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          11/17  personalmagazin
        
        
          Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
        
        
        
          dokumentiert sein“. Entscheidend soll
        
        
          also sein, wann der Versicherte nach au-
        
        
          ßen dokumentiert, dass er sich wieder
        
        
          in Richtung seines ursprünglichen Ziels
        
        
          bewegen will. Hand aufs Herz bevor Sie
        
        
          weiterlesen: Ist der Unfall nach dem ge-
        
        
          scheiterten Semmelkauf noch einem un-
        
        
          versicherten Privatweg oder wieder dem
        
        
          versicherten Arbeitsweg zuzuordnen?
        
        
          Entscheiden Sie sich für einen Versi-
        
        
          cherungsschutz, so gehen Sie mit den
        
        
          Richtern des Bayerischen Landessozi-
        
        
          algerichts konform. Denn diese stellten
        
        
          fest, dass der Kläger durch die Umkehr
        
        
          vor dem vollen Bäckerladen wieder in
        
        
          Richtung seiner Arbeitsstätte unter-
        
        
          wegs war. Da dieser auch noch glaub-
        
        
          haft versicherte, dass er nicht noch in
        
        
          ein anderes Lebensmittelgeschäft habe
        
        
          gehen wollen, da ihm das pünktliche
        
        
          Erscheinen an der Arbeitsstelle beson-
        
        
          ders wichtig war, stehe sein „äußeres
        
        
          Handeln mit seiner inneren Tendenz –
        
        
          zur Arbeit gelangen – in Einklang“. Das
        
        
          LSG argumentierte weiter: „Unter Her-
        
        
          anziehung des Grundsatzes der objek-
        
        
          tivierten Handlungstendenz“ sei damit
        
        
          im Augenblick der Kapitulation vor der
        
        
          langen Verkaufsschlange die Absicht do-
        
        
          kumentiert, den privaten Semmelkauf
        
        
          aufzugeben und den versicherten Weg
        
        
          wieder aufzunehmen.
        
        
          BSG: Auto spielt tragende Rolle
        
        
          Dieser Ansicht haben sich die entschei-
        
        
          denden Richter am Bundessozialgericht
        
        
          jedoch nicht angeschlossen, sie erweiter-
        
        
          ten die Theorie zur Handlungstendenz
        
        
          um eine zusätzliche Voraussetzung. Die-
        
        
          se lautet im Ergebnis: Bei Wegstrecken,
        
        
          die mit dem Auto zurückgelegt werden,
        
        
          ist das Fahrzeug als „weiteres objekti-
        
        
          ves Kriterium zur Wiederbegründung
        
        
          des Versicherungsschutzes einer das
        
        
          Ende der Unterbrechung nach natürli-
        
        
          cher Betrachtungsweise markierenden
        
        
          Handlung heranzuziehen“. Mit anderen
        
        
          Worten: Wer aus einer Autofahrt heraus
        
        
          seinen Arbeitsweg unterbricht, dessen
        
        
          versicherter Weg beginnt erst wieder,
        
        
          wenn er wieder in sein Fahrzeug ein-
        
        
          gestiegen ist. Dies gilt auch dann, wenn
        
        
          er seine „Umkehrabsicht“ – wie von der
        
        
          Vorinstanz angenommen – schon vorab
        
        
          erfolgreich unter Beweis gestellt hatte.
        
        
          Die BSG-Richter ließen sich vom „Vor-
        
        
          rang der Autofahrt“ auch nicht mit dem
        
        
          Argument abbringen, dass so die Bewer-
        
        
          tung von Wegeunfällen davon abhängen
        
        
          kann, obderWeg zurArbeit fußläufigoder
        
        
          mit dem Auto zurückgelegt wird. So neh-
        
        
          men sie in Kauf, dass der Unfall, wäre der
        
        
          Mitarbeiter zu Fuß unterwegs gewesen,
        
        
          als Arbeitsunfall hätte gelten müssen.
        
