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          personalmagazin  02/17
        
        
          
            SPEZIAL
          
        
        
          _GESUNDHEITSFÖRDERUNG
        
        
          besser an die Personen in ihrer Arbeits-
        
        
          welt oder überhaupt in ihrer Lebenswelt
        
        
          heran. Wenn wir Abendkurse veranstal-
        
        
          ten, dann gibt es eben nur bestimmte
        
        
          Zielgruppen, die diese besuchen. Kön-
        
        
          nen wir sie im betrieblichen Alltag
        
        
          ansprechen, erreichen wir unsere Ziel-
        
        
          gruppen viel besser", sagt Graf. "Das
        
        
          andere ist, dass eben die Verhältnisse
        
        
          bei der Arbeit einen wesentlichen Ein-
        
        
          fluss auf alle gesundheitlichen Faktoren
        
        
          haben. Sowohl auf das Bewegungs-  und
        
        
          Ernährungsverhalten oder erst recht auf
        
        
          die psychosoziale Belastung. Und inso-
        
        
          fern geht es eben hier auch darum, die-
        
        
          se Dinge und möglichst auch alle Träger
        
        
          miteinander zu vernetzen", so der Ex-
        
        
          perte von der Barmer Hauptverwaltung.
        
        
          Viel Bürokratie – einfachere Strukturen
        
        
          Wie diese Zusammenarbeit aufgebaut
        
        
          und strukturiert werden soll, sollen die
        
        
          Sozialversicherungsträger, so schreibt
        
        
          es das Präventionsgesetz vor, in einer
        
        
          Nationalen Präventionskonferenz fest-
        
        
          legen. Hier sollen sie unter Beteiligung
        
        
          insbesondere von Bund, Ländern, Kom-
        
        
          munen, der Bundesagentur für Arbeit
        
        
          und der Sozialpartner gemeinsame Zie-
        
        
          le festlegen und sich auf ein gemeinsa-
        
        
          mes Vorgehen einigen.
        
        
          Ein Stück weit ist die gewünschte
        
        
          Zusammenarbeit schon durch die auf
        
        
          Grundlage des Präventionsgesetzes ent-
        
        
          wickelten Bundesrahmenempfehlungen
        
        
          geregelt. „Doch wir sind noch mitten im
        
        
          Anfang“, erklärt Weinbrenner, es werde
        
        
          eine große Aufgabe sein, eine wirklich
        
        
          gute Koordination zustande zu bekom-
        
        
          men. Heraushören lässt sich, dass auch
        
        
          ein hoher bürokratischer Aufwand be-
        
        
          trieben werden muss, um das Gesetz zur
        
        
          Umsetzung zu bringen. Auf Länderebe-
        
        
          ne muss dies noch durch Landesverein-
        
        
          barungen zur BGF konkretisiert werden,
        
        
          die längst noch nicht alle vorliegen.
        
