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RECHT
_KÜNSTLERSOZIALABGABE
personalmagazin 08/16
W
enn Betriebsprüfer der
Deutschen Rentenver
sicherung nach einem
Check der Lohnbuchhal
tungsunterlagen auch noch in der Fi
nanzbuchhaltung auftauchen, so ist dies
für Entgeltabrechner nichts Ungewöhn
liches. Sie wissen: Die Prüfer fahnden
dort nach Hinweisen auf Auftragnehmer,
bei denen das Unternehmen – eventuell
irrtümlich – von einer selbstständigen
Tätigkeit ausgegangen ist. Enthalten
dann die Prüfungsbescheide derartige
Sachverhalte, so überlassen die Kolle
gen der Finanzbuchhaltung gerne den
Entgeltabrechnern das Feld. Diese sol
len einschätzen, ob Rechtsmittel infrage
kommen – geht es doch um eine sozi
alversicherungsrechtliche Beurteilung.
Seit einiger Zeit können nun auch
Beitragsnachforderungen der Künst
Von
Thomas Muschiol
lersozialversicherung ein Ergebnis von
Betriebsprüfungen sein. In diesem Fall
wird in vielen Unternehmen geradezu
reflexartig ebenfalls auf die Sachkun
de der Personalabteilungen verwiesen.
Schließlich, so das Argument, geht es
ja um Sozialversicherungsabgaben.
Für diese Beurteilung seien die Mitar
beiter aus der Entgeltabrechnung nicht
nur fachlich prädestiniert, sondern sie
müssten sich ohnedies mit demBetriebs
prüfer im Abschlussgespräch über das
gesamte Prüfungsergebnis unterhalten.
Wendet sich der Sozialversicherungs
spezialist dieser Aufgabe zu, stellt er aber
schnell fest: Mit den herkömmlichen
Grundlagen der Berechnung und Ab
führung von Sozialversicherungsbeiträ
gen hat die Künstlersozialversicherung
kaum etwas gemeinsam. Vielmehr gilt:
Die Künstlersozialversicherung ist eine
Pflichtversicherung von selbstständigen
Personen, die nach § 1 des Künstlerso
zialversicherungsgesetzes (KSVG) von
folgenden Voraussetzungen abhängt:
• Sie üben eine künstlerische oder pu
blizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und
nicht nur vorübergehend aus und
• beschäftigen im Zusammenhang mit
der künstlerischen oder publizistischen
Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeit
nehmer.
Unternehmen müssen sich daher mit
der Künstlersozialabgabe, nicht aber
mit der Entscheidung über die Einstu
fung in diese Pflichtversicherung oder
gar mit der Abführung von Beiträgen
für diesen Personenkreis beschäftigen.
Eine Ausnahme besteht dann, wenn
unklar ist, ob ein vom Betrieb beauftrag
ter Künstler – das kann beispielsweise
ein Webdesigner sein – statt selbststän
dig zu sein vielleicht doch Weisungen
erhält oder in die Organisation eingeglie
dert ist. Diese Problematik betrifft dann
jedoch das Thema „Scheinselbstständig
keit“. Wird eine solche angenommen,
spielt jedoch auch die Frage nach einer
möglicherweise künstlerischen Tätig
keit keine Rolle. Denn eine Versiche
rungspflicht als Beschäftigter schließt
jene nach dem KSVG aus.
Sozialabgabe: Mehr Steuer als Beitrag
Ohne jede Parallele zur Versicherungs-
und der damit verbundenen Zahlungs
pflicht des Gesamtsozialversicherungs
beitrags ist die Pflicht zur Finanzierung
der Beitragszuschüsse zur Künstlersozi
alversicherung. Diese „Künstlersozial
abgabe“ ist abwicklungstechnisch eher
als Steuer denn als Beitrag zur Sozial
versicherung einzuordnen. Ähnlich wie
Klassische Kunstfehler
ÜBERBLICK.
Sozial- und Künstlersozialversicherung haben wenig gemeinsam. Oft wird
Abrechnern dennoch beides übertragen – auch, weil die Rentenversicherung prüft.
Drei Fallgruppen, bei denen Unternehmen die Künstlersozialabgabe bezahlen. Im Regel-
fall ist die an den Künstler gezahlte Vergütung Bemessungsgrundlage für die Abgabe.
QUELLE: THOMAS MUSCHIOL
WER MUSS BEZAHLEN?
Jedes Unternehmen ist daher potenzieller Künstlersozialabgabezahler!
Typische Verwerter
Unternehmenszweck ist
die Kunst, zum Beispiel
Theater, Verlag et cetera.
Eigenwerber
Alle Unternehmen, die
Aufträge an Künstler für
Werbung oder Öffentlich-
keitsarbeit vergeben.
Einzelfallbezogene Verwerter
Alle Unternehmen, die
keine typischen Verwer-
ter sind, aber gleichwohl
Aufträge an Künstler
vergeben, um damit
Einnahmen zu erzielen.