        
          
            BSG-Urteil,Az.B2U1/16R;Vorinstanz
          
        
        
          
            Bayerisches LSG, Az. L3 U 402/13
          
        
        
          Metzgereifall bestätigt Semmelurteil
        
        
          Auch im „Metzgereifall“ Fall hat sich das
        
        
          BSG mit einem Sachverhalt befasst, der
        
        
          auf Arbeitswegen typisch ist. Das liest
        
        
          sich in der Sprache der Bundesrichter
        
        
          wie folgt: „Die Versicherte sah auf ih-
        
        
          rem Nachhauseweg eine Metzgerei, gab
        
        
          ihrem Hungergefühl nach und hielt ihr
        
        
          Fahrzeug am rechten Fahrbahnrand an.“
        
        
          Anders als im Semmelfall musste sie
        
        
          hier aber noch nicht einmal die Straße
        
        
          überqueren, sondern ging nur wenige
        
        
          Schritte bis zu einer Metzgerei, wo sie
        
        
          einen Einkauf tätigte. Dann ging sie wie-
        
        
          der zu ihrem Fahrzeug, wo sie – auf dem
        
        
          Bürgersteig stehend – die Beifahrertür
        
        
          öffnete, die eingekauften Nahrungsmit-
        
        
          tel auf dem Beifahrersitz abstellte und
        
        
          die Tür wieder verschloss. Anschließend
        
        
          stolperte sie jedoch auf dem Weg zur
        
        
          Fahrertür und verletzte sich.
        
        
          Auch hier blieb das BSG bei seiner kon-
        
        
          sequenten Auffassung zum Wegeunfall
        
        
          im Zusammenhang mit einer Autofahrt.
        
        
          Analog zum Semmelfall bestanden die
        
        
          Richter auch hier darauf, dass erst durch
        
        
          das Einsteigen und das Platznehmen auf
        
        
          dem Fahrersitz die „Handlungstendenz
        
        
          auch nach außen erkennbar wieder da-
        
        
          rauf gerichtet sei, den ursprünglichen
        
        
          versicherten Weg wiederaufzunehmen“.
        
        
          Zwar habe die Versicherte ihre Einkäufe
        
        
          Nicht nur beim Wegeunfall, sondern auch bei „echten“ Arbeitsunfällen stellt sich
        
        
          manchmal erst Jahre später heraus, ob es sich tatsächlich um einen Arbeits- oder um
        
        
          einen Privatunfall gehandelt hat. Dennoch sind notwendige Behandlungen gesichert.
        
        
          Wenn ein Unfall passiert, sollen die Betroffenen selbstredend nicht darunter leiden,
        
        
          wenn sich die verschiedenen Leistungsträger über ihre Zuständigkeit nicht einig sind.
        
        
          Dies gilt gerade dann, wenn aufgrund von schweren Unfallfolgen Spezialoperationen
        
        
          oder Reha-Maßnahmen notwendig sind. Betroffene dürfen insoweit nicht mit dem
        
        
          Hinweis, es müsse erst die „Zuständigkeit abgeklärt werden“, von Heilbehandlun-
        
        
          gen ausgeschlossen werden. Für diese Fälle kann die Anwendung einer Vorschrift
        
        
          aus dem Sozialgesetzbuch I zusätzlich helfen und insbesondere dazu führen, dass in
        
        
          streitigen Fällen zunächst Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung angefordert
        
        
          werden können – auch wenn sich später herausstellen sollte, dass tatsächlich „nur“
        
        
          ein Privatunfall anzunehmen ist.
        
        
          In § 43 SGB I heißt es: „Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen
        
        
          mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann der unter
        
        
          ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren
        
        
          Umfang er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er hat Leistungen nach Satz 1
        
        
          zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen
        
        
          spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.“
        
        
          Wer leistet, wenn keiner leisten will
        
        
          
            HINWEIS