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            MANAGEMENT
          
        
        
          _CHANCENGERECHTIGKEIT
        
        
          personalmagazin  11/17
        
        
          W
        
        
          er Fachkräfte halten und
        
        
          gewinnen möchte, muss
        
        
          die Arbeit an die Lebens-
        
        
          realitäten seiner Mitarbei-
        
        
          ter anpassen. Talente legen zunehmend
        
        
          Wert darauf, dass Arbeit flexibel und
        
        
          familiengerecht gestaltet wird. Das Ber-
        
        
          liner Start-up Tandemploy bietet eine
        
        
          Lösung: ein Job, zwei Mitarbeiter. „Die
        
        
          Arbeit muss zum Leben passen, nicht
        
        
          umgekehrt“, so die beiden Gründerin-
        
        
          nen Jana Tepe und Anna Kaiser. Auch sie
        
        
          teilen sich die Unternehmensführung in
        
        
          einem Jobsharing-Modell.
        
        
          Jobsharing als Geschäftsmodell
        
        
          Dass Tandems vor allem auf Führungs-
        
        
          ebene mehr Effizienz und Innovations-
        
        
          kraft ermöglichen, davon sind Anna
        
        
          Kaiser und Jana Tepe überzeugt. Seit
        
        
          2013 bieten die Gründerinnen von Tan-
        
        
          demploy Jobsuchenden eine Online-
        
        
          plattform, auf der man passende Tan-
        
        
          dempartner oder flexible Unternehmen
        
        
          finden kann. Für sie stellt Jobsharing
        
        
          eine logische Konsequenz der aktuellen
        
        
          Veränderungen am Arbeitsmarkt dar:
        
        
          „Wenn sich hierarchische Strukturen
        
        
          immer mehr zu Netzwerkorganisati-
        
        
          onen wandeln, müssen wir die starre
        
        
          40-Stunden-Woche und auch die Art der
        
        
          Zusammenarbeit fundamental überden-
        
        
          ken. Kooperation schlägt hier eindeutig
        
        
          Konkurrenz – dafür ist Jobsharing ein
        
        
          Sinnbild“, erklärt Jana Tepe.
        
        
          Viele Unternehmen verhalten sich
        
        
          beim Thema „flexibles Arbeiten“ noch
        
        
          zögerlich. „Dabei liegen die Hürden
        
        
          Von
        
        
          
            Frederice Baack
          
        
        
          Gerecht geteilt
        
        
          
            PRAXIS.
          
        
        
          Echte Chancengerechtigkeit entsteht nur, wenn sie vorgelebt wird. Das macht
        
        
          das Start-up Tandemploy und hilft auch anderen Firmen, diesen Anspruch zu erfüllen.
        
        
          meist nur in den Köpfen“, findet Anna
        
        
          Kaiser. „Es wird höchste Zeit, die Art und
        
        
          Weise, wie wir arbeiten, zu überdenken.
        
        
          Wenn uns die Flexibilisierung von Orga-
        
        
          nisationen und Strukturen nicht gelingt,
        
        
          brauchen wir über die Vereinbarkeit von
        
        
          Familie und Beruf gar nicht erst zu re-
        
        
          den.“ Für die Tandemploy-Gründerinnen
        
        
          kann Jobsharing einen wichtigen Beitrag
        
        
          zur Gleichberechtigung im Beruf leisten,
        
        
          weil das Modell verstärkt auch Männer
        
        
          anspreche. „Nur wenn beide – Männer
        
        
          und Frauen – lebensfreundlicher arbei-
        
        
          ten können, gewinnen am Ende alle.
        
        
          Flexible Arbeitsmodelle sind kein Frau-
        
        
          enthema“, betont Tepe.
        
        
          Chefsache-Award für Tandemploy
        
        
          Vor diesem Hintergrund wurde das
        
        
          Modell von Tandemploy beim Zeit-Wirt-
        
        
          schaftsforum von der Initiative Chefsa-
        
        
          che mit dem Chefsache-Award geehrt.
        
        
          Die Initiative Chefsache ist ein Netz-
        
        
          werk von Führungskräften, das sich für
        
        
          ein ausgewogenes Verhältnis von Män-
        
        
          nern und Frauen in Führungspositionen
        
        
          einsetzt. Während viele Unternehmen
        
        
          hinsichtlich flexibler Arbeitsmodelle
        
        
          noch zurückhaltend agieren, unter-
        
        
          sucht die Initiative in einem Report die
        
        
          Bedeutung, Erfolgsaussichten und
        
        
          Hindernisse solcher Modelle und legt
        
        
          einen praktischen Baukasten vor, mit
        
        
          dem die Umsetzung flexiblen Arbeitens
        
        
          in Führungspositionen gelingen kann
        
        
          (siehe Textkasten). Chefsache sieht in
        
        
          Arbeitsmodellen wie Jobsharing, mobi-
        
        
          lem Arbeiten und reduzierter Vollzeit
        
        
          einen wesentlichen Beitrag zur gleich-
        
        
          berechtigten Teilhabe von Frauen und
        
        
          Männern im Beruf. „Präsenzkultur und
        
        
          Vollzeiteinsatz sind in deutschen Füh-
        
        
          rungsetagen noch immer gang und gäbe,
        
        
          auch wenn sie nicht mehr der Lebens-
        
        
          realität vor allem weiblicher Führungs-
        
        
          kräfte entsprechen. Ein überkommenes
        
        
          Führungsverständnis und überkomme-
        
        
          ne Vorstellungen von Karriere stellen
        
        
          eine wesentliche Hürde dar“, erklärt Dr.
        
        
          Bernhard Beck, Mitglied der Initiative
        
        
          Chefsache und Vorstand bei EnBW.
        
        
          Flexibilisierung ist Voraussetzung
        
        
          Alte Strukturen führen dazu, dass
        
        
          Frauen in Führungspositionen noch
        
        
          immer auffallend unterrepräsentiert
        
        
          sind. Eine stärkere Flexibilisierung der
        
        
          Arbeit in Führungspositionen wird es
        
        
          Frauen leichter machen, Einzug in die
        
        
          deutschen Chefetagen zu halten. Denn:
        
        
          Frauen wie Männer setzen sich beruf-
        
        
          lich anspruchsvolle Ziele und wollen
        
        
          sich weiterentwickeln. Gleichzeitig sind
        
        
          die Frauen immer noch diejenigen, die
        
        
          primär der familiären Fürsorgepflicht
        
        
          nachkommen. Flexible Arbeitsmodelle
        
        
          kommen ihren Bedürfnissen entgegen.
        
        
          Doch nicht nur Frauen, sondern das
        
        
          Gros der künftigen Führungsriege der
        
        
          Generation Y erwartet ein höheres Maß
        
        
          an Selbstbestimmung, Selbstverantwor-
        
        
          tung und eine individuellere Work-Life-
        
        
          Balance. Und in Zeiten von Arbeit 4.0
        
        
          setzt gute Führung weder Ortsbindung
        
        
          noch Vollzeitpräsenz voraus. Neue Tech-
        
        
          nologien sorgen dafür, dass Menschen
        
        
          künftig viel vernetzter, digitaler und fle-
        
        
          xibel arbeiten werden als bisher. Maß-
        
        
          geblich ist ein kultureller Wandel, der in
        
        
          den Köpfen aller Mitarbeiter und Arbeit-