personalmagazin 12/2017 - page 68

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RECHT
_WEISUNGSRECHT
personalmagazin 12/17
ner Weisung sein. Andernfalls könnten
Arbeitgeber ohne die Zustimmung der
Arbeitnehmer den Inhalt des Arbeits-
verhältnisses maßgeblich verändern.
Selbstverständlich dürfen sie jedoch
nicht die Vergütung oder die Stunden-
zahl per Weisungsrecht umgestalten.
Arbeitgeber können allerdings Ord-
nung und Verhalten der Arbeitnehmer
durchWeisungen bestimmen (§ 106 Satz
2 Gewerbeordnung (GewO)). Das kann
eine betrieblich notwendige Kleiderord-
nung sein – zum Beispiel das Tragen
von Sicherheitsschuhen und Helmen
auf Baustellen – oder ein Rauchverbot
in Betriebsgebäuden. Auf die private Le-
bensführung der Arbeitnehmer dürfen
Arbeitgeber durch Weisungen keinen
Einfluss nehmen. So können sie zumBei-
spiel nicht vorschreiben, mit dem Rau-
chen aufzuhören. Sie dürfen jedoch den
Arbeitnehmern während der Arbeitszeit
den Besuch von Facebook und anderen
Internetseiten untersagen, nicht aber die
Nutzung nach der Arbeit im Privaten. Al-
lerdings können sie Arbeitnehmern ver-
bieten, hierfür Betriebsmittel, wie etwa
einen betrieblichen Laptop, zu nutzen. Es
ist auch möglich, Kernarbeitszeiten und
Pausen festzulegen oder Arbeitnehmern
weitere Tätigkeiten zu übertragen.
Grenzen des Weisungsrechts
Da Arbeitgeber mit Weisungen das Ar-
beitsverhältnis konkretisieren, ist die
erste Grenze der Arbeitsvertrag selbst.
Nur was Arbeitgeber und Arbeitnehmer
hier nicht oder nicht eindeutig geregelt
haben, kann durch Weisung festgelegt
werden. Daher gilt: Je detaillierter In-
halt, Ort und Zeit im Arbeitsvertrag
geregelt sind, umso eingeschränkter ist
die Möglichkeit, Weisungen zu nutzen.
Das Weisungsrecht wird außerdem
durch Gesetz, Tarifvertrag und Betriebs-
vereinbarungen beschränkt (§ 106 Satz
1 GewO). Weisungen, die zum Beispiel
gegen das Strafrecht oder das Allge-
meine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
verstoßen, sind rechtswidrig. Sieht bei-
spielsweise das Gesetz eine Zustimmung
Möchte ein Senat am BAG eine Rechtsfrage abweichend von der Auffassung eines an-
deren Senats beantworten, so sieht das Gesetz hierfür ein bestimmtes Verfahren vor.
Will ein Senat des BAG von der Rechtsauffassung eines anderen Senats oder des Gro-
ßen Senats abweichen, so ist dafür eine Entscheidung des Großen Senats erforderlich
(§ 45 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)).
Bevor der Große Senat angerufen wird, muss der Senat, der abweichen möchte,
bei dem anderen Senat fragen, ob dieser an seiner Rechtsansicht festhalten möchte
(§ 45 Abs. 2 Satz 1 ArbGG).
Will der Senat an seiner Rechtsauffassung festhalten, muss der Große Senat
angerufen werden und entscheiden.
So wird sichergestellt, dass die Senate des BAG ein und dieselbe Rechtsfrage nicht
unterschiedlich beantworten.
Keine zwei Meinungen
RECHTSPRECHUNG
Das BAG hat seine ehemals arbeitgeberfreundliche Rechtsprechung zu unbilligen
Weisungen geändert. Das aktuelle Urteil enthält folgende wichtige Kernpunkte:
Unbillige Weisungen sind von Anfang an unwirksam.
Es bedarf keiner gerichtlichen Entscheidung über die Unbilligkeit einer Weisung
für ihre Unwirksamkeit.
Arbeitgeber müssen die Billigkeit der Weisung im Prozess beweisen.
Das Risiko der Unbilligkeit liegt von Anfang an bei den Arbeitgebern.
Abmahnungen und Kündigungen wegen Leistungsverweigerung sind bei unbilligen
Weisungen unwirksam.
Arbeitnehmer haben bei unbilligen Weisungen ein Leistungsverweigerungsrecht
und behalten ihren Vergütungsanspruch.
Fünf Kernaussagen des neuen Urteils
Häufig kommt es gerade bei Versetzungen zu Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Versetzung per Weisung über-
haupt möglich ist und welche Voraussetzungen zu beachten sind.
Idealerweise enthalten Arbeitsverträge eine Versetzungsklausel. Sonst können Arbeit-
nehmer nur durch Änderungskündigungen oder Änderungsverträge versetzt werden. In
diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Versetzungsvorbehalte für die Sozialaus-
wahl bei einer betriebsbedingten Kündigung zur Erweiterung des Kreises der zu berück-
sichtigenden Arbeitnehmer führen. Die Stellenbeschreibung ist das Grundgerüst, anhand
dessen Weisungsrecht und Versetzungsklauseln zu beurteilen sind. Detaillierte Aufga-
benbeschreibungen schränken dabei das Weisungsrecht ein. Eine Versetzungsklausel im
Arbeitsvertrag lockert die konkretisierte Vereinbarung wieder auf und gibt Arbeitgebern
die Möglichkeit, Arbeitnehmer auch ohne Änderungskündigung anderweitig einzuset-
zen. Tipp: Arbeitgeber sollten bei Versetzungen zunächst eine einvernehmliche Lösung
zusammen mit dem Arbeitnehmer suchen und schriftlich dokumentieren. Ist dies nicht
möglich, sind andere Mitarbeiter als Alternative in Betracht zu ziehen. Erst dann sollte
an eine Versetzung mit all ihren Konsequenzen gedacht werden.
Versetzungen sorgfältig angehen
PRAXISTIPP
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