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RECHT
_AGILITÄT
personalmagazin 11/17
A
gile Projektarbeit und insbe-
sondere Scrum dürften mitt-
lerweile Praxis in fast jedem
größeren Unternehmen sein.
Je weiter sich die digitale Disruption
ausweitet, desto intensiver wird der Be-
darf an schneller, flexibler Entwicklung
neuer Projekte und damit derzeit fast
unweigerlich an dem Vorgehensmodell
Scrum. Die meisten Unternehmen kön-
nen viele Scrum-Projekte nicht mehr
ausschließlich mit eigenen Mitarbeitern
bewältigen. Das kann an der erforder-
lichen Spezialisierung genauso liegen
wie schlicht am schnell steigenden Per-
sonalbedarf, der durch Einstellungen
nicht mehr zu bewältigen ist. Externe
Kräfte können sowohl jeder für sich als
auch über einen größeren Dienstleister
oder Provider engagiert werden. Die da-
mit verbundenen Fragestellungen sind
sehr ähnlich. Einmal geht es um die Ab-
grenzung von Selbstständigen zu Arbeit-
nehmern, das andere Mal um diejenige
von Werk- und Dienstverträgen zu Ar-
beitnehmerüberlassung. Auch die Krite-
rien sind ähnlich. Einige Unternehmen
verzichten wegen der Risiken auf das
Engagement einzelner Freelancer. Aus
Platzgründen sei in diesem Beitrag da-
her die zweite Gruppe – die Einbindung
von Drittkräften über Dienstleister oder
Provider – betrachtet.
Leider ist die Politik in der kürzlich
zu Ende gegangenen Legislaturperiode
nicht in der Lage gewesen, den gesetz-
lichen Rahmen an die Bedürfnisse der
Praxis und der modernen Entwicklung
Von
Dietmar Heise
anzupassen. Der Gesetzgeber war nicht
einmal schnell – was ausnahmsweise gut
war: Die gesetzlichen Neuerungen gehen
in die falsche Richtung. So hat die große
Koalition zum 1. April dieses Jahres vor
allem die Regeln für Arbeitnehmerüber-
lassung verschärft. Nun steht fest, dass
die Überlassung eines Arbeitnehmers
an einen Entleiher nur noch maximal 18
Monate möglich ist.
Stammarbeitsplätze über alles?
Eine Beschränkung war zu erwarten,
weil das Europarecht vorgibt, dass eine
Arbeitnehmerüberlassung nur vorüber-
gehend möglich ist. Im Zusammenhang
mit Scrum dürfte diese Höchstgrenze
zudem für viele Projekte genügen.
Allerdings führt die Knappheit ins-
besondere der IT-Fachkräfte dazu, dass
viele Unternehmen einmal als quali-
fiziert bekannte Drittkräfte möglichst
nachhaltig für Folgeprojekte einsetzen
wollen. Das ist nachvollziehbar. Die
Praxis nähert sich damit jedoch dem
funktionalen Ersatz von Stammarbeits-
plätzen durch Zeitarbeitskräfte. Solange
der Stammarbeitsplatz in Deutschland
über allem steht, wird diese Praxis an-
greifbar bleiben. Diese Sicht mag für die
herkömmliche industrielle Fertigung
auch noch nachvollziehbar und von den
Betroffenen akzeptiert sein. Die höher
Qualifizierten in der IT, aber auch in
vielen anderen kreativen Bereichen,
sehen sich jedoch nicht mehr in einem
lebenslangen Arbeitsverhältnis. Viele
qualifizierte IT-Kräfte wollen sich gera-
de nicht in einem Dauerarbeitsverhält-
nis binden. Daher fällt es selbst großen
IT-Dienstleistern nach wie vor schwer,
IT-Kräfte an sich zu binden und sie dann
qua Arbeitnehmerüberlassung an die
Kundenunternehmen zu verleihen.
Auch die verschärften Regeln zu
Equal Pay und Equal Treatment spie-
len bei den regelmäßig gut verdienen-
den IT-Kräften häufig keine wirkliche
Rolle. In der Praxis geht es vielmehr
um die neuen Sanktionen des Arbeit-
nehmerüberlassungsgesetzes gegen
Vertragsgestaltungen, die nicht als Ar-
beitnehmerüberlassung gewollt waren,
von der Rechtsprechung (und den So-
zialversicherungsträgern) hingegen im
Nachhinein als sogenannte „verdeckte“
Arbeitnehmerüberlassung klassifiziert
werden. Falsche Bewertungen haben
seit dem 1. April dieses Jahres erheblich
weitreichendere Wirkungen als früher.
Die Anforderungen an eine rechtmäßi-
ge Gestaltung wurden deutlich erhöht,
womit automatisch der Anwendungsbe-
reich der Sanktionen steigt.
Wenn das Gesetz den Arbeitsvertrag
zwischen Verleiher und Zeitarbeitneh-
mer in den nachfolgend beschriebenen
Fällen für unwirksam erklärt, kommt
Agiles Scrum, starres Recht
ÜBERBLICK.
In Unternehmen spielt die agile Projektorganisation eine zunehmend
größere Rolle – auch wenn sich das Arbeitsrecht zum Hemmnis weiterentwickelt hat.
Checkliste
Was Entleiher beim Einsatz von
Leiharbeitern beachten müssen (HI2339499)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE