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SPEZIAL
_PERSONALDIENSTLEISTUNGEN
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personalmagazin 12/17
Doch es bleibt die Frage: Welchen
Lohn müssen die Dienstleister genau
bezahlen und wie bestimmt sich der
Vergleichslohn? Weil dies keine Vor-
schrift genau definiere, sei Equal Pay
momentan nicht zu hundert Prozent
rechtssicher umzusetzen, stellt Andreas
Nusko fest. Dabei hätte der CFO von
Randstad, Jan Ole Schneider, einen Vor-
schlag, der recht einfach Abhilfe schaffen
könnte: „Es würde doch schon erheblich
weiterhelfen, wenn die Bundesagentur
für Arbeit klar sagen würde, welche Be-
standteile zu Equal Pay gehören und wel-
che nicht. Da müsste noch nicht einmal
der Gesetzgeber selbst Hand anlegen.“
Auch Rupert Felder sieht die Schwie-
rigkeiten bei der Equal-Pay-Berechnung,
meint aber auch: „Nehmen Sie den Strom
an der E-Tankstelle oder die Gesund-
heitsmaßnahme für Mitarbeiter: Ist dies
für Equal Pay zu berücksichtigen? Letzt-
lich werden immer wieder Regelungs-
fragen aufgeworfen, die am Ende die
Gerichte klären müssen.“ Zuletzt habe
das Beispiel des gesetzlichen Mindest-
lohns jedoch gezeigt, wie lange es dau-
ern kann, bis halbwegs Rechtsklarheit
durch die höchstrichterliche Rechtspre-
chung herrsche. „Im Zweifel müssen die
Unternehmen die Unsicherheit bis zur
endgültigen Klärung eingehen.“
Im Ergebnis sehen beide Vertreter
der Personaldienstleister in den neuen
Vorgaben unnötige Fesseln. „Die Regu-
lierungen helfen keinem weiter. Unse-
re Kunden wollen sie nicht und unsere
Mitarbeiter, unser Betriebsrat und auch
wir selbst wollen sie nicht“, stellt Jan Ole
Schneider fest. Und Andreas Nusko er-
läutert: „Von unserer Seite und für dieses
Jahr kann man das Gesetz nur mit einem
Wort bezeichnen: Prozesskosten.“
Werkvertrag als offene Baustelle
Anders als die nun erneut regulierte
Arbeitnehmerüberlassung bleibt ein
anderer Bereich ziemlich unberührt
– obwohl dort einiges unbeantwortet
ist. Darauf lenkt der Personalleiter von
Heidelberger Druck den Blick. „Offen ist
das ganze Thema Werkverträge, die Un-
ternehmen ja auch nutzen. Hinweise zur
Integration oder Weisung von externen
Arbeitskräften sind nach wie vor unsi-
cher – und das in einem Bereich, der in
einer digitalisierten Welt an Bedeutung
gewinnt“, mahnt Felder, der sogleich
einen Wunsch an eine kommende Bun-
desregierung anschließt: „Wir brauchen
hier keine gesetzliche Regelung, aber si-
cher Experimentierfreude und Raum für
neue Beschäftigungsimpulse. Ich bin ge-
spannt, ob die neue Regierung eine nöti-
ge Diskussion zu unterschiedlichen Be-
schäftigungsformen mit verschiedenen
Einstiegen und Ausprägungen zulässt.
Denn bislang zählt alleine die sozialver-
sicherungspflichtige, abhängige und un-
befristete Beschäftigung.“ Vielleicht tra-
ge ja die Nähe des Regierungssitzes zur
Innovationskultur der Berliner Start-up-
Szene zu neuen Ideen bei, hofft Felder.
Auch bei Randstad und Franz & Wach
wünscht man sich eine offene Diskussi-
on. „Gerade die jüngeren Arbeitskräfte,
die zu uns kommen, wollen Abwechs-
lung“, erläutert Jan Ole Schneider. „Sie
wollen mal ein anderes Unternehmen
kennenlernen, in Projekten oder in un-
terschiedlichen Vertragsformen arbei-
ten. Dies alles zeitlich begrenzt und am
besten noch digital unterstützt.“ Hierzu
liefere der Gesetzgeber jedoch bislang
überhaupt keine Antwort. Andreas Nus-
ko blickt auch auf andere Bereiche, in de-
nen er Veränderungen wahrnimmt: „Wir
sehen zum Beispiel bei uns intern, dass
viele Mitarbeiter die alten Konventionen
nicht mehr brauchen und wollen. Da
braucht es keinen Firmenwagen mehr,
aber eben auch keine feste Arbeitszeit.“
Zeitarbeit als Rekrutierungskanal
Eine offene Diskussion wünscht sich
Rupert Felder auch auf einem ganz
anderen Feld, nämlich dem Zweck der
Arbeitnehmerüberlassung. „Zeitarbeit
hat sich auch zu einem wichtigen Re­
cruiting-Kanal von Unternehmen entwi-
ckelt. Ich glaube, das ist legitim, es muss
aber auch in der politischen Diskussion
betont werden.“ Zeitarbeit helfe nämlich
wesentlich beim Einstieg in eine nach-
haltige Beschäftigung, hebt Felder her-
vor. Gerade, weil es Firmen zunehmend
schwer fällt, geeignete Mitarbeiter zu
finden, sei die Zeitarbeit attraktiv und
diene als eine Art Probezeit. „Die Vor-
selektion oder ersten Qualifizierungs-
schritte werden dem Unternehmen vom
Personaldienstleister abgenommen, so-
dass lediglich die betriebliche Einarbei-
tung bleibt“, nennt Felder die Vorzüge.
Mit diesem Zweck der Zeitarbeit ha-
ben die Personaldienstleister auch kein
Problem, obwohl im Zweifel der Auftrag
endet und vermutlich ein guter Mitarbei-
ter das Unternehmen wechselt. „Das ist
Teil des Modells und die Funktion, die
Zeitarbeit leistet“, sagt Jan Ole Schnei-
der. Zumal in einem solchen Fall auch re-
gelmäßig eine Gebühr berechnet werde,
die den Aufwand des Personaldienstleis„Beim Thema Werkver-
trag brauchen wir keine
gesetzliche Regelung,
aber sicherlich Expe-
rimentierfreude und
Raum für neue Beschäf-
tigungsimpulse.“
Professor Rupert Felder ist Leiter HR bei der
Heidelberger Druckmaschinen AG
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