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personalmagazin 07/17
TITEL
_HR-ORGANISATION
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
ropäer zuweilen gegenüber dem HRBP
zeigen. Kritiker bemängeln Strukturver-
liebtheit und übertriebene Machtorien-
tierung. Bemerkenswert ist der Strauß,
den der deutsche HR-Berater Heiko
Fischer, Gründer von Resourceful Hu-
mans und Sohn des früheren Deutsche-
Bank-Personalvorstands Heinz Fischer,
mit Ulrich ausfocht: Der US-Amerikaner
meinte, wer ein Haus – oder ein Unter-
nehmen – baue, brauche einen Archi-
tekten – nämlich HR –, damit die Bude
nicht in sich zusammenfalle. Fischer
entgegnete, dass ihm das einleuchte.
Aber sei es wirklich nötig, dass der Ar-
chitekt – nämlich der HR Business Part-
ner – mit Sack und Pack in das Haus mit
einziehe?
In den vergangenen zehn Jahren hat
sich die Personalfunktion in Europa
und Deutschland vornehmlich am klas-
sischen Modell der kompetenzbasierten
Aufbauorganisation oder am Ulrich-Mo-
dell mit den drei Organisationssäulen
HR Business Partner, Center of Experti-
se und Shared Service Center orientiert
(siehe den Beitrag „HR kundenzentriert
aufstellen“ ab Seite 22). Mischformen
sind verbreitet, hinzu kommt Neues wie
der Run & Change-Ansatz, der angesichts
der Herausforderungen der digitalisier-
ten VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty,
Complexity, Ambiguity) derzeit „in Mo-
de“ ist. Danach stellt sich die Personal-
funktion grob gesagt in zwei Einheiten
auf: eine für das laufende Geschäft mit
Personalverwaltung und Kernprozessen,
die andere für die strategische Change-
und Innovationsberatung. Im deutsch-
sprachigen Raum verfügen heute 46
Prozent der Unternehmen über eine ein-
deutige Jobgruppe HR Business Partner,
wie die Studie „HR Strategie & Organisa-
tion 2017“ von Kienbaum und der DGFP
zeigt. Hier liegt die kompetenzbasierte
Aufbauorganisation vorn.
Das Mantra von der „Augenhöhe“
„Der Kerngedanke des Business Part-
nering, durch schlagkräftige Unterstüt-
zung der Geschäftsbereiche wertschöp-
fend tätig zu sein, ist heute im positiven
Sinn ein Standardanspruch fast aller
HR-Bereiche, die ich kenne“, sagt Die-
ter Kern, Partner bei Mercer Deutsch-
land in München. „In unserer aktuellen
Erhebung zu diesem Thema sehen über
40 Prozent der Führungskräfte diesen
Business-Partner-Anspruch eingelöst.“
40 Prozent Zuspruch bedeuten jedoch,
dass das Glas eher halb leer als halb
voll ist. Mancherorts hat HR nicht den
Sprung „auf Augenhöhe“ mit dem Ma-
nagement geschafft. Das liegt an bei-
den Seiten: Das Management will sich
nicht wirklich in die Strategie reinre-
den lassen; viele Personalabteilungen
sind insgeheim zufrieden damit, die
Personalbuchhaltung zu erledigen, Ver-
träge zu schreiben oder Kündigungen
auszusprechen.
„Meine Erfahrung ist, dass viele HR
Business Partner ihre Rolle nicht ausfül-
len“, sagt Dr. Jörg Kariger, Vorstandsmit-
glied des Küchenausrüsters Teka in Zug
und Senior Director der Beteiligungsge-
sellschaft Hetairos Capital. „Ich erwarte
von einem Business Partner, dass er ein
Gesprächspartner auf Augenhöhe ist.
Das setzt voraus, dass er selbst einmal
eine Business Unit geleitet hat. Dieser
Erfahrungshintergrund fehlt leider oft.“
Die Studie „The New New Way of Wor-
king“ der Boston Consulting Group von
März 2017 stützt diesen Befund. Auf der
Grundlage einer Analyse von 100.000
HR-Business-Partnern weltweit, davon
über 3.000 in Deutschland, zeigt sich,
dass das Modell halbherzig umgesetzt
wird. „Talent Management beherrschen
50 Prozent der Business Partner, nur
15 Prozent dagegen das Thema Strate-
gie“, sagt Prof. Dr. Rainer Strack, Seni-
or Partner und Managing Director der
Unternehmensberatung in Düsseldorf.
„Dabei sollte ein Business Partner ein
strategischer Partner auf Augenhöhe
sein. Hier gibt es noch sehr viel Nach-
holbedarf.“
Im Kreis der Dax-30-Konzerne und
sonstiger Großunternehmen unterschei-
det Wettbewerber Mercer drei Arten
von HRBP-Anwendern: erstens jene, die
schon vor mehr als zehn Jahren konse-
quent in das Konzept und Organisati-
onsmodell eingestiegen sind und auch
bis auf Weiteres daran festhalten, zum
Beispiel Unternehmen aus der Phar-
ma- und Prozessindustrie; zweitens je-
„Die HR Business Partner sind heute
vielfach als Berater der Führungskräfte
auf Augenhöhe akzeptiert.“
Petra Hofeichner, Director HR, Volvo Group Trucks Central Europe, Ismaning
„Egal, in welchem Reife- und Professiona-
litätsgrad sich die HR-Organisation befin-
det, die Veränderung wird weitergehen.“
Dieter Kern, Partner, Mercer Deutschland, München