personalmagazin 4/2017 - page 46

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personalmagazin 04/17
ORGANISATION
_INDUSTRIE 4.0
indem Abläufe genau auf die Möglich­
keiten der Belegschaft abgestimmt wer­
den. Zugleich lässt sich Arbeit damit
künftig auch in der Industrie flexibler
gestalten. Davon profitieren Beschäftig­
te, die Beruf und Familie besser in Ein­
klang bringen können. Die HR-Manager
sind hier gefragt, Arbeitsorganisationen
auf die neuen Ansprüche auszurichten
und weiterzuentwickeln.
Des Weiteren muss ein erheblicher
Qualifikationsaufwand erbracht werden,
um die Mitarbeiter fit für die Komplexi­
tät von Industrie 4.0 zu machen. Es gilt,
neue Bildungsmethoden zu gestalten,
um den technologischen Anforderun­
gen entsprechen zu können. „Last but
not least“ muss die Bereitschaft und die
positive Einstellung unserer Mitarbeiter
entwickelt werden, damit sie motiviert
an die neuen Themen herangehen. Dabei
wird der Aufwand bei der Generation X
höher sein als bei den Digital Natives.
Zusammengefasst werden flexible­
re, vernetzte und digitalisierte Struk­
turen bestehen, die mehr IT-Kenntnisse
der Mitarbeiter erfordern. Weiterhin
wird sich der Aktionsradius verändern
und der technologische Standard an­
spruchsvoller werden, was wiederum
ein breiteres Wissen der Mitarbeiten­
den erforderlich macht. Neue Medien
wie E-Learning müssen in Ausbildung
und Qualifizierung stärker eingebunden
werden und es entstehen neue Formen
der digitalen und menschlichen Zusam­
menarbeit (siehe Kasten „Mitarbeiter
auf dem Weg 4.0 begleiten“).
Anforderungsprofile ändern sich
Daraus werden viele Veränderungen re­
sultieren. Das Anforderungsprofil für die
Erstausbildung zum Facharbeiter wird
generalistischer und sich zum „Produk­
troniker“ und „Infotroniker“ entwickeln.
Man nennt es heute T-Bildung, mehr in
die Breite zu gehen, ohne die Tiefe der
Berufsausbildung zu vernachlässigen.
Das heißt, dass der Produktionsmecha­
niker oder der Mechatroniker viel mehr
Informatikkenntnisse anwenden muss
als heute. Dafür sind die Unternehmen,
Berufsschulen und IHKs verantwortlich.
Das Ingenieursstudium muss eben­
falls angepasst werden. Bachelor und
Master sollten mit Zusatzqualifikation
der digitalisierten Vernetzung ausge­
baut werden. Das sollte in Kooperation
von Unternehmen und Hochschulen
erfolgen. Für Angelernte ist es wichtig,
sie höher zu qualifizieren, damit sie in
Industrie 4.0 eine berufliche Chance fin­
den. Dafür sind die Unternehmen ver­
antwortlich.
Auch die Berufserfahrenen müssen
mitgenommen werden. So sollte eine
stete Heranführung an neue Medien
und Arbeitsweisen mit altersgerechter
Qualifizierung angeboten und Hemm­
nisse zum Lernen und der Digitalisie­
rung psychologisch abgebaut werden.
Es sollten berufsbegleitende Weiter­
bildungsmöglichkeiten oder berufsbe­
gleitende Aufbaustudien zum Bachelor
oder Master in Industrie 4.0 entwickelt
werden. Dabei sollten Unternehmen
und Hochschule nim Team aktualisierte
Lehrpläne erarbeiten. Gerade das macht
Phoenix Contact, um seinen Bachelor-
Absolventen berufsbegleitend den Ma­
ster imUnternehmen anzubieten: Bisher
mussten Bachelorabsolventen meistens
kündigen, um zwei Jahre ein Studium
zum Master durchzuführen. Sie fehlten
dem Unternehmen, und ob sie nach
dem Studium wiederkehrten, war unsi­
cher. Mit dem neuen System ist dieses
Risiko ausgeschlossen. Die Professoren
der Hochschule OWL werden die Vor­
lesungen und Prüfungen im Training­
scenter von Phoenix Contact im Block
freitags und samstags durchführen.
Dadurch ist ein betriebsnahes Studium
während der Berufsausübung möglich
und die Bindung zum Unternehmen op­
timal gewährleistet.
Führungskraft wird „Change Leader“
Für die Führungskraft werden ebenfalls
Veränderungen notwendig sein. Sie
wird sich zukünftig als „Change Leader“
verstehen müssen, wobei die Motivation
und Befähigung der Mitarbeiter für In­
dustrie 4.0 im Vordergrund steht. Eine
berufsbegleitende Qualifizierung oder
ein berufsbegleitendes Aufbaustudium
MBA sollte dabei ins Auge gefasst wer­
den. Auch hier sollten Unternehmen
und Hochschulen rechtzeitig gemein­
sam Programme entwickeln. Bei allen
Bildungsinitiativen zu Industrie 4.0
wird verstärkt die Eigeninitiative der
Mitarbeiter zum Erlernen von Know-
how gefragt sein.
Um all diesen Herausforderungen zu
begegnen, hat Phoenix Contact mehr als
30 Millionen Euro in das neue Trainings­
center investiert: Dort können diese Bil­
dungsprogramme nun realisiert werden.
Für die Digitalisierung begeistern
Verständlicherweise sind Mitarbeitende
heute unsicher und haben sogar Angst,
ihren Job zu verlieren. Aus meiner Sicht
ist das ungerechtfertigt. Die Demografie
stellt uns vor die Herausforderung, dass
bis 2030 etwa 25 Prozent weniger Men­
schen arbeiten werden. Schon um das
abzufangen, benötigen wir die Digitali­
sierung und Industrie 4.0. Schließlich
müssen dann auch Arbeitszeitmodelle
und Arbeitsorte flexibler werden. Für
die Generation Y und die Digital Natives
ist das kein schwieriges Thema, für die
Generation X jedoch schon. Wir müssen
unsere Mitarbeitenden motivieren, ja
begeistern, neue Pfade in Richtung Di­
Führungskräfte müssen
sich künftig als „Change
Leader“ verstehen, wo­
bei die Motivation und
Befähigung der Mitar­
beiter für Industrie 4.0
im Vordergrund steht.
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