personalmagazin 12/2017 - page 63

63
12/17 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
vorschriften nach § 2 Abs. 2 DrittelbG
zugerechnet, also bei Bestehen eines
Beherrschungsvertrags oder bei aktien-
rechtlicher Eingliederung. Damit bleibt
§ 2 Abs. 2 DrittelbG hinter dem weiter
gefassten § 5 Abs. 1 MitbestG zurück.
Eine Zurechnung in Fällen einer ledig-
lich faktisch einheitlichen Leitung ge-
nügt für § 2 Abs. 2 DrittelbG nicht.
Eine Ausweitung dieses Anwendungs-
bereichs widerspräche dem Ziel des Drit-
telbG, das Recht der Drittelbeteiligung
der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat zu
vereinfachen. Und die Forderung, den
Schwellenwert für paritätisch besetzte
Aufsichtsräte auf 1.000 Arbeitnehmer
zu senken, bedeutete nur noch mehr
Bürokratie für größere mittelständische
Unternehmen.
Geltung bei ausländischer Rechtsform
Gefordert wird weiter, Unternehmen
mit ausländischen Rechtsformen oder
Kombinationen zwischen nationalen
und ausländischen Rechtsformen mit
Verwaltungssitz in Deutschland in die
Mitbestimmung nach dem DrittelbG
und dem MitbestG einzubeziehen (soge-
nannte Mitbestimmungserstreckung).
Damit wird insinuiert, die Mitbestim-
mung könne beliebig auf ausländische
Gesellschaftsformen übertragen wer-
den. Nach der Rechtsprechung des Euro-
päischen Gerichtshofs (EuGH) ist jedoch
auf eine in Deutschland tätige Gesell-
schaft, die einem ausländischen Gesell-
schaftsstatut (Beispiele hierfür sind die
britische „public limited company“, die
niederländische „B.V.“ oder die österrei-
chische AG) unterliegt, das ausländische
Unternehmensmitbestimmungsrecht
nach den im Gründungsstaat der Gesell-
schaft geltenden Regelungen anzuwen-
den. Das folgt aus der europarechtlich
verbürgten Freizügigkeit, auf die sich
auch Unternehmen berufen können.
Das Vorher-Nachher-Prinzip der SE
Die Praxis hat von der Rechtsform der
europäischen Aktiengesellschaft – die
Abkürzung „SE“ steht für „Societas Eu-
ropaea“ – nennenswert Gebrauch ge-
macht. Mehr als 150 Gesellschaften in
der Rechtsform der SE haben ihren Sitz
in Deutschland, darunter beispielswei-
se auch große Publikumsgesellschaf-
ten. SE-Unternehmen zeichnen sich
dadurch aus, dass für sie der Vorrang
der Verhandlungslösung gilt. Danach
soll primär eine Vereinbarung die Mit-
bestimmung der Arbeitnehmer regeln.
Nur subsidiär kommen gesetzliche Auf-
fangregelungen zur Mitbestimmung zur
Anwendung.
Fundamentaler Grundsatz und er-
klärtes Ziel der SE-Richtlinie ist die Si-
cherung erworbener Beteiligungsrechte
der Arbeitnehmer. Die vor der Grün-
dung bestehenden Rechte der Arbeit-
nehmer bieten den Ausgangspunkt für
die Gestaltung ihrer Beteiligungsrechte
(Vorher-Nachher-Prinzip). Grundsätz-
lich richtet sich der Umfang der Mitbe-
stimmung in der SE dauerhaft nach dem
Mitbestimmungsstatut der Gesellschaft,
deren Status sich nach § 35 SE-Beteili-
gungsgesetz (SEBG) durchgesetzt hat.
Zurückzuführen ist dies darauf, dass
die SE nicht originär mitbestimmt ist, ihr
Mitbestimmungsstatut sich vielmehr aus
einer der an der Gründung beteiligten
Gesellschaften herleitet. So unterliegt
zum Beispiel eine durch Umwandlung
einer drittelparitätisch mitbestimmten
Gesellschaft entstandene SE unabhän-
gig von der Entwicklung der Zahl ihrer
Arbeitnehmer ihrer drittelparitätischen
Mitbestimmung mithin auch dann,
wenn sie nach ihrer Entstehung die Zahl
von 2.000 Arbeitnehmern über- oder
die Zahl von 501 Arbeitnehmern unter-
schreitet. Immer wieder ist deshalb der
Ruf nach einer „Klarstellung“ im SEBG
Mitbestimmung
im Unternehmen:
Welche Reformen
auf diesem Gebiet
notwendig sind.
1...,53,54,55,56,57,58,59,60,61,62 64,65,66,67,68,69,70,71,72,73,...84
Powered by FlippingBook