personalmagazin 8/2016 - page 70

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RECHT
_AÜG-REFORM
personalmagazin 08/16
N
un ist es also soweit: Der Ge-
setzentwurf zur Reform von
Arbeitnehmerüberlassungs-
gesetz (AÜG) und Werkver-
trägen ist auf den Weg gebracht. Anfang
Juni hatte das Kabinett diesen verab-
schiedet und den Staffelstab an das Par-
lament übergeben. Dort soll im Herbst
ein Gesetz beschlossen werden, das ab
Januar, spätestens ab Juli 2017 gilt. Was
aber sagen Marktteilnehmer zu den Fol-
gen der möglichen neuen Regeln für Un-
ternehmen oder Personaldienstleister?
Manpower Group:
Höchstüberlassungsdauer unnötig
„Generell begrüße ich den Equal-Pay-
Beschluss, da er das Lohnniveau und
somit die Attraktivität unserer Bran-
che steigert“, erklärt Herwarth Brune,
Deutschland-Chef bei Manpower. „Aller-
dings enthält der Beschluss der Bundes-
regierung noch einige Unschärfen, zum
Beispiel, welche Entgeltbestandteile die
Bemessungsgrundlage für die Gleich-
bezahlung bilden. Aktuell sieht es so
aus, als wenn neben dem Stundenlohn
Von
Michael Miller
(Red.)
auch Zulagen und Sachzuwendungen
gezählt werden sollen. Diese sind aber
bereits in den etablierten Zeitarbeitsta-
rifverträgen geregelt, sodass in dieser
Hinsicht kein Handlungsbedarf besteht.
Neben dem Equal-Pay-Beschluss sieht
der Gesetzentwurf auch vor, die Über-
lassungsdauer von Zeitarbeitnehmern
auf 18 Monate zu begrenzen. Das ist aus
meiner Sicht unnötig, denn Zeitarbeit
bei gleichem Lohn ist eine ganz norma-
le berufliche Tätigkeit, die wie jede an-
dere nicht zeitlich befristet sein sollte.
Schließlich sind die Mitarbeiter beim
Personaldienstleister fest angestellt.
Statistiken zeigen, dass ohnehin nur ein
sehr kleiner Teil aller Einsätze über 18
Monate hinausgeht. Doch ein längerfris-
tiger Einsatz ist gerade in Verbindung
mit Qualifizierungsprojekten notwen-
dig, um diese realisieren zu können.“
Wenn jedoch eine Höchstüberlas-
sungsdauer eingeführt wird, müsse sie
eine Öffnungsklausel enthalten, meint
Brune. „So wird die Einsatzdauer nicht
von einer starren Grenze festgelegt, son-
dern sie ist – wie bisher – am Bedarf
der Unternehmen ausgerichtet. Zeitar-
beit dient der Flexibilisierung und ist
eine Stütze der deutschen Wirtschaft.
Daher muss Betrieben die Möglichkeit
eingeräumt werden, Zeitarbeit auch län-
ger als 18 Monate zu nutzen, wenn sie
längerfristige Flexibilität benötigen.“
Die Konsequenzen der neuen Regeln
hingen natürlich von der finalen Ausge-
staltung des Gesetzes ab, meint der Man-
power-Chef: „In jedem Fall aber steigt die
Komplexität für Personaldienstleister
und Kunden. Gerade für den Mittelstand,
der bei Auftragsspitzen auf flexibles Per-
sonal angewiesen ist, wird das zu Vorbe-
halten gegenüber der Zeitarbeit führen.
Folgen könnten mehr befristete Einstel-
lungen der Unternehmen sein sowie
Auslagerungen von Geschäftsbereichen
ins Ausland.“
Amadeus Fire:
Flexibilität wird eingeschränkt
Auf gelungene und praktisch notwendi-
ge Regeln im Gesetzentwurf angespro-
chen, antwortet Frederik Mehnert, Di-
rector Legal Affairs & Internal Audit von
Amadeus Fire recht eindeutig: „Ich fin-
de es ehrlich gesagt nicht wirklich ein-
fach, eine gelungene und für die Praxis
notwendige Regelung zu benennen. Aus
Sicht der Personaldienstleistungsunter-
nehmen ist es sicherlich zu begrüßen,
dass hinsichtlich der Equal-Pay-Ansprü-
che nunmehr ebenfalls eine Übergangs-
frist eingefügt wurde. Dies gibt den
Verleihern die Zeit, den administrativen
Aufwand zu bewältigen. Größte Schwie-
rigkeiten bei der Umsetzung bereitet in
jedem Fall die genaue Berechnung der
Equal-Pay-Ansprüche der überlassenen
Arbeitnehmer sowie die Bestimmung
„Equal Pay“ definieren, bitte!
STIMMEN.
Die Begeisterung über die Zeitarbeitsreform hält sich bei Dienstleistern wie
Selbstständigen in Grenzen – zumal der Gesetzentwuf mehr Klarheit vermissen lässt.
„In jedem Fall steigt die Komplexität für
Personaldienstleister und Kunden.“
Herwarth Brune, Vorsitzender der Geschäftsführung,
Manpower Group Deutschland
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