        
          Zur Verbreitung des Präventions-
        
        
          gedankens hält Bindzius nun in erster
        
        
          Linie Transparenz für notwendig: „Die
        
        
          Akteure und die Fachleute, die Berater
        
        
          der verschiedenen Sozialversicherungs-
        
        
          zweige und ihre Träger müssen über-
        
        
          haupt erstmal wissen, was macht der
        
        
          jeweilige potenzielle Partner?“ Er nennt
        
        
          ein praktisches Beispiel: „Besucht eine
        
        
          Aufsichtsperson der gesetzlichen Unfall-
        
        
          versicherung  einUnternehmen zur Bera-
        
        
          tung, wäre es sehr hilfreich und sinnvoll,
        
        
          beispielsweise auf die einschlägigen
        
        
          Angebote der gesetzlichen Rentenversi-
        
        
          cherung, also auf individualpräventive
        
        
          Ansätze, hinzuweisen und hier eine ge-
        
        
          wisse Lotsenfunktion zu erbringen.“
        
        
          KMU: Einfacher Zugang zum Berater
        
        
          Wenn schon die Sozialversicherungs-
        
        
          träger über mangelnden Einblick und
        
        
          fehlende Transparenz klagen, scheint
        
        
          die Situation der Klein- und Mittelstän-
        
        
          dischen Betriebe, die im BGM nicht
        
        
          richtig Fuß fassen können, umso ver-
        
        
          ständlicher. Als wesentlichen Schritt,
        
        
          der Unternehmen dies erleichtern könn-
        
        
          te, sieht Christian Graf die nun im Prä-
        
        
          ventionsgesetz verankerte Möglichkeit,
        
        
          dass eine Krankenkasse alleine für die
        
        
          gesamte Firma als Partner in der be-
        
        
          trieblichen Gesundheitsförderung tätig
        
        
          wird. Vor Einführung des Gesetzes sei
        
        
          es, so Graf, schon durchaus vorgekom-
        
        
          men, dass die Kasse darauf konzentriert
        
        
          gewesen wäre, ausschließlich für den
        
        
          bei ihr versicherten Teil der Arbeitneh-
        
        
          mer Maßnahmen zu finanzieren. Für
        
        
          die Firmen sieht er hier eine wesentli-
        
        
          che Erleichterung: „Sie können sich nun
        
        
          eine Kasse als Partner aussuchen und
        
        
          mit ihr gemeinsam ein betriebliches Ge-
        
        
          sundheitsmanagement umsetzen.“ Da-
        
        
          durch entstehe auch ein gewisser Wett-
        
        
          bewerb an Ideen und Konzepten.
        
        
          Regionale BGF-Koordinierungsstellen
        
        
          sollen insbesondere kleinen und mit-
        
        
          telständischen Betrieben eine Kran-
        
        
          kenkasse als Ansprechpartner für alle
        
        
          Versicherten des Unternehmens zur Ver-
        
        
          fügung stellen. Ein Konstrukt, erklärt
        
        
          Uwe Dresel von der DAK-Gesundheit,
        
        
          das es eigentlich in der Krankenkas-
        
        
          senwelt nicht gebe. „Sonst stehen die
        
        
          Krankenkassen im Wettbewerb – hier
        
        
          ist man bemüht, gemeinsam zu arbei-
        
        
          ten.“ Und so stehe auch nicht mehr die
        
        
          Frage „Wer zahlt mein Fitnessstudio?“
        
        
          im Vordergrund. Vielmehr erhalte das
        
        
          Unternehmen eine Beratung, um den
        
        
          Prozess BGM auf den Weg bringen.
        
        
          Zwar sei es schon vorher möglich
        
        
          gewesen, dass eine Kasse BGF-Maß-
        
        
          nahmen für alle Mitarbeiter im Betrieb
        
        
          anbiete, erklärt Voermans, doch die ver-
        
        
          einfachte Ansprechpartnersuche sei tat-
        
        
          sächlich interessant für Unternehmen.
        
        
          Der kürzere Draht, meint sie, könne
        
        
          auch das Bewusstsein über das Präven-
        
        
          tionsgesetz steigern: „Als Unternehmer
        
        
          setze ich mich darüber vielleicht mehr
        
        
          damit auseinander, höre mir auch mal
        
        
          an, welchen Nutzen es bei mir stiften
        
        
          könnte.“
        
        
          Der wahre Wert von zwei Euro
        
        
          Geld wirkt meistens – verhelfen auch
        
        
          die verbesserten finanziellen Möglich-
        
        
          keiten, die das Präventionsgesetz für
        
        
          Unternehmen vorsieht, der BGF zu mehr
        
        
          Aufmerksamkeit? Die vergangenen Jah-
        
        
          re, führt Graf aus, habe es immer wie-
        
        
          der Versuche auch von Seiten des Staats
        
        
          „Die Akteure der ver-
        
        
          schiedenen Sozialversi-
        
        
          cherungsträger müssen
        
        
          erstmal wissen, was der
        
        
          andere Partner über-
        
        
          haupt macht.“
        
        
          Fritz Bindzius,
        
        
          Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
        
        
          „Sprechen wir die Men-
        
        
          schen im betrieblichen
        
        
          Alltag an, können wir
        
        
          sie viel besser erreichen
        
        
          als beispielsweise bei
        
        
          Abendkursen.“
        
        
          Dr. Christian Graf,
        
        
          Barmer Hauptverwaltung