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10/17 personalmagazin
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SIMON WERTHER
ist
Gründer von HR Instruments
sowie Professor für Innova-
tionsmanagement an der
Hochschule der Medien in Stuttgart.
oder E-Commerce-Portale entstanden,
die Kunden und Nutzer geschickt und
kontinuierlich aktivieren. In Unterneh-
men bildet sich diese Entwicklung bis-
her nur langsam ab, was sicherlich auch
mit den bereits angesprochenen Her-
ausforderungen insbesondere in größe-
ren Konzernen zusammenhängt, doch
auch kleine und mittlere Unternehmen
sind weiterhin sehr zögerlich.
Das größte Potenzial von Feedback
liegt dabei gerade im Zusammenspiel
zwischen traditionellen und modernen
Formaten. Pulsbefragungen sind kein
Selbstzweck, schließlich muss entwe-
der kontinuierlich mit den Ergebnissen
gearbeitet werden, was die betroffenen
Führungskräfte vor eine Herausfor-
derung stellt, oder es muss vorab ein
klares Erwartungsmanagement kom-
muniziert werden, mit welcher Ziel-
setzung die Pulsbefragung eingesetzt
wird. Doch gerade in der Kombination
mit traditionellen Feedbackformaten
wird es besonders spannend, was im
Folgenden anhand mehrerer Beispiele
gezeigt wird.
Mit Pulsbefragungen kontinuierliche
Stimmungsbilder erheben
Mit einer Pulsbefragung kann beispiels-
weise mit einer einzelnen Frage ein kon-
tinuierliches Stimmungsbild verschie-
dener Bereiche und Standorte in einem
monatlichen Zyklus eingeholt werden.
Wenn die Stimmung über mehrere Be-
fragungszeitpunkte hinweg oder im Ver-
gleich zu den anderen Bereichen und
Standorten auffällig sinkt, dann kann
direkt mit einer Mini-Mitarbeiterbefra-
gung, einer umfangreichen Mitarbeiter-
befragung oder mit Präsenzworkshops
nachgefasst werden, um die Ursachen
zu identifizieren und entsprechend zu
intervenieren.
Partizipation aktiv leben
Ein weiteres Szenario für den Einsatz ei-
ner Pulsbefragung: Mit einer Pulsbefra-
gung können quartalsweise zu jeweils
einem Thema und einigen ausgewählten
Fragen Ergebnisse generiert werden. Im
Anschluss daran können die Mitarbei-
ter eigenständig Maßnahmen vorschla-
gen, die eine Verbesserung des jewei-
ligen Themas auf Organisations- oder
Bereichsebene ermöglichen, sodass
Partizipation aktiv gelebt wird. Über
mehrere Befragungszeitpunkte hinweg
liegen letztlich vergleichbar mit einer
größeren Mitarbeiterbefragung Ergeb-
nisse zu verschiedenen Themen vor, die
miteinander in Bezug gesetzt und tiefer
gehend statistisch analysiert werden
können, um strategische Implikationen
abzuleiten.
So funktioniert eine Feedback-App
In einer Feedback-App werden ver-
schiedene Feedbackformate integriert,
die teilweise eigenständig von den Mit-
arbeitern und Führungskräften genutzt
werden können. So kann beispielsweise
jeder Mitarbeiter und jede Führungs-
kraft zu einem beliebigen Zeitpunkt
ein Peer Feedback oder ein 360-Grad-
Feedback starten, bei dem besonders
relevante Themen aus einer Vorlage
ausgewählt werden können. Genauso
können Teams über die Feedback-App
regelmäßig oder einmalig eine Teambe-
fragung zur Standortanalyse und Wei-
terentwicklung der Zusammenarbeit
starten. Zusätzlich kann von der Per-
sonalabteilung eine monatliche Puls-
befragung und eine jährliche umfang-
reichere Mitarbeiterbefragung über die
Feedback-App eigenständig umgesetzt
werden. Darüber hinaus können alle
Führungskräfte zu einem beliebigen
Zeitpunkt ein vollständig anonymisier-
tes Echtzeitfeedback von zehn oder
auch 10.000 Mitarbeitern einholen, um
auch bei akuten Themen Partizipations-
möglichkeiten zu bieten und Feedback-
kanäle zur Verfügung zu haben.
Fazit: Systemische Perspektive auf
Feedbackformate empfehlenswert
Abschließend lässt sich festhalten, dass
eine systemische Perspektive auf das
Thema Feedback und Feedbackforma-
te empfehlenswert erscheint. Damit ist
insbesondere der Aspekt des „Sowohl-
als-auch“ im Gegensatz zum „Entweder-
oder“ sowie die Abkehr von einer mono-
kausalen Denkweise gemeint. Feedback
ist und bleibt ein vielschichtiges und
tief greifendes Thema, das immer aus
mehreren Perspektiven und damit auch
mit unterschiedlichen Formaten kurz-
fristig angestoßen und langfristig gelebt
werden muss.
Die Kombination verschiedener He-
rangehensweisen und Feedbackformate
ist dabei zweifellos besonders Erfolg
versprechend, wie erste Beispiele in Un-
ternehmen belegen. Digitale Tools kön-
nen dabei immer nur einen Bestandteil
der Feedbackkultur in Unternehmen
darstellen, schließlich haben sowohl
persönliches Feedback als auch der Aus-
tausch von Angesicht zu Angesicht eine
besonders motivierende und eindrucks-
volle Wirkung auf uns Menschen. Ge-
nauso müssen die Folgeprozesse aller
Feedbackformate immer von einzelnen
Führungskräften und Beteiligten gelebt
werden, sodass mit der Weiterentwick-
lung der Feedbackkultur auch immer
eine Entwicklung der Führungskultur
einhergeht.
Digitale Tools sind nur
ein Bestandteil der Feed-
backkultur im Unter-
nehmen. Persönliches
Feedback von Angesicht
zu Angesicht können sie
nicht ersetzen.