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ORGANISATION
_INNOVATIONSMANAGEMENT
personalmagazin 10/17
U
mmaximale Flexibilität zu er-
reichen, bilden immer mehr
Unternehmen „agile Netzwer-
ke“. Doch je agiler Mitarbei-
ter und Führungskräfte agieren sollen,
desto mehr Stabilität und Orientierung
brauchen sie auch. Wie kann die richtige
Mischung aus Stabilität, Agilität, Hier-
archie und Netzwerk genau aussehen?
Der bekannte Management-Strategie-
professor John Kotter hat als Lösung ein
sogenanntes „duales Betriebssystem“
vorgeschlagen, bei dem sich die gegen-
sätzlichen Welten eines Unternehmens
– flexible Strukturen auf der einen und
die traditionellen, eher stabilen Struktu-
ren auf der anderen Seite – die Waage
halten und miteinander verwoben sind.
Von
Michael Fuhrmann, Marcel Schmid-Oertel
und
Matthias Weber
Eine strikte Trennung der beiden Sys-
teme – etwa, wenn Kreativabteilungen
vom Rest des Unternehmens abgekop-
pelt sind – lehnt er ab (ein Interview mit
Kotter über sein Konzept lesen Sie in
Ausgabe 07/2016.)
In der Praxis organisiert sich das agile
zweite Betriebssystem zwar im Wesent-
lichen selbst. Dazu gehört etwa, dass die
Mitarbeiter im agilen Betriebssystem
aus freien Stücken eigene Ziele formu-
lieren und Initiativen ungeordnet ansto-
ßen. Dennoch ist eine gute Einführung
und Einbettung der neu entstehenden
Netzwerke in die bestehende Organisati-
on wichtig. Denn erst dadurch, dass die
Mitarbeiter in beiden Ebenen arbeiten,
profitieren beide Betriebssysteme: Das
klassische Betriebssystem stabilisiert
sich und bekommt innovative Impulse
und das agile Betriebssystem verfolgt
kreative neue Wege und bekommt Rück-
halt. Der so angestoßene Wandel von
innen bewirkt letztlich, dass die Mitar-
beiter Neues auch wirklich umsetzen
und begonnene Veränderungsprozes-
se nicht abrupt beenden, weil sie sich
daran nicht beteiligen konnten und die
Veränderungen daher nicht akzeptieren.
Zudem bringt das agile Betriebssystem
mit der Zeit auch immer mehr Menschen
hervor, die sich für die Entwicklung des
Unternehmens und die Zusammenarbeit
engagieren.
Kein Einheits-Change-Management
Wie die Implementierung eines zweiten
Betriebssystems in der Praxis gelin-
gen kann, zeigt das Beispiel der EnBW
Energie Baden-Württemberg AG. Aus-
löser für die Umorganisation war die
Energiewende, die einen Umbruch des
Mit dem Zweiten geht es besser
PRAXIS.
Der Energieversorger EnBW hat ein zweites, agiles Betriebssystem einge-
führt, um Innovationen zu fördern. HR hat die agilen Methoden selbst ausprobiert.
Am EnBW-Standort in Karls-
ruhe treiben die Mitarbeiter
selbst Innovationen voran.