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ORGANISATION
_AGILITÄT
personalmagazin 04/17
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as Thema und der Begriff
„Agilität“ erfährt in den
vergangenen Jahren eine
hohe Popularität in der Ma-
nagementliteratur. Agilität gilt als es-
sentieller Faktor für den Erhalt der
Wettbewerbsfähigkeit und damit letzt-
lich für das Überleben eines Unterneh-
mens. Nicht zuletzt durch eine immer
schnellere Entwicklung von neuen Tech-
nologien, eine zunehmende Vernetzung
der Wirtschaft und insbesondere durch
die zunehmende Digitalisierung aller Le-
benswelten steigt die Unsicherheit und
Komplexität für Unternehmen an. Tim
Cole spricht in diesem Zusammenhang
von Gewinnern und Verlierern der digi-
talen Transformation. Um zu überleben
– so die Vermutung – müssen Unterneh-
men agil sein.
Nun ist Agilität kein neues Thema, son-
dern existiert bereits seit fast 70 Jahren
in unterschiedlichen Facetten und Aus-
prägungen. Es erhält aber durch die Digi-
talisierung eine größere Bedeutung und
eine hohe Aktualität. Allerdings bleibt
der Begriff Agilität in Publikationen und
im beruflichen Sprachgebrauch häufig
nach wie vor unscharf – oder optimisti-
scher ausgedrückt – schillernd.
Qualitative Studie zu Agilität
Inzwischen liegen erste quantitative
Studien zur Verbreitung und Ausgestal-
tung von agilen Methoden und Prak-
tiken in Unternehmen in Deutschland
vor. Notwendigerweise können diese
Von
Stephan Fischer, Sabrina Weber
und
Annegret Zimmermann
Agilität heißt ...
FORSCHUNG.
Was verstehen Unternehmen in der Praxis eigentlich unter dem Begriff
Agilität und warum beschäftigen sie sich damit? Eine Studie hat dies untersucht.
Das „agile Mindset“ ist neben Geschwindigkeit, Anpassungsfähigkeit und Kundenorien-
tierung ein zentraler Aspekt im Begriffsverständnis von Agilität.
AGILE HALTUNG
QUELLE: EIGENE DARSTELLUNG
Agile Haltung
(Mindset)
Begegnung auf
Augenhöhe
Veränderungs
bereitschaft
Offenheit
Reflexion
Verantwortung
Transparenz
Wertschätzender
Umgang
Befragungen jedoch nur schwer eruie-
ren, welche Konzepte und begriffliche
(Vor-)Verständnisse von Agilität oder
agilen Methoden die Befragten über-
haupt zugrunde legen. Daher hat das
Institut für Personalforschung (IfP) an
der Hochschule Pforzheim eine explo-
rativ angelegte qualitative Studie durch-
geführt. Dazu wurden im Zeitraum Juli
bis Oktober 2016 in 15 Unternehmen
verschiedener Größe aus unterschied-
lichen Branchen in Deutschland 45
leitfadengestützte persönliche Inter-
views mit Personen aus der Geschäfts-
führung, aus HR sowie aus Fachabtei-
lungen geführt. Den Unternehmen war
gemeinsam, dass sie sich bereits – wenn
auch in sehr unterschiedlicher Intensi-
tät – mit dem Thema Agilität beschäftigt
hatten (einige hatten erste Gedanken zu
Agilität gefasst, andere können als agi-
le Unternehmen betrachtet werden). In
einigen Unternehmen gehörten agile
Coaches zum Kreis der Interviewten. Im
Folgenden wird herausgearbeitet, wie
das Begriffsverständnis von Agilität in
der Praxis aussieht, welche konkreten
Beweggründe zur Beschäftigung mit
Agilität genannt werden und welche
Vorteile Agilität nach Ansicht der Prak-
tikerinnen und Praktiker bietet.
Das Kernverständnis von Agilität
In der Praxis werden unter Agilität
vier zentrale Aspekte verstanden: Ge-
schwindigkeit, Anpassungsfähigkeit,