personalmagazin 11/2017 - page 63

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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
nach § 10 Arbeitnehmerüberlassungs-
gesetz (AÜG) automatisch ein Arbeits-
vertrag mit dem Entleiher zustande. Der
Arbeitnehmer kann dem zwar widerspre-
chen – aber nur im Nachhinein, nicht
bereits vorsichtshalber und im Voraus.
Das mag vielleicht in vielen Fällen keine
Rolle spielen, wenn sich die IT-Kraft oh-
nehin weder beim IT-Dienstleister noch
beim Kundenunternehmen durch einen
Arbeitsvertrag binden lassen will. Aller-
dings droht auch eine Strafbarkeit der
Verantwortlichen beimKundenunterneh-
men, wenn diese die IT-Kräfte gegenüber
den Sozialversicherungsträgern nicht
als eigene abhängig Beschäftigte (also
als eigene Arbeitnehmer) behandeln
(§ 266a StGB, sogenannte Beitragshinter-
ziehung).
Reform bringt härtere Sanktionen
Zudem ist jeder der folgenden Verstö-
ße bußgeldbewehrt. Diese Sanktionen
drohen nunmehr, wenn gegen eine
stark ausgeweitete Zahl an gesetzlichen
Pflichten (auch) für das Kundenunter-
nehmen verstoßen wird:
Bisher galt nur die Regel, dass Ar-
beitnehmerüberlassung ohne die erfor-
derliche Erlaubnis zur Unwirksamkeit
sowohl des Arbeitsvertrags mit dem
Verleiher als auch des Überlassungs-
vertrags zwischen Verleiher und Entlei-
her führte (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG). Das
ist nach wie vor der Fall. Allerdings
konnten sich die Vertragspartner eines
anderen Vertrags (insbesondere eines
Dienst- oder Werkvertrags) damit behel-
fen, dass der Verleiher vorsichtshalber
eine Arbeitnehmerüberlassungserlaub-
nis vorhielt, obwohl der konkrete Ver-
trag nicht als Arbeitnehmerüberlassung
gewollt war. Das genügt allerdings nicht
mehr – was die Bundesministerin für
Arbeit und Soziales auch so wollte.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern
und Zeitarbeitnehmern sind neuerdings
auch unwirksam, wenn die Person der
Zeitarbeitskraft nicht im Projektvertrag
oder unter Bezug auf diesen konkreti-
siert wurde. Wahrscheinlich werden die
Drittkräfte noch nicht immer vor ihrem
Einsatz konkretisiert, diese Anforde-
rung ist aber im Grunde einfach leistbar.
Praktisch schwer leistbar ist hingegen,
dass die später als Arbeitnehmerüber-
lassung qualifizierte Leistung gleich im
Scrum-Projektvertrag ausdrücklich als
solche bezeichnet werdenmuss. Andern-
falls werden Arbeitsverträge zwischen
Verleihern und Zeitarbeitnehmern neu-
erdings ebenfalls unwirksam – wohl-
gemerkt: Nach dem Willen des Gesetz-
gebers nur der Arbeitsvertrag mit dem
„Entleiher“, nicht der Projektvertrag an
sich. Der Kunde hat dann also die ver-
meintliche Drittkraft als eigenen Arbeit-
nehmer gewonnen, das IT-Unternehmen
ist aber nach wie vor Vertragspartner
des Kunden und darf die Leistung (eben-
falls) erbringen, wenn im Vertrag nicht
Vorkehrungen für solche Unglücksfälle
getroffen werden. Noch völlig ungeklärt
ist, ob die Parteien des Scrum-Vertrags
diesen sicherheitshalber als „Arbeitneh-
Hemmnis AÜG-Reform: Neue
rechtliche Vorgaben erschweren
agile Vorgehensmodelle.
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