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          nikation und der Kommunikationsfähigkeit des
        
        
          Managements hervor.
        
        
          Piwinger dreht das Thema und fragt: „Es gibt
        
        
          Rechtfertigungsrituale
        
        
          , die Journalisten und
        
        
          kritische Beobachter spüren und wahrnehmen.
        
        
          Wie reagieren Journalisten darauf? Gehen sie
        
        
          mit renommierten Unternehmen sorgsamer um
        
        
          als mit normalen?“ Er fragt in Richtung Presse
        
        
          weiter: „Welches Unternehmensverhalten wird
        
        
          aus Mediensicht am ehesten honoriert? „Nach
        
        
          vorherrschender Meinung und Erfahrung macht
        
        
          es keinen Sinn, „um den heißen Brei herumzu-
        
        
          reden“, sondern frühzeitig und vertrauenswür-
        
        
          dig und auch selbstkritisch die Fakten auf den
        
        
          Tisch zu legen.
        
        
          Abschließend bleibt festzuhalten, dass es vor
        
        
          allem gerade kritische Situationen sind, die zei-
        
        
          gen, wie das wechselseitige Vertrauensverhält-
        
        
          nis wirklich – und wie stabil die Reputation
        
        
          tatsächlich ist. Unternehmen, die sich in der
        
        
          Vergangenheit als vertrauenswürdig erwiesen
        
        
          haben, haben in der Krise – zumindest zu-
        
        
          nächst – auch einen Vertrauensvorschuss, wie
        
        
          die Erfahrung zeigt. Piwinger hat beobachtet:
        
        
          durch die Darstellung des Reputationsrisi-
        
        
          kos im Rahmen des Risikomanagements
        
        
          erfolge indirekt eine Wertbestätigung des
        
        
          Unternehmens.
        
        
          Er hebt noch hervor, es gebe
        
        
          einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen
        
        
          Reputation, einem wirtschaftlichen Verlust so-
        
        
          wie einer Minderung des Unternehmenswerts,
        
        
          um für dieses Thema zu sensibilisieren.
        
        
          
            Reaktionen in den Unternehmen
          
        
        
          
            auf kritische Medienbericht-
          
        
        
          
            erstattung
          
        
        
          Der Unterschied zwischen Eigenbild und
        
        
          Fremdbild, zwischen Selbstwahrnehmung und
        
        
          Fremdwahrnehmung kann bei kritischen Medi-
        
        
          enberichten besonders auffällig werden. Häufig
        
        
          werden – wie auch im alltäglichen Leben – Ab-
        
        
          wehrmechanismen in Gang gesetzt.
        
        
          Die möglichen Folgen können weitreichend
        
        
          sein, wie bereits skizziert. Sie können wirt-
        
        
          schaftlicher Natur sein.
        
        
          Wenn die Reputation
        
        
          beschädigt ist, führt dies häufig zu schlech-
        
        
          teren wirtschaftlichen Ergebnissen.
        
        
          Erfah-
        
        
          rungsgemäß dauert es auch relativ lange, bis
        
        
          verlorenes Vertrauen wieder aufgebaut ist.
        
        
          Eine kritische Berichterstattung kann aber auch
        
        
          die Karriere Verantwortlicher beeinträchtigen,
        
        
          gelegentlich auch beenden.
        
        
          Jeder ernsthafte Wirtschaftsjournalist wird
        
        
          seinen Beitrag auf einer gründlichen Recher-
        
        
          che aufbauen und mit der gebotenen journalis-
        
        
          tischen Sorgfalt erarbeiten und verfassen.
        
        
          Dazu zählt auch, dass man immer zwei Quel-
        
        
          len für kritische Informationen haben sollte.
        
        
          Gleichwohl können
        
        
          „blinde Flecken“
        
        
          bleiben.
        
        
          Sachverhalte, die der Journalist nicht oder
        
        
          nicht umfassend wahrnehmen kann. Arianne
        
        
          Hufnagel hat empirisch untersucht, wie Medi-
        
        
          enberichte in Krisensituationen aus Sicht der
        
        
          betroffenen PR-Manager aufgenommen wer-
        
        
          den (Hufnagel, 2014, S. 138).
        
        
          ·
        
        
          „Umstände, auf die das Unternehmen kei-
        
        
          nen Einfluss hatte, wurden verschwiegen
        
        
          oder heruntergespielt“ sagten 79% der
        
        
          stark Betroffenen.
        
        
          ·
        
        
          „Fehler des Unternehmens wurden auf-
        
        
          gebauscht und dramatisiert“ meinten eben-
        
        
          falls 79% der stark Betroffenen.
        
