personalmagazin 4/2017 - page 50

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ORGANISATION
_KOMPETENZMANAGEMENT
personalmagazin 04/17
PETER HÄRZKE
ist
Executive Director und
HR-Spezialist bei Ernst &
Young.
Arbeitsplatz ziehen. Hier hatten die HR-
ler zudem festgestellt, dass eine kürzere
Entfernung zum Arbeitsplatz auch posi-
tiv auf die Produktivität der Mitarbeiter
wirkt. Google errechnete mithilfe von
People Analytics, dass die Mitarbeiter
imDurchschnitt nach dreieinhalb Jahren
Firmenzugehörigkeit kündigen. Darauf-
hin führte der Internetriese ein Entwick-
lungsgespräch ein, das nach drei Jahren
stattfindet und weitere Karrieremöglich-
keiten auslotet.
Feedbacksysteme an das Kompetenz-
management anschließen
Direkt an das digitale Kompetenz­
management angeschlossen werden
sollten zudem die Feedbacksysteme,
mit denen die von den Mitarbeitern
selbst vorgenommenen Eingaben vali-
diert und ergänzt werden. Hierzu wer-
den insbesondere von jungen Start-ups
App-basierte Lösungen angeboten. Über
diese lässt sich die Eingabe auf mobilen
Endgeräten überall und sehr schnell
vornehmen, was erfahrungsgemäß die
Beteiligung der Mitarbeiter stark er-
höht. Auf diese Weise entsteht zum Bei-
spiel auch ein detailliertes Bild über die
Führungskompetenzen eines leitenden
Angestellten. Lassen diese zu wünschen
übrig – etwa in den immer stärker ge-
forderten Bereichen Unternehmergeist
oder Innovationskompetenz –, sollten
ihm entsprechende Fortbildungen vor-
geschlagen werden. Sind die Ergebnisse
jedoch überragend gut, kann es sinnvoll
sein, die Führungskraft in einen Be-
reich des Unternehmens zu versetzen,
in dem die Führungskultur bislang zu
wünschen übrig lässt.
HR Analytics: Personaler-Know-how
mit Technik kombiniert
Vorreiter des HR-Analytics-Trends sind
vor allem große US-amerikanische
Konzerne wie Xerox, Google, IBM und
Walmart. Entsprechende Techniklösun-
gen werden jedoch oftmals auch von
Start-ups entwickelt. Eine Lösung zur
Integration aller vorhandenen Daten
aus Recruiting, Entlohnung und Perfor-
mance Management bietet zum Beispiel
das US-amerikanische Start-up Visier
an, das unter anderem Merck als Kun-
den gewonnen hat. Dabei erfinden die
Start-ups längst nicht in jedem Punkt
das Rad neu: Häufig kombinieren sie
bewährtes Personalerwissen mit aus-
geklügelter Technik und neuen Daten-
quellen. Dadurch helfen sie, das Bauch-
gefühl der Personaler durch Fakten zu
ergänzen und die Glaubwürdigkeit und
Schlagkraft von HR zu erhöhen. Nicht
zuletzt liegt die große Chance gut ge-
pflegter und intelligent verknüpfter
Daten jedoch in der Geschwindigkeit,
mit der Potenziale ermittelt, aber auch
Kompetenzlücken im Unternehmen
aufgedeckt und geschlossen werden
können.
Zunächst Erfahrungen in Pilotprojek-
ten sammeln
Angesichts der immensen Datenmen-
gen, die ein Unternehmen sammeln und
auswerten muss, kann es sinnvoll sein,
das digitale Kompetenzmanagement
zunächst in einem überschaubaren Be-
reich oder im Rahmen eines bestimmten
Projekts zu starten. Zum Beispiel, wenn
– wie in der Beratungspraxis gesche-
hen – bei einem großen Energiekonzern
eine neue Einheit Finance Excellence
gebildet werden soll. Hier gilt es beim
Aufbau ganz genau zu schauen: Welche
Kompetenzen benötigen wir? Im Con-
trolling? Im Energierecht? In der Risi-
kovorsorge? Und auf der anderen Seite:
Welche Experten aus dem Unterneh-
men kommen hierfür infrage? Welches
Know-how muss von außen beschafft
werden?
Der Vorteil: Startet das digitale Kom-
petenzmanagement in einem begrenz-
ten Bereich des Unternehmens, können
bei diesen Pilotprojekten Erfahrungen
gesammelt und durch positive Erfah-
rungsberichte die Ängste der Mitar-
beiter abgebaut und ihr Engagement
gesteigert werden. Schließlich können
die Mitarbeiter der Unternehmen durch-
aus befürchten, ausgesiebt zu werden,
wenn sie beim automatisierten Kompe-
tenzcheck den Anforderungen des Un-
ternehmens nicht genügen.
Nicht ohne vertrauenswürdige
Privacy-Regeln
Mit einem verantwortungsvollen Um-
gang mit den Daten lässt sich zudem
die Schreckensvision vom gläsernen
Mitarbeiter ausräumen. Denn auch die
sitzt verständlicherweise in den Köp-
fen, wenn einige Start-ups Software
anbieten, mit der sogar erfasst wird,
wie gestresst die Stimme eines Mit-
arbeiters klingt oder wie gut er in der
Nacht schläft. In diesen Bereichen ist
der Persönlichkeitsschutz extrem wich-
tig: Die Daten dürfen nur anonymisiert
und aggregiert weitergegeben werden,
um ein Stimmungsbild für das gesamte
Unternehmen zu erhalten. Zudem muss
jeder Mitarbeiter selbst entscheiden
dürfen, ob er die entsprechende Daten-
erfassung aktiviert oder nicht. Das wie-
derum zeigt auch: Nicht zuletzt braucht
jedes Unternehmen vertrauenswürdige
Privacy-Regeln, um die Mitarbeiter für
das digitale Kompetenzmanagement zu
gewinnen. Denn ohne ihr Engagement
beim Generieren und Pflegen der Da-
ten hilft auch die ausgeklügeltste Soft-
warelösung nichts.
Die große Chance gut
gepflegter und intelli-
gent verknüpfter Daten
liegt in der Geschwin-
digkeit, mit der Poten-
ziale ermittelt werden
können.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
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