personalmagazin 8/2016 - page 71

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08/16 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
genheit werden wir auch jetzt Lösungen
entwickeln und die Vorgaben rechtskon-
form umsetzen. Die deutsche Wirtschaft
braucht Zeitarbeit, denn Unternehmen
brauchen Flexibilität, um im Wettbe-
werb bestehen zu können. Sicher wird
es – wie bei der Einführung der Bran-
chenzuschläge – auch nächstes Jahr wie-
der zu einer gewissen Marktbereinigung
kommen. Diese ist aber für unsere Bran-
che insgesamt als positiv zu bewerten.“
Entscheidend werde in Zukunft mehr
denn je sein, dass Kunde und Personal-
dienstleister gut zusammenarbeiten.
„Das Stichwort ist hier Partnerschaft auf
Augenhöhe. Denn die Transparenz wird
zwingend steigen. An Bedeutung wird
außerdem die Abstimmung in Bezug auf
die mittel- bis langfristige Ausrichtung
der Zusammenarbeit gewinnen.“
Angesprochen auf Änderungswünsche
im bestehenden Gesetzentwurf, antwor-
tet die Deutschschland-Chefin: „Wenn
ich einen Wunsch bei einer guten Fee
frei hätte? Ich würde sie bitten, „Equal
Pay“ in einer eindeutigen Definition zu
regeln – um Interpretationsspielräume
und Unsicherheiten für alle Beteiligten
zu vermeiden.
Job AG:
Kurzfristiger Austausch nicht möglich
Die aktuelle Equal-Pay-Regelung kri-
tisiert auch Wigbert Biedenbach, Vor-
standsvorsitzender der Job AG. „Der
Gesetzgeber wünscht eine finanzielle
Gleichstellung von Zeitarbeitnehmern
und Stammbeschäftigten nach neun
Monaten Einsatzdauer, lässt uns aber
im Unklaren darüber, was „Equal Pay“
konkret bedeutet. Soweit der jetzige
Entwurf umgesetzt wird, ohne dass eine
Konkretisierung erfolgt, werden wir ei-
ner administrativen Herausforderung
gegenüberstehen, die kaum zu bewälti-
der einschlägigen Höchstüberlassungs-
dauer in den jeweiligen Alternativen.“
Auch die Kombination von „Equal Pay“
und Höchstüberlassung sieht Mehnert
kritisch: „Neben dem Equal-Pay-Grund-
satz macht eine Höchstüberlassungsdau-
er überhaupt keinen Sinn. Es wird dann
in der Praxis oftmals den Fall geben,
dass die Kundenunternehmen den über-
lassenen Arbeitnehmer nach 18 Mona-
ten nicht einstellen und dieser dann zu
seinem Tarifentgelt bei einem anderen
Kunden eingesetzt werden muss.“
Die konkreten Auswirkungen der
Reform auf das Verhalten der Kunden­
unternehmen lasse sich noch nicht
prognostizieren, sagt Mehnert. „Die Fle-
xibilität für Kundenunternehmen wird
eingeschränkt und die Zeitarbeit wird
sich tendenziell verteuern. Die Kunden­
unternehmenwerden sich darauf einstel-
len müssen, mehr Informationen über
ihr Lohn- und Gehaltsgefüge sowie die
betrieblichen Sonderleistungen offenle-
gen zu müssen, um den Personaldienst-
leistungsunternehmen eine korrekte
Umsetzung der neuen gesetzlichen Re-
gelungen zu ermöglichen. Ferner wer-
den sich die Unternehmen entscheiden
müssen, unter Umständen Betriebsver-
einbarungen abzuschließen, um von
den Möglichkeiten zur Verlängerung
der Höchstüberlassungsdauer Gebrauch
machen zu können. Insbesondere im
Bereich der sogenannten „verdeckten
Arbeitnehmerüberlassung“ (gegebenen-
falls im Fall von Werk- oder Dienstver-
trägen) müssen sich die Unternehmen
meines Erachtens des diesbezüglichen
Risikos bewusst sein. Aus meiner Sicht
ist insoweit die Arbeitnehmerüberlas-
sung die rechtssichere Variante des
Fremdpersonaleinsatzes.“
USG People:
Marktbereinigung steht wohl an
Kritik an der Reform des Arbeitnehmer­
überlassungsgesetzes übt auch Béné-
dicte Autem, Vorsitzende der Geschäfts-
führung bei USG People. Das Vorgehen,
gerade des Bundesarbeitsministeriums
auch in Person von Andrea Nahles, wir-
ke für einen außenstehenden Betrachter
dabei vielmehr „getrieben“ – nahezu pe-
dantisch – statt durchdacht und inhalt-
lich ausgereift. Daher kommt Autem zu
dem Schluss: „Insgesamt sehe ich in den
neuen Regelungen einen Rückschritt:
Zeitarbeitnehmer werden ‚gezwungen‘,
nach Monaten des Ankommens und
der Zugehörigkeit den Arbeitsplatz zu
räumen. Egal, ob das Projekt oder die
Aufgabe erledigt ist oder nicht. Und dies
wird obendrein in Verbindung mit Ge-
haltseinbußen stehen, denn erarbeitete
Erfahrungs- oder Branchenzuschläge
werden entfallen. Ich sehe die Gefahr,
dass das neue Gesetz bestehende gute
Regelungen konterkarieren wird.“
Dennoch werde auch die neuerliche
Reform des AÜG – allen Unkenrufen
zum Trotz – die Zeitarbeitsbranche
nicht ausbremsen, meint Autem. „Wie
bei allen Neuregelungen in der Vergan-
„Kunden werden wohl mehr Informatio-
nen zu Lohngefüge sowie betrieblichen
Sonderleistungen offenlegen müssen.“
Frederik Mehnert, Director Legal Affairs & Internal Audit, Amadeus Fire
„Ich sehe die Gefahr, dass das Gesetz
bestehende gute Regeln konterkariert.“
Bénédicte Autem, Vorsitzende der Geschäftsführung,
USG People Germany GmbH
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