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TITEL
_HR-ORGANISATION
personalmagazin 07/17
U
nternehmungen stehen ak-
tuell und fortlaufend unter
enormem Innovations- und
Flexibilisierungsdruck, der
durch die fortschreitende Digitalisierung
und ihre Auswirkungen auf Geschäfts-
modelle und interne Abläufe entsteht.
Unterschiedlichen Studien zufolge rech-
nen Top-Manager damit, dass mehr als
90 Prozent der aktuellen Geschäftsmo-
delle nicht mehr zukunftsträchtig sind,
dass sich mehr als 70 Prozent der heuti-
gen Arbeitsplätze maßgeblich verändern
werden und dass sich die Kompetenzan-
forderungen an Unternehmenskultur,
Führung und Managementprinzipien
massiv verändern.
Wie sich das HR-Geschäftsmodell
weiterentwickeln muss
Dabei kommt der HR-Funktion eine
Schlüsselrolle zu – mit großen Ver-
änderungschancen und -notwendig-
keiten sowohl auf Seiten des eigenen
Leistungs- und Wertbeitrags zu dieser
Unternehmenstransformation als auch
auf Seiten des eigenen digitalen Ent-
wicklungswegs. Kienbaum hat ein HR-
Organisationsmodell entwickelt, mit
dem Unternehmen ihre internationalen
HR-Organisationen entsprechend der
genannten Herausforderungen optimie-
ren können. Der vorliegende Beitrag er-
läutert, wie dieses „New HR Operating
Model“ aussieht und zeigt anhand eines
global tätigen High-Tech-Konzerns, wie
das Modell in der Praxis umgesetzt wer-
den kann.
Von
Walter Jochmann
und
Cyrus Asgarian
Bei der Kienbaum-HR-Jahrestagung
2016 haben mehr als 400 HR-Professi-
onals interaktiv folgende Entwicklungs-
richtungen für das Geschäftsmodell von
HR herausgearbeitet:
• HR muss in den eigenen Strukturen
dynamischer und agiler werden (Pro-
jektformate, Kollaborationsintensität,
Kundenerlebnis).
• HR muss noch stärker fachfremde
Kompetenzen aufnehmen und interdis-
ziplinär in unternehmensübergreifen-
den „Task Forces“ arbeiten.
• HR muss Entwicklungsarbeit im Sektor
HR Big Data und People Analytics leisten.
• HR muss datengestützte Lösungen für
Mitarbeiterentwicklung und -bindung,
für Produktivität und Teamstrukturen
entwickeln.
• HR muss die eigenen Prozesse und
Services konsequent digitalisieren und
zum Vorbild eines digitalen Kundener-
lebnisses werden.
• HR muss eigene Produkte intensiver
mit dem Kunden, zum Beispiel in De-
sign-Thinking-Ansätzen, entwickeln.
Ambidextre Strukturen auch in der
HR-Organisation abbilden
Auf Unternehmensebene wird diese
Transformationsbewegung in ambidex-
tren Strukturen münden – mit einem
sich evolutionär weiterentwickelnden
Stammgeschäft und einem disruptiven
Innovationsgeschäft mit stark digitalem
Charakter. Ausformulierungen dieser
Entwicklungsketten folgen in allen Bran-
chen und Märkten, in unterschiedlichen
Geschwindigkeiten sowie Radikalitäten.
Zudem variieren Unternehmungen in
den Wegen, neue Geschäftsmodelle
innerhalb oder außerhalb des beste-
henden Unternehmensgebildes zu ent-
wickeln. Insgesamt nimmt aber der
Anteil an innovativ-digitalen Arbeits-
weisen, an Veränderungsprojekten und
an Ausgründungen und Integrationen
von Teilgeschäften zu. Dies führt zu der
Forderung, dass die HR-Funktion sich
konsequent auf diese neuen vielfältigen
Herausforderungen einstellt – mit er-
weiterten Ressourcen und Kompetenzen
gerade für den Teil der Unternehmung,
der sich in einem Veränderungsprozess
befindet.
Warum das Drei-Säulen-Modell an
seine Grenzen stößt
Die HR-Funktion strukturiert sich in
den vergangenen zehn Jahren schwer-
punktmäßig entweder am bewährten
Modell der kompetenzbasierten Auf-
bauorganisation oder am Rollen-Modell
von Dave Ulrich mit den drei Organisa-
tionssäulen Business Partner, Centers
of Expertise und Shared Services. In
HR kundenzentriert aufstellen
KONZEPT.
Die digitale Transformation erfordert Veränderungen in der Organisations-
struktur von HR und eine Anpassung der entsprechenden HR-Rollen.
Die HR-Funktion muss
sich zukünftig kunden-
zentrierter und agiler
aufstellen und sich
stärker von Geschäfts-
transformationen leiten
lassen.