        
          ·
        
        
          „Dem Unternehmen wurden Fehler und
        
        
          Versäumnisse vorgeworfen, die es nicht
        
        
          begangen hat“, urteilten 57% der stark
        
        
          Betroffenen.
        
        
          Rahmenbedingungen und Umstände können
        
        
          von Außenstehenden meistens nur begrenzt
        
        
          wahrgenommen werden. Sie mögen objektiv
        
        
          die kritisierten Sachverhalte mitbeeinflusst
        
        
          haben. Aus Sicht der im Unternehmen Betrof-
        
        
          fenen dient dies vielfach als Rechtfertigung
        
        
          und Begründung. Ohne Frage haben die Be-
        
        
          troffenen das Recht, sich zu erklären, Gründe
        
        
          anzuführen und Rechenschaft abzulegen.
        
        
          Manager verweisen zudem vielfach auf ihre
        
        
          begrenzten Handlungsmöglichkeiten, ihre
        
        
          Zwänge und führen zahlreiche Einflüsse an.
        
        
          Die Themen und Probleme werden aus unter-
        
        
          schiedlicher Perspektive und mit auseinander-
        
        
          gehender Intention betrachtet. Arianne Huf-
        
        
          nagel bringt den Konflikt auf den Punkt: Sie
        
        
          macht darauf aufmerksam,
        
        
          dass Journalis-
        
        
          ten Unternehmen und deren Entscheider
        
        
          als Verursacher von Zuständen und Ent-
        
        
          wicklungen sähen, hingegen machten die
        
        
          Verantwortlichen im Unternehmen die
        
        
          Umstände und Rahmenbedingungen für
        
        
          die Zustände und Entwicklungen verant-
        
        
          wortlich.
        
        
          (Vgl. Hufnagel. 2014, S. 143). Nach
        
        
          den Erfahrungen reagieren die Unternehmen
        
        
          in vielfältiger Weise auf kritische Berichterstat-
        
        
          tung. Manchmal eher konstruktiv, mitunter
        
        
          aber auch recht destruktiv. Das Spektrum
        
        
          reicht von Pressekonferenzen und Intensivie-
        
        
          rung der PR-Arbeit, Anrufen beim Chefredak-
        
        
          teur, Einflussnahmen beim betreffenden Me-
        
        
          dienhaus, vielgestaltigen Drohungen, Kürzung
        
        
          oder Einstellung von Anzeigenaufträgen bis hin
        
        
          zu rechtlichen Maßnahmen. Wieweit Unter-
        
        
          nehmen gehen, hängt von vielen Faktoren und
        
        
          den Umständen ab – natürlich auch, welches
        
        
          Management das Unternehmen führt. Was
        
        
          steht auf dem Spiel? Wie ungerecht fühlt man
        
        
          sich behandelt? Welche Optionen stehen zur
        
        
          Verfügung? Natürlich gibt es auch viele Bei-
        
        
          spiele, die Unternehmen zeigen, die konstruk-
        
        
          tiv, abwägend insgesamt verantwortungsvoll
        
        
          mit kritischen Berichten umgehen im Sinne
        
        
          „wir haben verstanden“.
        
        
          Auf einen berechtigten Beitrag verzichten,
        
        
          weil es Ärger geben könnte? Diese Frage
        
        
          berührt das journalistische Selbstver-
        
        
          ständnis, geht es doch um die Wahrneh-
        
        
          mung der journalistischen Aufklärungs-
        
        
          und Kontrollfunktion.
        
        
          In dieser Stelle muss
        
        
          deutlich gesagt werden, dass Journalisten, die
        
        
          kritisch berichten, u. U. ein erhebliches Risiko
        
        
          eingehen. Nicht jeder Verlag und Chefredakteur
        
        
          kann und will Rückendeckung geben. Die
        
        
          Bataillone der PR und die vielen Lobbyisten
        
        
          
            Autor
          
        
        
          Fachjournalist (DFJS) Dipl.-BW Alfred Biel
        
        
          Autor, Interviewer und Rezensent verschiedener Medien mit
        
        
          reichhaltigen Erfahrungen aus verantwortlichen Konzern-Tätig-
        
        
          keiten und Aufgaben in mittelständischen Unternehmen. Be-
        
        
          triebswirtschaftliches und journalistisches Studium. Verleihung
        
        
          der Ehrenmitgliedschaft des Deutschen Fachjournalisten Ver-
        
        
          bands (DFJV) und des Internationalen Controller Vereins (ICV).
        
        
          E-Mail:
        
        
        
          
            Wirtschaft und Unternehmen – wirtschaftsjournalistisch betrachtet