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ORGANISATION
_EXPERTENKARRIERE
personalmagazin 12/17
I
n der Organisationsforschung
wurde die Führungsrolle lange als
entscheidendes Kriterium für den
Unternehmenserfolg betrachtet.
Aber letztlich sind gerade auch fachli-
che Kompetenzen ausschlaggebend, um
strategische Wettbewerbsvorteile zu er-
zielen. Deshalb spielen Experten nicht
nur in entwicklungsintensiven und tech-
nologiegetriebenen Geschäftsbereichen
eine wesentliche Rolle, sondern auch
in den Bereichen Recht, Finanzen oder
Marketing. Selbst im Vertrieb komplexer
Wirtschaftsgüter ist ein Erfolg ohne gro-
ßes fachliches Know-how nicht möglich.
Somit existieren Expertenpositionen in
jedem Unternehmen, unabhängig von
Branche oder Größe und unabhängig
davon, ob sie als solche erkannt, aner-
kannt, gefördert und vergütet sind.
Von
Leon Jacob
und
Frank Gierschmann
Obwohl die Rolle von Experten also
bedeutsam ist für den Erfolg von Unter-
nehmen, erfährt sie in der Praxis viel-
fach nicht die Wertschätzung, die ihr
gebührt. Für Experten fehlen – anders
als für ihre Kollegen in Führungsrollen
– häufig institutionell verankerte Ent-
wicklungsstrategien und -maßnahmen.
Nicht ohne Grund sind Mitarbeiter in
Forschung und Entwicklung von Indus-
trieunternehmen überdurchschnittlich
unzufrieden: Sie empfinden sich als
überqualifiziert und sehen abseits einer
Führungslaufbahn keine Entwicklungs-
perspektiven.
Um dem entgegenzuwirken, sollten
Unternehmen ihren Experten ihre Wert-
schätzung zeigen. Dafür ist es zunächst
unerlässlich, essenzielle Expertenposi-
tionen und -rollen innerhalb der Orga-
nisation zu identifizieren. Dabei lassen
sich Experten generell anhand der in der
Abbildung „Wer ist Experte?“ gezeigten
Merkmale identifizieren.
Vorteile von Laufbahnmodellen
Die in der Abbildung gezeigten verschie-
denen Definitionsmerkmale lassen erah-
nen, dass das, was in einem Unterneh-
men als Expertenrolle verstanden wird,
in einer anderen Organisation ganz an-
ders eingeordnet werden kann. Trotz aller
Definitionsunterschiede folgen Unterneh-
men in der Praxis aber mit der Einfüh-
rung von Laufbahnmodellen zunächst
einem klassischen Ansatz, um fachlich
fitten Mitarbeitern Entwicklungswege
im Unternehmen aufzuzeigen. Diese
Modelle werten die Expertenrolle auf
und führen zu mehr Anerkennung, die
auch sichtbar wird – sowohl intern wie
extern. Gleichzeitig können sich die Mit-
arbeiter in fachlichen Positionen weiter-
entwickeln. Nicht zuletzt vereinfachen
klare Laufbahnstrukturen auch das HR-
Management entlang des gesamten Mit-
arbeiterzyklus - von der Rekrutierung
bis zur Nachfolgeplanung.
Mit guten Laufbahnmodellen lassen
sich zudem Fehlbesetzungen vermeiden:
Denn so werden High Performer, die
sich in ihrer Expertenrolle wohlfühlen,
aber nicht über Führungskompetenzen
verfügen, nicht in eine Führungsrolle
befördert. Statt sich sowohl persönlich
als auch karrieretechnisch in eine Sack-
gasse zu manövrieren, können diese
Leistungsträger den nächsten Karriere-
schritt gehen, ohne disziplinarische Ver-
antwortung übernehmen zu müssen. So
wird ihr Expertenstatus gestärkt. Zudem
bleibt den Experten und ihren Kollegen
So läuft‘s mit den Experten
KONZEPTE.
In vielen Unternehmen landen fachlich fitte Mitarbeiter in der Karriere
sackgasse. Wie attraktive Expertenlaufbahnen aussehen und welche Modelle es gibt.
Definitionsmerkmale von Expertenrollen
Beitrag zum
strategischen Wett-
bewerbsvorteil
bereichsübergrei-
fende fachliche
Verantwortung
außerordentliche
Fachkenntnisse
eingeschränkte
Marktverfügbarkeit
WER IST EXPERTE?
Die Frage, wer als Experte gilt, beantworten Unternehmen unterschiedlich. Auf manche
Experten trifft nur eines der vier dargestellten Kriterien zu, – auf andere alle vier.