Behalten Sie Kosten und Projektfortschritt im
Auge. Die Transparenz über den realen Sta-
tus des Vorhabens ist eine wesentliche Vor-
aussetzung, um frühzeitig Risiken und Prob-
leme zu erkennen und diesen entgegenwir-
ken zu können.
·
Suchen Sie sich einen erfahrenen Projekt-
management-Experten, der Ihrem Projekt an
den wichtigsten Stellen (Strategie, Kick-off,
Take-off, Reviews, etc.) auf die Sprünge hilft.
Selbst wenn das Projekt am Ende gelingt,
können Pannen und Verzögerungen mehr
Geld kosten, als sich punktuell eine externe
Unterstützung ins Haus zu holen.
Am vorhandenen Projektwissen liegt es oft
nicht, wenn Unternehmen mit ihren Großvorha-
ben scheitern. Vielfach werden wichtige Pro-
jektbausteine nicht oder nur halbherzig berück-
sichtigt, die bei kleinen Projekten durchaus ver-
zichtbar sein können. Viel zu oft werden die er-
folgskritischen Faktoren auf die leichte Schulter
genommen.
Hier wirkt eine eingespielte und vertrauensvol-
le Zusammenarbeit zwischen Projektmanager
und Controller schon zu Beginn des Projekts
wahre Wunder. Wenn der Controller schon im
Boot ist, bevor die Kosten explodieren und so
eingewiesen wird, dass er vom Projektma-
nagement und den Eigenheiten des konkreten
Vorhabens etwas versteht, kann er dem Pro-
jektleiter aktiv zur Seite stehen. Wichtig ist nur,
dass der Controller dem Projektchef signali-
siert, für ihn mehr sein zu wollen als ein Kos-
ten-Wachhund. Denn wer rechtzeitig und
kenntnisreich Ressourcen für die richtigen Auf-
gaben freigibt, hat einen natürlichen Einfluss
auf den Ablauf des Projekts. Er wird als Partner
wahrgenommen und über heraufziehende Kri-
sengewitter schon dann informiert, bevor der
Sturm losbricht. Das spart nicht nur das Geld
des Unternehmens. Es schont auch die Nerven
des Controllers. Und schon das allein ist fast
unbezahlbar.
Turbo Projektmanagement
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