personalmagazin 12/2017 - page 75

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12/17 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
se ohne Rechtsgrund erfolgte. Sie kann
aber unter Umständen an den Finessen
des sogenannten „Bereicherungsrechts“
scheitern.
Beispiel zu früheren Zeiträumen:
Aktuell richtige Meldung schützt nicht
Nachträgliche Pflichtbeiträge können
unter Umständen noch für frühere Zeit­
räume nachgefordert werden, selbst
wenn der Mitarbeiter zwischenzeitlich
wieder korrekt in der gesetzlichen Kran­
kenversicherung angemeldet wurde.
Ein Beispiel dazu: EinMitarbeiter wird
zum Januar 2015 neu eingestellt. Wegen
prognostizierter Provisionen stellt ihn
der Arbeitgeber versicherungsfrei, der
Mitarbeiter versichert sich privat. Als
sich Ende 2015 zeigt, dass die Jahresar­
beitsentgeltgrenze für 2016 wohl nicht
überschritten wird, schlüsselt der Ar­
beitgeber auf versicherungspflichtig um.
ImOktober 2017 stellt der Betriebsprüfer
die Versicherungspflicht für 2015 fest.
Er erlässt einen Beitragsbescheid über
10.000 Euro plus Säumniszuschläge.
Lösung: Der Einstufung als versiche­
rungsfrei lag ein Rechtsirrtum zugrunde,
da Provisionen – laut Verwaltung – als va­
riable Entgeltbestandteile nicht zum re­
gelmäßigen Arbeitsentgelt gehören. Die
rückwirkende Statusfeststellung und Bei­
tragserhebung sind daher grundsätzlich
berechtigt. Dass der Mitarbeiter während
der vermeintlichen Versicherungsfrei­
heit keine Leistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung in Anspruch neh­
men konnte, ist dabei irrelevant.
Arbeitgeber sollten daher bei Zweifel
zur Richtigkeit einer Erst- oder Folgebeur­
teilungbei der Einzugsstelle anfragen (sie­
he Hinweis Kasten), sofern Mitarbeiter in
die private Krankenversicherung wech­
seln oder darin verbleiben wollen.
Für Arbeitnehmer, die vor ihrer Elternzeit krankenversicherungsfrei waren, bestehen
Sonderregelungen. Diese weichen von den üblichen Routinen ab. In der folgenden
Tabelle finden Sie Anmerkungen zu den unterschiedlichen Konstellationen.
Für Arbeitnehmer, die vor Inanspruchnahme der Elternzeit aufgrund der Höhe ihres
regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts krankenversicherungsfrei waren, stellt sich bei
(Wieder-)Aufnahme der Beschäftigung nach der Elternzeit die Frage des Beginns der
Krankenversicherungsfreiheit – wenn dann das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt wieder
die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet. In diesen Fällen bestehen Sonderregelun-
gen. Die nachfolgende Tabelle zeigt anhand eines Beispiels mögliche unterschiedliche
Konstellationen sowie den jeweiligen Zeitpunkt, ab dem die Versicherungsfreiheit neu
festzustellen ist.
Beispiel: Ein(e) Mitarbeiter(in) war vor der Elternzeit krankenversicherungsfrei. Die El-
ternzeit endete am 31. Oktober 2017, die Wiederaufnahme der Beschäftigung
erfolgte am 1. November 2017.
Risiko durch Elternzeitvarianten
SONDERFÄLLE
Revidiert der Betriebsprüfer die Einordnung des Arbeitgebers zur Krankenversiche-
rungsfreiheit, kann dies einen rückwirkenden Beitragsbescheid zur Folge haben. Das
Risiko lässt sich aber auch minimieren beziehungsweise ausschalten.
Das Risiko, dass eine Einstufung als „krankenversicherungsfrei“ in einer Betriebsprü-
fung zu einer rückwirkenden Verbeitragung führt, kann ausgeschlossen werden – und
zwar durch eine Anfrage bei der Einzugsstelle (siehe § 28 h Abs. 2 SGB IV). Zwar ist der
Betriebsprüfer an die Entscheidung der Einzugsstelle nicht gebunden, sie löst jedoch im
Regelfall Vertrauensschutz aus (nach § 45 SGB X). Dadurch können Unternehmen eine
rückwirkende Verbeitragung verhindern. Aus Beweisgründen sollten sie jedoch in jedem
Fall auf eine schriftliche Antwort bestehen.
Rückforderungsrisiko ausschließen
HINWEIS
Ereignis während der Elternzeit
Neufeststellung einer Versicherungsfreiheit
Keine Teilzeitbeschäftigung während
der Elternzeit
Versicherungsfreiheit ab 1. November 2017
Zulässige Teilzeitbeschäftigung – mit
Befreiung von der Versicherungspflicht
Versicherungsfreiheit ab 1. November 2017
Zulässige Teilzeitbeschäftigung – ohne
Befreiung von der Versicherungspflicht
Versicherungsfreiheit erst wieder ab
1. Januar 2018
In diesen Fällen sollte jedoch im Zweifel eine Anfrage bei der Einzugsstelle erfolgen.
THOMAS MUSCHIOL
ist
Fachautor und Rechtsanwalt
mit Schwerpunkt im Arbeits-
und betrieblichen Sozialversi-
cherungsrecht in Freiburg.
1...,65,66,67,68,69,70,71,72,73,74 76,77,78,79,80,81,82,83,84
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