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04/17 personalmagazin
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unverzüglich widerspricht (§ 15 Abs. 5
TzBfG). Um dies auszuschließen, kann
der Arbeitgeber schon bei Abschluss des
ersten befristeten Vertrags erklären, dass
eine Vertragsverlängerung nur dann zu-
stande kommt, wenn der Arbeitnehmer
die schriftliche Verlängerung vor Ablauf
der ersten Befristungsvereinbarung,
unterzeichnet. In diesem Fall kann der
Arbeitnehmer das Vertragsangebot des
Arbeitgebers nur durch rechtzeitige Un-
terzeichnung der Vertragsurkunde an-
nehmen. Eine konkludente Annahme des
Vertragsangebots des Arbeitgebers durch
Fortsetzung der Tätigkeit über den Frist­
ablauf des zu verlängernden Vertrages hi-
naus kommt nach Ansicht des BAG hier
nicht in Betracht.
Setzt der Arbeitnehmer in diesem Fall
seine Tätigkeit nach Fristablauf des zu
verlängernden Vertrages fort, ohne den
Verlängerungsvertrag zu unterschreiben,
gilt das Arbeitsverhältnis nach Ansicht
des BAG nicht nach § 15 Abs. 5 TzBfG als
auf unbestimmte Zeit verlängert. In dem
Angebot auf befristete Vertragsverlänge-
rung liege, so das BAG, ein Widerspruch
des Arbeitgebers gegen die Fortsetzung
des Arbeitsverhältnisses im Sinne von
§ 15 Abs. 5 TzBfG, der den Eintritt der
Fiktion des unbefristeten Fortbestands
des Arbeitsverhältnisses hindere. Einen
solchen wirksamen Widerspruch nahm
das BAG auch in einem Fall an, in dem
die Tätigkeit mehrere Monate durch den
Arbeitnehmer fortgesetzt wurde. Das BAG
entschied, dass die weitere Tätigkeit des
Arbeitnehmers in diesem Fall zwar ein
faktisches Arbeitsverhältnis begründe,
sich der Arbeitgeber aber davon jederzeit
lösen könne (BAG, Urteil vom 07.10.2015
– 7 AZR 40/14).
Gesamtbetrachtung: Rechtliche Risi-
ken bei hohem praktischen Nutzen
Die gesetzlichen Bestimmungen und die
aktuelle Rechtsprechung der Arbeitsge-
richte zu zeitbefristeten Arbeitsverträgen
zeigen, dass Befristungsabreden und be-
fristete Vertragsverlängerungen durch-
aus mit rechtlichen Risiken verbunden
sein können. Dennoch ist die Befristung
von Arbeitsverträgen eine sinnvolle und
bei entsprechender Rechtsanwendung
und Sorgfalt auch handhabbare Variante,
die in der Praxis nicht mehr wegzuden-
ken ist.
HENNING HORST
ist Rechts-
anwalt und Fachanwalt für
Arbeitsrecht bei Arbeitsrecht
Reckler & Horst Partnerschaft
von Rechtsanwälten in Nürnberg.
Nicht selten werden Arbeitnehmer wiederholt zeitlich befristet angestellt, ohne dass
hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. § 14 Abs. 2 TzBfG lässt dies ausdrücklich zu, wenn
nicht bereits zuvor mit demselben Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Bei der Frage, ob mit „demselben Arbeitgeber“ bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis
bestanden hat, ist auf den rechtlichen Arbeitgeberbegriff abzustellen. Maßgeblich ist
also, ob mit derselben juristischen oder natürlichen Person als Vertragsarbeitgeber
bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Aus alledem folgt, dass Arbeitsverträge bei
Neueinstellungen grundsätzlich ohne Weiteres auch ohne Vorliegen eines sachlichen
Grundes zeitlich befristet werden können.
Nach Auffassung des BAG könne jedoch die Ausnutzung der durch das TzBfG vorgesehe-
nen Gestaltungsmöglichkeiten unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich
sein. So sei es dem Arbeitgeber nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich
auf die Befristungsmöglichkeit des § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG zu berufen, wenn mehrere
rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem oder gewolltem
Zusammenwirken aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit einem Arbeitneh-
mer ausschließlich deshalb schließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2
Satz 1 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen
aneinanderreihen zu können. Der unredliche Vertragspartner könne sich auf die Befris-
tungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG nicht berufen (vgl. BAG Urt. v. 24.06.2015
– 7 AZR 452/13).
Vergleichbare Fragestellungen können sich auch im Zusammenhang mit einer Arbeit-
nehmerüberlassung ergeben. Nach einer Entscheidung des LAG Hessen vom 22.01.2016
sei die Konstellation, in der der Arbeitnehmer zunächst sachgrundlos befristet bei einem
Unternehmen als Leiharbeitnehmer eingestellt war und sodann sachgrundlos befristet
bei dem Unternehmen eingestellt wird, an das er zuvor verliehen worden war, grund-
sätzlich nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Zwar sei ein Rechtsmissbrauch auch
in dieser Konstellation denkbar. Da aber die vertragliche Übernahme des Arbeitnehmers
in das Entleihunternehmen gerade der durch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
(AÜG) gewünschte Effekt sei, sei eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung selbst dann
nicht indiziert, wenn das Verleih- und das Entleihunternehmen tatsächlich und rechtlich
verbunden sind und der Arbeitnehmer nahtlos weiterbeschäftigt wird.
Anders sei dies jedoch im spiegelbildlichen Fall zu bewerten, also wenn ein Arbeitneh-
mer zunächst bei dem späteren Entleiher sachgrundlos befristet eingestellt und sodann
von dem Verleihunternehmen sachgrundlos befristet eingestellt, um an den Vorarbeit-
geber verliehen und dort auf dem ursprünglichen Arbeitsplatz eingesetzt zu werden
(vgl. LAG Hessen v. 22.01.2016 – 14 Sa 966/15).
Verbundene Vertragsarbeitgeber
SONDERFÄLLE
1...,55,56,57,58,59,60,61,62,63,64 66,67,68,69,70,71,72,73,74,75,...84
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