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04/17 personalmagazin
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wogen vor Kurzem noch Skepsis und
technische Berührungsangst, haben in-
zwischen zwei Drittel der Unternehmen
zumindest ein technisches Grundver-
ständnis von „mobil“. Ein Drittel sieht
ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Der Anteil der Großunternehmen mit
Karrierewebseiten, die für Mobilgeräte
angepasste Inhalte anbieten, hat sich
innerhalb von drei Jahren auf aktuell 52
Prozent mehr als verdoppelt.
Auf Kandidatenseite zeigt sich der
zunehmende Wunsch, sich mobil nicht
nur zu informieren, sondern auch zu be-
werben. Das ist mit Mobilgeräten noch
umständlich. Daher bieten zehn Prozent
der Top-1.000-Unternehmen eine „One-
Click-Bewerbung“ an. Nach den Unter-
nehmensplanungen werden es bald
dreimal so viele sein. Eine „One-Click-
Bewerbung“ ermöglicht es Bewerbern,
ihr Profil aus einer Lebenslaufdatenbank
mit nur einem Klick in die Datenbank
des Wunscharbeitgebers zu importieren
oder per E-Mail zu versenden.
„Active Sourcing“ nervt schnell
Ein wichtiger Weg zum Kandidaten
bleibt das „Active Sourcing“. Aktuell
sprechen die Großunternehmen Kandi-
daten bei 26 Prozent der offenen Stellen
auch direkt an, im Mittelstand sogar bei
der Hälfte der Vakanzen. Eine beson-
dere Chance der Direktansprache liegt
darin, Kandidaten zu gewinnen, die sich
von alleine nicht auf die offene Stelle be-
worben hätten oder die nicht aktiv auf
der Stellensuche sind. Und das gelingt
immer häufiger: 28 Prozent der Kandi-
daten in unserer Befragung haben sich
durch die Direktansprache bei einem
Unternehmen beworben, bei dem sie
sich sonst nicht beworben hätten. 18
Prozent haben ihren letzten Job durch
die Direktansprache eines Unterneh-
mens gewechselt, obwohl sie nicht aktiv
auf Stellensuche waren.
Aber das führt aus Sicht von mehr als
jedem dritten Unternehmen auch zu ei-
ner Überfischung vieler Kanäle. Die Kan-
didaten sehen dies ähnlich. Einerseits
harmoniert die Direktansprache mit
Kandidatenwünschen, die unverändert
lieber angesprochen werden und sogar
eine Zahlungsbereitschaft für eine bes-
sere Sichtbarkeit äußern. Andererseits
sind die Kandidaten zunehmend von
zu vielen und standardisierten Anfra-
gen ohne persönlichen Bezug genervt.
Jeder Dritte fürchtet, durch ein öffent-
liches Profil zu viele irrelevante Anfra-
gen von Unternehmen zu erhalten, und
noch mehr sind besorgt, dass ihr aktu-
eller Arbeitgeber sie findet, wenn sie ein
Profil öffentlich freischalten. Zudem ha-
ben die Kandidaten Bedenken, dass der
Wunscharbeitgeber gar nicht aktiv nach
qualifizierten Kandidaten in Lebenslauf-
datenbanken sucht.
Frauen in der IT weiter gesucht
Unsere Studien zeigen seit 15 Jahren die
unverändert großen Probleme von Un-
ternehmen, offene IT-Stellen zu beset-
zen. Die Rekrutierung von mehr Frauen
ist einer der meistgenannten Ansätze,
um diese Besetzbarkeitsprobleme zu ad-
ressieren. Über zwei Drittel der befrag-
ten Unternehmen halten es für wichtig,
mehr Frauen für IT-Berufe zu begeis-
tern. In der IT-Branche sind es sogar fast
neun von zehn. Die Hauptgründe, war-
um die deutschen Top-1.000-Unterneh-
men aller Branchen mehr Frauen für
IT-Positionen rekrutieren möchten, sind
nach der genannten Besetzbarkeitspro-
blematik die positive Veränderung des
Arbeitsklimas (bei IT-Unternehmen ist
dies sogar der Hauptgrund) und Auswir-
kungen auf das Unternehmensimage.
Als die wichtigsten Maßnahmen zur
Rekrutierung von Frauen für IT-Positi-
onen geben die Befragten an, häufig an
Programmen zur Nachwuchsförderung
wie „Girls‘ Days“ teilzunehmen (60 Pro-
zent), Möglichkeiten zur Verbesserung
der Work-Life-Balance zu kommunizie-
ren (40 Prozent) oder Frauen in Kampa-
gnen als Vorbilder zu präsentieren (32
Prozent). Doch dies reicht aus Sicht der
IT-Frauen nicht, und viele (44 Prozent)
haben den Eindruck, dass Unterneh-
men nur zu Imagezwecken kommuni-
zieren, dass Frauen willkommen sind.
Entsprechend zeigt ein Blick in die
IT-Abteilungen, dass nicht einmal ein
Zehntel der Mitarbeiter weiblich ist. Bei
den IT-Unternehmen sind nur rund 17
Prozent aller Bewerber für IT-Positionen
weiblich. Dabei ist auch aus Sicht von
IT-Expertinnen der Arbeitsmarkt her-
vorragend.
Wo sind die Frauen in der IT? Für zwei
von drei IT-Fachfrauen liegt der Haupt-
grund für den geringen Frauenanteil in
IT-Positionen darin, dass Frauen „auf-
grund ihrer Persönlichkeit“ eher einen
anderen Tätigkeitsbereich wählen und
dass die Unternehmen sich zu wenig um
langfristige Bindung kümmerten. 46
Prozent vermuten auch generelle Vorbe-
halte bei Frauen gegenüber Tätigkeiten
im IT-Bereich.
Mit wem würde eine IT-Fachfrau am
liebsten zusammenarbeiten? 66 Prozent
wünschen sich im Team idealerweise ein
ausgeglichenes Geschlechterverhältnis,
weitere 30 Prozent arbeiten lieber mit
mehr oder nur Männern zusammen. Nur
vier Prozent der befragten IT-Expertinnen
wollen mehrheitlich oder ausschließlich
mit Frauen zusammenarbeiten. Insge-
samt zeigt sich, dass das Thema Frauen
in der IT kaum wirklich verstanden ist.
Klassische Argumente von zu männ-
lichen Arbeitswelten scheinen teilweise
berechtigt zu sein, reichen aber alleine
nicht, um in Unternehmen wirksame
Maßnahmen zu entwickeln.
TIM WEITZEL
ist Inhaber des Lehrstuhls
für Wirtschaftsinformatik an der Universität
Bamberg und Leiter des CHRIS.
Bewerber wünschen
sich mehr automati-
sierte Systeme. Über
die Hälfte nutzt bereits
„Job Recommender“, die
ihnen passende Stellen
vorschlagen.